Caritas sieht keinen "Notstand" in Österreich
Die Caritas sieht in der Notverordnung der Regierung weiterhin keine Lösung zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Es brauche jetzt keine nationalstaatlichen Alleingänge, so Caritas-Präsident Michael Landau am Donnerstag gegenüber der APA. An die Bundesregierung appellierte Landau, sich in der Begutachtungsphase Zeit zu nehmen und die Maßnahme genau zu überdenken. Für "problematisch" hält es Landau, nun eine Notlage "herbeizureden" oder sogar "herbeizuadministrieren". Sein Rat an die Regierung: In die Ursachenbekämpfung der Flüchtlingsbewegung solle die gleiche Energie wie in die Notverordnung investiert werden.
"Abschottung ist keine Lösung, hier wird es einen europäischen Weg brauchen", betonte Landau einmal mehr. Er sehe weiterhin keine Flüchtlings-, sondern eine Solidaritätskrise in der EU.
Sollte es zu keiner gemeinsamen europäischen Lösung kommen, hat Landau laut eigener Aussage Verständnis dafür, wenn sich kleinere Staaten zusammentun, um ein gemeinsames Vorgehen zu überlegen. Allerdings müsse auch hier die Menschenwürde im Mittelpunkt stehen. "Ich glaube, die Österreicher wollen keine Elendszonen an den Grenzen", sagte Landau.
Heftige Kritik an der Notverordnung hat am Donnerstag auch der Feldkircher Caritas-Direktor Walter Schmolly geübt. Die Regierung würde mit dem Herbeireden eines "Notstandes" unbegründet Ängste schüren, so Schmolly in einer Aussendung. Er rief dazu auf, "den guten Weg der Integration weiter zu gehen und dort Hilfe zu leisten, wo wirklich Notstand herrscht". Schmolly warnte davor, dass das "Notstands-Gerede" das gesellschaftliche Klima im Land nachhaltig beschädigen könne.
Schmolly wörtlich: "Auch wenn Österreich begrenzte Kapazitäten hat, geflüchtete Menschen aufzunehmen und zu integrieren, rechtfertigt die aktuelle Faktenlage die politische Diskussion um 'Notstand und erforderliche Sondermaßnahmen' aus Sicht der Caritas keinesfalls. Anstatt einen Notstand herbeizureden sollte weiterhin von allen daran gearbeitet werden, die Integration und das Zusammenleben der Menschen in unserem Land positiv mitzugestalten."
Juristischer Klimmzug
Die Argumentation mit dem Notstand sei nichts anderes als ein "juristischer Klimmzug" der Regierung, um zu rechtfertigen, dass keine Asylanträge mehr angenommen werden können. Ein Notstand im Sinne der Gefährdung der inneren Sicherheit und öffentlichen Ordnung sei aber bei Weitem keine der Sachlage angemessene Beschreibung der Situation in Österreich. In keinem der relevanten Bereiche Arbeit, Bildung, Wohnen und Gesundheit gebe es im Land - und schon gar nicht in Vorarlberg - einen Notstand. Selbstverständlich sei die Integration der geflüchteten Menschen eine Herausforderung, aber sie sei zu bewältigen.
Einen wirklichen Notstand gebe es hingegen in vielen Gebieten des Nahen und Mittleren Ostens und Afrikas. In diesen Notstandsregionen deutlich großzügiger zu helfen und sich zu engagieren, sei ein Gebot der Stunde. "Zumindest dürfte man sich erwarten, dass Österreich seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt", so Schmolly wörtlich.
Quelle: kathpress