Heiligsprechung Mutter Teresas steht für neuen Kirchenkurs
Die Heiligsprechung Mutter Teresas (1919-1997) am 4. September in Rom verdeutlicht und verstärkt eine neue Schwerpunktsetzung in der gesamten katholischen Kirche. Das hat der langjährige "Missio"-Nationaldirektor Leo Maasburg am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz im Vorfeld der Heiligsprechung Mutter Teresas am kommenden Sonntag betont. Maasburg: "Mutter Teresa hat der Kirche eine neue Priorität gegeben und vorgezeigt, dass man Gott in den Ärmsten der Armen begegnet." Der Papst wie auch die künftige Heilige hätten den Menschen mit seinen Nöten ins Zentrum der Kirche gestellt.
Papst Franziskus stehe für eine "arme Kirche für die Armen". Diese Hinwendung und Aufmerksamkeit für die Armen werde durch die Heiligsprechung Mutter Teresas nun nochmals verstärkt. Darin liege auch die historische Bedeutung dieses Aktes, so Maasburg. Er war als junger Priester ein Übersetzer und Mitreisender von Mutter Teresa, die er während zahlreicher Besuche auf allen Kontinenten begleitete. Nach ihrem Tod ab 2002 war der Wiener Priester auch Mitglied der römischen Kommission zu ihrer Seligsprechung.
Viele Parallelen zwischen Mutter Teresa und Papst
In den Taten wie den Worten gebe es viele Parallelen zwischen Mutter Teresa und Papst Franziskus, führte Maasburg weiter aus. Ausdrücklich oder implizit zitiere der Papst öfters Mutter Teresa, "sie haben eine ähnliche Denkweise". Beide ziehe es auch zu Krisenherden. Im Falle des Papstes etwa Lampedusa oder Lesbos, bei Mutter Teresa etwa Armenien nach dem verheerenden Erdbeben 1988 oder Äthiopien, wo es immer wieder schwere Hungersnöte gab und gibt. Beide zeichne ihre Identität als Ordensleute, das damit einhergehende Armutsgelübde und der einfache Lebensstil aus.
Mutter Teresa sei ein zutiefst missionarischer Mensch gewesen, betonte Maasburg. Freilich nicht in dem Sinn, in dem man vielleicht oftmals Mission verstehen würde. "Mutter Teresa wollte die Menschen näher zu Gott bringen, unabhängig von deren jeweiliger Religion, Rasse oder Nation", so Maasburg wörtlich. Anfangs habe sie noch gedacht, sie müsse die Menschen bekehren, dann aber habe Mutter Teresa erkannt, sie müsse nur die Menschen lieben und ihnen die Zärtlichkeit Gottes vermitteln. Die Liebe bekehre dann selbst, wen sie will, erinnerte sich Maasburg an eine zentrale Aussage der baldigen Heiligen.
Maasburg lernte Mutter Teresa 1981 kennen. Der damals neu geweihte Priester war in Rom Mitarbeiter des tschechoslowakischen Exilbischofs Paul Hnilica (1921-2006), der einst von Papst Paul VI. damit beauftragt worden war, Mutter Teresa in Rom zu unterstützen. Da der Bischof jedoch selbst kein Englisch sprach, sollte Maasburg dolmetschen. "Nach dem ersten Übersetzungsgespräch hat Mutter Teresa gefragt: 'Father, haben Sie ein Auto?' Ich bejahte, und hatte somit bereits den ersten Job bei ihr - zwei ihrer Schwestern, die Stunden zuvor auf Mission nach Argentinien gesandt worden waren, zum Flughafen zu chauffieren", erzählt der Priester, der seine Erlebnisse im kürzlich neu aufgelegten Buch "Mutter Teresa - die wunderbaren Geschichten" publiziert hat.
Mehr als sechs Jahre lang sollte Maasburg in weiterer Folge Mutter Teresa in einer Zeit enormer Aufbautätigkeit ihres Ordens in alle Welt begleiten, bis sie 1987 krankheitsbedingt das Reisen stark reduzierte. Für die Ordensgründerin war er dabei "Übersetzer, Kofferträger, Chauffeur und Priester, denn sie wollte jeden Tag eine Messe haben und auch auf Englisch beichten können".
Papst leitet Heiligsprechungsfeier
Am 4. September wird Mutter Teresa von Kalkutta zur "Ehre der Altäre" erhoben. Papst Franziskus leitet persönlich die Heiligsprechungsfeier auf dem Petersplatz in Rom. Zur Heiligsprechungsfeier werden mehrere Hunderttausend Menschen auf dem Petersplatz erwartet. Die Messe beginnt um 10.30 Uhr; ORF2 überträgt die Feierlichkeiten bereits ab 10 Uhr live aus Rom. Terminlich findet die Feier am Tag vor dem offiziellen Gedenktag der neuen Heiligen am 5. September statt, der auch ihr Todestag ist.
Auch in Österreich wird in zahlreichen Gottesdiensten der Heiligsprechung gedacht. Die zentrale Dankfeier ist eine Festmesse am Montag, 5. September, um 18 Uhr im Wiener Stephansdom, die von Kardinal Christoph Schönborn im Beisein von Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen geleitet wird. Eingangs wird dabei im Dom ein kurzer Film über Mutter Teresa zu sehen sein.
Anschließend findet ab 20 Uhr im angrenzenden Erzbischöflichen Palais ein "Fest der Weltkirche" mit der Amtsübergabe der Leitung der Päpstlichen Missionswerke in Österreich ("Missio") von Msgr. Leo Maasburg an den Heiligenkreuzer Hochschulrektor P. Karl Wallner statt. Nicht nur Leo Maasburg, sondern auch P. Wallner ist Mutter Teresa persönlich begegnet, als sie 1988 das Stift Heiligenkreuz besuchte.
Rund um die Heiligsprechung hat "Missio" in den Sozialen Netzwerken die Aktion "Smile for peace" gestartet. Bei der bis 23. Oktober andauernden Initiative können Teilnehmer ein Selfie mit ihrem "schönsten Lächeln als Beitrag zum Frieden" auf der Homepage www.smile4peace.at oder unter dem Hashtag #smileforpeace einsenden. Die Fotos werden als Mosaiksteine zu einem großen Bild Mutter Teresas zusammengefügt, das im Anschluss Papst Franziskus überreicht werden soll, denn "Frieden beginnt mit einem Lächeln", so ein Ausspruch der neuen Heiligen.
Mutter der Armen
Mutter Teresa ist als "Mutter der Armen" weltweit bekannt. Sie wurde als Albanerin mit bürgerlichen Namen Agnes Gonxha Bojaxhiu im heute mazedonischen Skopje geboren. Schon als Schulmädchen wollte sie Missionsschwester werden. Mit 18 Jahren trat sie bei den Loretoschwestern ein, die sie als Lehrerin nach Kalkutta sandten.
1948 verließ sie diese Gemeinschaft, um ihrer nach eigenem Empfinden eigentlichen Bestimmung nachzugehen. In einen weißen Sari, die übliche indische Frauentracht, gekleidet, siedelte sie in eines der schlimmsten Elendsviertel von Kalkutta, um dort das Leben der Armen zu teilen. Schon ein Jahr später bildete sie dort mit einheimischen jungen Frauen, die sich ihr anschlossen, eine Gemeinschaft, die "Missionarinnen der Nächstenliebe". Vor allem ihre Heime für Findelkinder und ihre Sterbehäuser für todgeweihte Obdachlose machten sie über Indien hinaus bekannt.
Für ihr Werk, das auf allen Kontinenten Fuß fasste, wurden Mutter Teresa zahlreiche Ehrungen zuteil, unter anderem die Ehrenstaatsbürgerschaft der USA sowie 1979 der Friedensnobelpreis. Am 5. September 1997 starb Mutter Teresa 87-jährig in Kalkutta. Bereits sechs Jahre später, am 19. Oktober 2003, sprach Papst Johannes Paul II. (1978-2005) sie selig.
Quelle: Kathpress