Islam hat "schwere Probleme mit Selbstaufklärung"
"Schwere Probleme mit der Selbstaufklärung" ortet der Wiener Theologe Wolfgang Treitler im Islam. In gewissen, derzeit auf dem Vormarsch befindlichen Strömungen des Islam kehre "genau der religiöse Absolutheitsanspruch wieder, den die historische Aufklärung bekämpfte, um Gesellschaften zu ermöglichen, in denen religiös unterschiedlich orientierte Menschen miteinander leben können", schreibt Treitler in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche".
Der Wiener Fundamentaltheologe bezieht sich dabei auf die jüngste, resignative Bilanz des islamischen Politikwissenschaftlers Basam Tibi, der seine Idee eines aufgeklärten "Euro-Islam" als erledigt betrachtet. Gesiegt habe derzeit offenbar der "sogenannte Kopftuch-Islam" - dies sei keineswegs eine nur innerreligiöse Frage, so Treitler: "Sie impliziert (...) eine Haltung, die aufgeklärten Demokratien an ihre Fundamente greift".
Dass religiöse Selbstaufklärung ein mühsames Geschäft darstellt, zeigte Treitler in einem theologie- und religionsgeschichtlichen Durchlauf anhand des Juden- und Christentums auf. Eine solche Selbstaufklärung lasse jedoch erst erkennen, "dass die eigenen Traditionen nicht unmittelbar göttliche sind, sondern menschliche und daher bedingte, relative Antworten auf das göttliche Geheimnis". Von einer solchermaßen "aufgeklärten Einsicht sind alle Traditionen des Islam weit entfernt, die an der Islamisierung der Welt festhalten und allenfalls Duldung von Juden und Christen üben", so Treitler.
Dagegen gelte es "ein fragiles humanes Gesellschaftsmodell zu verteidigen, das der Aufklärung entstammt und ein Zusammenleben von Menschen unterschiedlichster religiöser und weltanschaulicher Auffassungen in einem gemeinsamen Raum ermöglicht unter der entscheidenden Voraussetzung, dass keine dieser Auffassungen totalitär wird". In aufgeklärten Gesellschaften könne es schließlich nicht mehr darum gehen, "mit dem Feuer der Mission alle religiöse Ungleichheit niederzubrennen", sondern anzuerkennen, dass offene Gesellschaften weder ein politisches noch ein religiöses Monopol kennen, sondern nurmehr die persönlichen Überzeugungen einzelner Individuen.
Quelle: kathpress