Welt braucht Mitmenschlichkeit
Christen sollen mit ihrem Denken, Reden und Tun die Barmherzigkeit Gottes in der Welt erfahrbar machen: Dazu hat der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl am Hochfest Mariä Himmelfahrt appelliert. Es sei bedauerlich, dass Menschen mit einem von Barmherzigkeit geprägten Lebensstil heute oft als "Gutmenschen" verunglimpft würden, sagte er Montagnacht bei der traditionellen Schiffsprozession auf dem Kärntner Wörthersee. "Ohne Gerechtigkeit, Toleranz, Mitmenschlichkeit und Rücksichtnahme könnte heute niemand von uns hier sein", hob der Bischof hervor und plädierte dafür, nicht nach dem Motto "Wie du mir, so ich dir", sondern "nach dem einzig wahren Göttlichen und zugleich Menschlichen 'Wie Gott mir, so ich Dir!'" zu leben.
Es gelte, mit Maria als Vorbild gleichsam Christus und mit ihm die christliche Botschaft "zur Welt zu bringen", sagte Krautwaschl mit Blick auf den Marienfeiertag. Mancherorts verhielten sich Menschen heute nicht nur real, sondern auch virtuell "erbärmlich" zueinander, mahnte der Bischof. Umso wichtiger sei es, wieder mehr an der Barmherzigkeit Gottes und dem christlichen Glauben Maß zu nehmen.
Barmherzigkeit bedeute dabei nicht, dass einem alles egal sei, erinnerte Krautwaschl. "Verzeihen löscht nicht aus, was war, benennt es sogar in aller Deutlichkeit, eröffnet aber neuen Lebensraum in die Zukunft und ein Miteinander, das für menschliches Dasein lebensnotwendig ist", sagte der Bischof. Ein solcher Lebensstil sei "weit herausfordernder, als jemanden nach einer gewissen Zeit, vielleicht sogar nach menschlichen Kriterien berechtigt, abzuschreiben".
Er sei, so Krautwaschl, "unendlich dankbar für die vielen Oasen der Barmherzigkeit" hierzulande, die in Pfarren, Gemeinschaften und Orden "organisiert oder nicht, wahrgenommen oder im Stillen" das Leben nach dem Vorbild Jesu Christi sichtbar machten. Ausdrücklich nannte er die Initiativen kirchlicher Hilfswerke zur Sicherung der Menschenwürde, aber auch Kindergärten, Schulen, Altenwohn- und Pflegeheime und den Religionsunterricht. "Da leben wir nicht achtlos aneinander vorbei, weil wir uns als Christen weltweit als Brüder und Schwestern verstehen und daher uns niemand fremd ist und das Schicksal von ihnen unser eigenes Leben ist."
Der Grazer Bischof war in diesem Jahr Festprediger bei der vom Kärntner Diözesanbischof Alois Schwarz geleiteten traditionellen Marienschiffsprozession, die jedes Jahr von Klagenfurt aus über den Wörthersee führt. Ausgangspunkt der Kurzansprachen Krautwaschls an den einzelnen Prozessionsstationen war das von Papst Franziskus ausgerufene "Jahr der Barmherzigkeit".
Quelle: kathpress