Bildungsexperte für mehr Begabtenförderung
Für eine neue Initiative in der universitären Begabtenförderung hat der Leider des deutschen bischöflichen Cusanuswerkes, Georg Braungart, plädiert. Eine solche Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sei notwendig, so Braungart in einem Vortrag bei den "Salzburger Hochschulwochen", da die Bildungspolitik unter dem Eindruck der "PISA"-Erhebungen immer mehr auf eine breite Öffnung der Universitäten setze. Dies führe zu einer "Nivellierung" unter den Studierenden, unter der vor allem die Hochbegabten leiden würden. Dabei gehe es bei einer neuen Förderinitiative nicht um eine rein finanzielle Förderung, sondern um eine "wertsensible Begabtenförderung", in der es um die ideelle Förderung von Leidenschaft, Kreativität und den Mut zum Anders-Denken gehen müsse.
Zugleich sprach sich Braungart damit für ein Bekenntnis zur Notwendigkeit intellektueller Eliten aus: "Wir brauchen diese Eliten - auch aus einem christlichen Menschenbild heraus ergibt sich die Verpflichtung, dem einzelnen und seinen Begabungen gegenüber gerecht zu werden". Die gegenwärtige Förderung setze zwar auf "Heterogenität" - sie fördere jedoch das Gegenteil, mahnte der an der Universität Tübingen lehrende Literaturwissenschaftler: "Da kann einen die kalte Wut packen!" Schließlich hemme eine verfehlte Förderpolitik den wissenschaftlichen Fortschritt, zitierte Braungart den Schweizer Publizisten Ernst Reinhardt: "Ein Hindernis für den Fortschritt ist, dass die Begabten zu wenig frech und die Frechen zu wenig begabt sind".
Geisteswissenschaften unter Rechtfertigungsdruck
In einem "Strudel der Rechtfertigungszwänge" sieht Braungart derzeit die Geisteswissenschaftlichen an den Universitäten: Sie stünden unter einer "doppelten Bringschuld", insofern sie sich genötigt sähen, die Sinnhaftigkeit ihrer Selbst und ihrer untersuchten Objekte - etwa Kunst, Kultur, Literatur - nachzuweisen. Man kämpfe seitens der Geisteswissenschaften jedoch auf verlorenem Posten, wenn man sich auf die Kosten-Nutzen-Rechnungen einlasse: "Wozu braucht man eine Wissenschaft, die sich detailliert etwa mit Sonetten auseinandersetzt? Man braucht sie - nicht", so Braungart. Ihr "Wert" ermesse sich nicht in einem wirtschaftlichen Sinne, sondern darin, ob sich der Staat, die Gesellschaft, die Kultur "bewusst dafür oder eben dagegen entscheiden".
Dies sei der Hinkefuß und die Chance der Geisteswissenschaften gleichermaßen - würden doch gerade sie von einem forscherischen Enthusiasmus vorangetrieben, der sich dem bloßen wirtschaftlichen Kalkül entziehe. Für eine Kultur erachte er jedoch gerade dies als "überlebenswichtig": Ein Klima zu fördern, "in dem die Weitergabe des Funkens wissenschaftlicher Leidenschaft möglich wird".
Die Bischöfliche Studienförderung Cusanuswerk ist das Begabtenförderungswerk der katholischen Kirche in Deutschland. Mit staatlichen, kirchlichen und privaten Mitteln hat das Cusanuswerk bereits mehr als 8.000 hochbegabte katholische Studierende und Promovierende gefördert.
Quelle: kathpress