Papst will Jugend der Welt gegen Gewalt mobilisieren
In einer aufrüttelnden Ansprache hat Papst Franziskus Jugendliche in aller Welt aufgerufen, Vorreiter für ein Zusammenleben der Kulturen zu sein. "Habt den Mut, uns zu lehren, dass es einfacher ist, Brücken zu bauen, als Mauern zu errichten", forderte er bei einer Massenveranstaltung am Samstagabend im polnischen Krakau. Erwachsene brauchten junge Menschen als Lehrer, um "die Vielfalt der Kulturen miteinander zu teilen, nicht wie eine Bedrohung, sondern als eine Chance".
Zu dem Abendgebet auf einem Freigelände östlich der Stadt hatten sich nach Schätzungen mehr als eine Million Teilnehmer eingefunden. Am Sonntag endet dort der am Dienstag eröffnete katholische Weltjugendtag mit einer Messe.
Zu Beginn hatte das 79-jährige Kirchenoberhaupt mit den Jugendlichen in Stille für Opfer von Kriegen und Konflikten gebetet. "Wir wollen nicht den Hass mit noch mehr Hass besiegen, die Gewalt mit noch mehr Gewalt besiegen, den Terror mit noch mehr Terror besiegen. Und unsere Antwort auf diese Welt im Krieg hat einen Namen: Sie heißt Brüderlichkeit", sagte er. Die Welt müsse "ein- für allemal begreifen, dass nichts das Blut eines Bruders oder einer Schwester rechtfertigt, dass nichts wertvoller ist als der Mensch neben uns". Während der Rede des Papstes brandete mehrfach Applaus auf.
Stiefel statt Sofa
Nachdrücklich warnte er die jungen Christen vor der "lautlosen Lähmung" durch Konsum. Den Hang zu Bequemlichkeit verglich er mit Drogen, die benommen und duselig machen: "Die einen wie die anderen berauben uns unseres höchsten Gutes: der Freiheit." Christus sei kein Gott des Komforts. Wer Jesus folgen wolle, müsse "das Sofa gegen ein Paar Schuhe austauschen", um nie erträumte Wege zu gehen.
Die Gegenwart brauche junge Menschen mit Mut und "Stiefeln an den Füßen", so der Papst. "Wenn du nicht dein Bestes gibst, wird die Welt sich nicht verändern", appellierte er an die Hörer. "Die Geschichte verlangt heute von uns, dass wir unsere Würde verteidigen und nicht zulassen, dass andere über unsere Zukunft entscheiden."
Solidarische Vorreiter sein
Christliches Engagement in der Gesellschaft nannte Franziskus "dem Irrsinn unseres Gottes folgen, der uns lehrt, ihm zu begegnen im Hungrigen, im Durstigen, im Nackten, im Kranken" wie auch in Flüchtlingen und Migranten. Gott sei es, "der uns auffordert, politisch Handelnde, Denker, gesellschaftliche Vorreiter zu sein, der uns anregt, eine solidarischere Wirtschaft zu ersinnen".
Auch Zögernden und Christen mit einem schlechten Gewissen sprach er Mut zu: Gott denke nicht "an das, was wir getan oder unterlassen haben", so der Papst. "In dem Moment, in dem er uns ruft, schaut er auf all das, was wir tun könnten, auf all die Liebe, die wir übertragen können. Er setzt immer auf die Zukunft, auf das Morgen."
Gebet gegen Terror und Rache
Noch vor seiner Ankunft bei den Jugendlichen hatte der Papst für eine Befreiung der Welt vom Terrorismus gebetet. Während eines Zwischenstopps in einer Kirche bat er Gott darum, "der Welt und ihren Bewohnern den Frieden zu erhalten und die verheerende Welle des Terrorismus von ihnen zu entfernen". Er betete für alle Opfer solcher "inhumanen Gewaltakte" und für eine Bekehrung der Terroristen.
Zugleich forderte Franziskus dazu auf, sich durch solche Anschläge nicht zu Fremdenfeindlichkeit verleiten zu lassen. Die Angehörigen der Opfer sollten auch weiterhin den Mut und die Kraft haben, "für ihre Mitmenschen Brüder und Schwestern zu sein, vor allem für Migranten", so der Papst. Er bat darum, dass sie von Hass und Rache absähen.
In dem "Gebet für den Frieden und der Verteidigung vor Gewalt und Terrorismus", heißt es weiter, Gott möge die "Herzen der Terroristen berühren, damit sie das Böse ihrer Taten erkennen und zu einem Leben des Friedens und des Guten zurückkehren und zum Respekt vor dem Leben". Der Papst sprach allgemein von "Terrorismus" ohne direkt auf islamistische Anschläge einzugehen.
Der Halt an der Kirche des heiligen Franziskus auf dem Weg zum Abendgebet des Weltjugendtags war im offiziellen Programm nicht vorgesehen. Die Kirche birgt die Reliquien von zwei polnischen Franziskanerpatres, die 1991 in Peru von der Rebellengruppe "Leuchtender Pfad" getötet wurden.
Quelle: kathpress