Kirche braucht Leidenschaft statt "graue Kirchenbeamte"
Mit einem Plädoyer für mehr innerkirchliche Leidenschaft hat Erzbischof Franz Lackner am Montag die "Salzburger Hochschulwochen" eröffnet. "Wir brauchen keine grauen Kirchenbeamten, sondern Menschen mit Leidenschaft, mit einem Herz aus Fleisch; Menschen, die brennen", sagte der Salzburger Erzbischof in seinem Grußwort zur Eröffnung der renommierten Bildungsveranstaltung, die noch bis 7. August in der Mozartstadt zum Thema "Leidenschaften" stattfindet. Leidenschaftliches Engagement könne gewiss auch in Erfahrungen von Leiden und in Enttäuschungen münden, jedoch: "Leiden bedeutet Veränderung. Veränderung ist ein Zeichen von Verwundbarkeit". Insofern könne man auch sagen: "Ohne das Feuer der Leidenschaft wäre die Menschheit längst ausgestorben", so der Erzbischof.
Zugleich verwies Lackner auf die Zweischneidigkeit des Themas - indem jedoch auch seine Aktualität liege: Leidenschaften besäßen schließlich stets auch einen gefährlichen Kern, wo das sie antreibende Feuer verzehrend werde. Aus diesem Grund hätten Theologie und Kirche durch die Geschichte hindurch stets ihre Vorbehalte gegen die Leidenschaften als bloße "Signatur des Iridischen" geltend gemacht, die vom Absoluten, von Gott ablenken. Heute gelte es daher, diese Zweischneidigkeit zu beachten, jedoch das positive Potenzial einer leidenschaftlichen Existenz und leidenschaftlichen Engagements für die Kirche ausdrücklich zu unterstreichen und zu fördern.
Das Programm der Hochschulwoche bietet auch heuer wieder einen Mix aus Vorträgen, Diskussionsrunden und einem kulturellen und spirituellen Rahmenprogramm. Zu den Hauptreferenten zählen u.a. der Paderborner Theologe Klaus von Stosch, die Würzburger Alttestamentlerin Barbara Schmitz, der US-amerikanische jüdische Religionswissenschaftler Yaakov Ariel, der Wiener Astrophysiker Franz Kerschbaum und der Tübinger Literaturwissenschaftler Georg Braungart. Den Festvortrag zum Abschluss der Hochschulwochen wird heuer der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, halten.
Von besonderer Aktualität sind die Hochschulwochen heuer auch im Blick auf die zeitgleich stattfindende "Religionstriennale" - eine eigene Vortrags- und Diskusskonsveranstaltung für junge Nachwuchswissenschaftler. So blickt die "Religionstriennale" heuer insbesondere nach Osteuropa mit dem Thema "Religion auf der Flucht - Die Auswirkungen der Migration auf die Religion in säkularisierten Gesellschaften Europas".
Leidenschaften als politischer Katalysator
Der neue Obmann der "Salzburger Hochschulwochen", Martin Dürnberger, unterstrich ebenfalls die hohe auch politische Aktualität des Themas: So sei Leidenschaft ein wesentlicher "Katalysator" jener glühenden Fundamentalismen und Nationalismen, die gegenwärtig überall sichtbar werden. Zugleich jedoch gebe es auch eine liberale Lesart politischer Leidenschaften, etwa wenn nach dem "Brexit"-Votum mit dem Ruf nach "leidenschaftlichen Europäern" an die politische Leidenschaft der Bürger appelliert wurde. Es sei gerade diese Ambivalenz aus "Toxischem" und zugleich aus einer starken Mobilisierungs- und Veränderungskraft, die die Aktualität des Themas ausmache, so der Obmann und Salzburger Theologe.
Auf eine wichtige strukturelle Neuerung bei den "Salzburger Hochschulwochen" verwies in seinem Grußwort indes der Rektor der Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger: So sind die Hochschulwochen seit dem heurigen Jahr offiziell Teil der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg. Bislang waren die Hochschulwochen eine eigenständige Veranstaltung. Durch die Integration sei eine "Win-Win-Situation" entstanden, so Schmidinger. Organisatorisch ändere sich kaum etwas, zugleich jedoch biete die Anbindung an die Universität eine größere auch budgetäre Sicherheit und helfe, die Hochschulwochen auch für die Zukunft abzusichern.
"Das waren noch Maturageschenke!"
Er selbst sei den Hochschulwochen schon seit 44 Jahren verbunden: Damals habe ihm sein Vater die Teilnahme als Maturageschenk ermöglicht - "Das waren noch Maturageschenke!", scherzte Schmidinger, der in der Vorwoche von Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich geehrt worden war.
Die "Salzburger Hochschulwochen" fanden 1931 zum ersten Mal statt. Ihr Ziel ist es, ein universitäres, interdisziplinäres Forum zu bilden, in dem sich die Theologie dem Dialog über aktuelle Fragen mit säkularen Wissenschaften stellt. Jährlich locken sie bis zu 800 Interessierte aus dem gesamten deutschen Sprachraum nach Salzburg. Die Veranstaltung wird in Kooperation mit der Salzburger Äbtekonferenz der Benediktiner, dem Katholischen Hochschulwerk Salzburg, der Görres-Gesellschaft, der Katholischen Akademikerverbände Deutschlands und Österreichs sowie dem Forum Hochschule und Kirche der Deutschen Bischofskonferenz organisiert.
Quelle: kathpress