Papst besucht schweigend Auschwitz
Papst Franziskus hat im Rahmen seiner Polenreise das frühere deutsche Vernichtungslager Auschwitz besucht. Am Freitagmorgen, dem 29. Juli, betrat er das Stammlager durch das Tor mit der berüchtigten Aufschrift "Arbeit macht frei". Anschließend begrüßte er elf Überlebende und betete in der Todeszelle von Pater Maximilian Kolbe, der vor genau 75 Jahren für einen Familienvater in den Tod ging. Auf Reden verzichtete Franziskus. Im Vorfeld des Besuchs hatte er gesagt, er hoffe, dass Gott ihm die Gnade gebe, in Auschwitz zu weinen.
Alleine, selbst ohne den üblichen Personenschutz schritt Franziskus über den Schotterweg, auf den die Morgensonne den Schatten der Torinschrift warf. Ein Golfwagen brachte ihn weiter zum Appellhof mit seinem Sammelgalgen. Am Weg verweilte der Papst eine Viertelstunde lang in sich gekehrt sitzend und mit geschlossenen Augen. Vor der Weiterfahrt küsste er den Galgen. Die Geste erinnerte an den traditionellen Kuss des Kreuzes Jesu an Karfreitag.
Die ehemaligen KZ-Gefangenen umarmte Franziskus einzeln und wechselte Worte mit ihnen. Die älteste von ihnen war die in Wien geborene polnische Violinistin Helena Dunicz Niwinska, die am Samstag ihren 101. Geburtstag begeht. Von den früheren Häftlingen empfing Franziskus eine Kerze, mit der er ein Licht vor der Erschießungsmauer am sogenannten Todesblock 11 entzündete.
Bei dem Besuch des Blocks 11 war Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo zugegen. Wiederum alleine betrat der Papst den Hungerbunker, in dem Pater Maximilian Kolbe seine letzten Wochen bis zur Tötung durch eine Phenolspritze verbrachte. Minutenlang saß Franziskus vornübergebeugt auf einem Schemel in der fast lichtlosen Zelle, bevor er sich selbst bekreuzigte und eine Segensgeste vollzog.
Nach dem Eintrag in das Besucherbuch fuhr der Papst in das nahegelegene Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau weiter. Dort schritt er im Beisein von rund 1.000 Gästen die Tafeln der Gedenkstätte ab deponierte ein Licht vor dem Denkmal. Polens Oberrabbiner Michael Schudrich rezitierte auf Hebräisch den Psalm
130: "Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir." Danach begrüßte der Papst mehrere Personen, die unter Gefahr ihres eigenen Lebens Juden gerettet hatten und dafür als "Gerechte unter den Völkern" ausgezeichnet worden waren.
Vor Franziskus hatten die Päpste Johannes Paul II. 1979 und Benedikt XVI. 2006 Auschwitz besucht. Der aus Argentinien stammende Franziskus kam als erster Papst ohne direkte Verbindung zu den auf Täter- oder Opferseite beteiligten Völkern.
Quelle: kathpress