Entsetzen über Priestermord
Kardinal Christoph Schönborn hat sich nach dem islamistischen Terroranschlag in einer nordfranzösischen Kirche gegen Rache und Gegenschläge ausgesprochen. In einem ORF-Interview mit Mathilde Schwabeneder am Dienstag sagte der Wiener Erzbischof am Rande des Weltjugendtages in Krakau zu dem Anschlag zweier Männer, der dem 85-jährigen Priester Jacques Hamel das Leben kostete, dass er noch keine Details über die Tat wisse, "ich weiß nur eines: Gegen diese Art von Krieg gibt es für mich als Christ keine andere Antwort als jene, die Jesus selber gegeben hat. Es wird nicht helfen, wenn man wieder mit Rache reagiert." Es gelte vielmehr den "Kreislauf des Hasses zu durchbrechen".
Noch mehr Gegenschläge würden nur "noch mehr Verhärtung bringen", sagte Schönborn. Es gehe darum, nach dem Beispiel Jesu die Herzen der potenzieller Täter zu erreichen. Jesus habe mit seiner gewaltfreien Frohbotschaft "schließlich die Hartherzigsten bewegt umzudenken, ihr Leben zu ändern". Was könne man sich mehr wünschen, als dass die IS-Fanatiker, großteils junge Menschen, "etwas anderes als den Hass und blinde brutale Gewalt kennenlernen", so die rhetorische Frage des Kardinals. Das gehe freilich nicht, "wenn wir mit denselben Waffen zurückschlagen".
Die Antwort des Evangeliums sei eine große Herausforderung, betonte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz - "aber wahrscheinlich die einzige, die wirklich Hoffnung gibt, weil sie den Kreislauf des Hasses durchbrechen würde - anders geht's nicht".
Entsetzen auch im Vatikan
Der Vatikan hat mit Entsetzen auf die Geiselnahme und die Tötung des katholischen Priesters in einer nordfranzösischen Kirche reagiert. Es handele sich um "absurde Gewalt", die besonders betroffen mache, weil sie sich in an "einem heiligen Ort" ereignet habe, "an dem die Liebe Gottes verkündet wird", heißt es in einer ersten Stellungnahme von Sprecher Federico Lombardi. Papst Franziskus sei über die "barbarische Tötung" des Geistlichen sowie die Geiselnahme der Gläubigen informiert worden.
Der Papst "verurteile aufs Schärfste jede Form des Hasses", so Lombardi. Zugleich teile Franziskus den Schmerz und den Schrecken und bete für die Opfer. Die Erklärung endet mit den Worten: "Wir sind der Kirche in Frankreich, der Erzdiözese Rouen, der betroffenen Gemeinde und dem französischen Volk nahe".
Gedenken beim Weltjugendtag
Mehrere Hundert Bischöfe und 400.000 junge Katholiken aus allen Kontinenten - davon allein 30.000 Franzosen - haben am Dienstagnachmittag im Krakauer Blonia-Park die Eröffnungsmesse zum katholischen Weltjugendtag (WJT) gefeiert. Dabei wurde besonders des in Saint-Etienne-du-Rouvray (Frankreich) von Terroristen ermordeten Priesters Jacques Hamel gedacht.
Bei einer Pressekonferenz in Krakau rief der Generalsekretär der Französischen Bischofskonferenz, Olivier Ribadeau Dumas, eindringlich zum Gebet für Frieden und Brüderlichkeit in Frankreich auf. Er betonte, es gelte jetzt, Pauschalverdächtigungen gegen welche Gruppe auch immer nicht zuzulassen. Dumas erinnerte an den Auftrag des Papstes im Zusammenhang mit dem Jahr der Barmherzigkeit.
Politik: "Barbarischer Angriff"
Der französische Ministerpräsident Manuel Valls verurteilte den "barbarischen Angriff" über Twitter. "Ganz Frankreich und alle Katholiken sind getroffen. Wir werden uns dagegen vereinen."
Betroffen reagierten auch österreichische Politiker auf den Mordanschlag. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) zeigte sich "erschüttert über die bestialische Tat". Er übte gleichzeitig indirekte Kritik an der Ansicht, der derzeitige Terrorismus in Europa hänge mit der Flüchtlingskrise zusammen. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) erklärte "volle Solidarität mit Frankreich" und betonte, dass Europa nun "mehr denn je gemeinsam gegen den internationalen Terrorismus kämpfen" müsse, wie er am Dienstag via Facebook und Twitter mitteilte. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich angesichts der "barbarischen Attacke" "entsetzt". Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprach von einem "Anschlag auf die Religionsfreiheit und die Bevölkerung, die den katholischen Glauben lebt", wie er der Austria Presse Agentur (APA) in einem Statement mitteilte.
Quelle: kathpress