Integration braucht interreligiöse Bildung
Interreligiöse Bildung muss ein wesentlicher Bestandteil von Integrationsbestrebungen werden. Das hat der Religionspädagoge an der Grazer Universität, Wolfgang Weirer, am Freitag in einer Stellungnahme gegenüber "Kathpress" gefordert. Sprachkurse und "Crashkurse in Wertebildung", auf die jetzt das Hauptaugenmerk gelegt wird, "sind zu wenig". Weirer schlug auch vor, den konfessionellen Religionsunterricht an Schulen stärker als bisher für interreligiöse Bildung und Dialog zu öffnen: "Die Begegnung von muslimischen und christlichen Kindern im Religionsunterricht ist derzeit noch Einzelinitiativen vorbehalten und vom guten Willen und Engagement der Lehrkräfte abhängig."
Der Grazer Theologe griff damit den Ball seines Innsbrucker Kollegen, des Dogmatikers Jozef Niewiadomski, auf, der angesichts des Terroraktes von Würzburg mehr Augenmerk auf "religiöse Integration" forderte. Weirer schloss dem seine Überlegungen an, wie religiöse Integration bestmöglich gelingen kann.
Die terroristischen Gewaltakte der letzten Wochen hätten vielfältige Formen politischer Instrumentalisierung von Religion in erschreckender Weise zutage treten lassen. Laut Weirer ist deutlich geworden, "dass die Reflexion der eigenen Religion und das Einüben eines wertschätzenden und offenen Dialoges mit anderen Religionen und Weltanschauungen ein wesentlicher Bestandteil von nachhaltigen Integrationsbemühungen sind".
Hier gebe es jedoch einen Mangel an Aufmerksamkeit, ein großer Teil der öffentlichen Investitionen im Bereich von Integration fließe derzeit in sprachliche Bildung. Deutschkurse sind nach den Worten des Religionspädagogen zwar eine entscheidende Voraussetzung für Integration - "genügen aber nicht". Auch Wertekurse im Sinne einer schnellen Vermittlung von hierzulande zu beachtenden Regeln und Normen führten nicht automatisch zu entsprechenden Grundhaltungen.
Religiöse Bildung in der Schule sei "mehr denn je gefragt", betonte der Grazer Theologe. Konfessioneller Religionsunterricht informiert bestmöglich über die eigene Religion und "fördert somit Identitätsbildung und Orientierung in einer komplexen Welt mit unterschiedlichen Wertesystemen". Verbesserungsbedarf sieht Weirer beim interreligiösen Brückenschlag: Es seien Modelle von Religionsunterricht zu entwickeln, die die offene Begegnung von Schülerinnen und Schülern unterschiedlichen Glaubens ermöglichen, den Dialog über religiöse Überzeugungen einüben und so wechselseitige Toleranz konkret erfahrbar machen. Dafür brauche es interreligiös ausgebildete Religionslehrkräfte aller beteiligten Religionen, die solche Begegnungen kompetent begleiten können, betonte Weirer.
Quelle: kathpress