Papst hat starke Opposition trotz breiter Zustimmung
Papst Franziskus stößt nicht nur auf breite allgemeine Zustimmung, sondern ist zugleich weltweit mit einer intensiven innerkirchlichen Debatte konfrontiert. Das konstatierte Kardinal Christoph Schönborn im Interview mit der Tageszeitung "Standard" am Montag. Während der Papst "eine große Akzeptanz in Milieus hat, die sonst mit der Kirche nicht so viel zu tun haben", gebe es gleichzeitig "eine doch sehr starke, signifikante innerkirchliche Opposition, die sich aktiv und lautstark engagiert". Die "deutliche Mehrheit" sei mit dem Papst einverstanden und froh über sein Tun, aber es gebe auch viele besorgte Stimmen. Im Bewusstsein dieser Situation habe der Papst kürzlich dem Wiener Erzbischof im Gespräch gesagt: "Wir müssen versuchen, die innerkirchlichen Opponenten liebevoll zu gewinnen."
Trotz dieser diagnostizierten innerkirchlichen Polarisierung wandte sich der Kardinal gegen die vereinfachende Beschreibung als eine Auseinandersetzung zwischen Konservativen und Liberalen: "Das Evangelium ist weder konservativ noch liberal, es ist herausfordernd", so Schönborn. Er verwies zugleich auf den Umstand, dass Franziskus bei den Reformen bewusst auf Debatten und Prozesse setze: "Es werden Dinge in Gang gesetzt, und es kommt Bewegung hinein."
Als Beispiel dafür nannte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz die Familiensynode und ihre zweijährige Dauer: Seien die Reden der Bischöfe bei der ersten Synode 2014 "noch unglaublich abstrakt" gewesen, so hätten die Bischöfe ein Jahr später viel mehr von der Realität gesprochen. Dieser Vorgang könne als Weg beschrieben werden. "Die Veränderung geschieht nicht an einem Endpunkt, sondern auf dem Weg", sagte der Kardinal.
Keine Empfehlung bei Präsidentenwahl
Ein Polarisierung anderer Art befürchtet der Spitzenrepräsentant der heimischen Kirche bei der Bundespräsidentenwahl. Vor diesem Hintergrund habe er für ein Fairnessabkommen plädiert, denn: "Es gab einen monatelangen Wahlkampf, das braucht doch nicht alles wiederholt werden." Er habe nicht vor, als Richter eines derartigen Abkommens zu fungieren, hoffe aber auf Gespräche zwischen den betroffenen Wahlkampfleitern.
Zugleich bekräftigte der Kardinal die Linie der Kirche, keine Wahlempfehlungen abzugeben: "Seit 50 Jahren ist es nicht üblich, dass Bischöfe eine Wahlempfehlung geben - und wir halten uns daran." Gefragt nach den Aussagen des Salzburger Weihbischofs Andreas Laun, der vor dem nunmehr aufgehobenen Urnengang Wähler von Alexander Van der Bellen als "gehirngewaschen" bezeichnete, verwies Schönborn auf eine diesbezügliche Entschuldigung Launs. Es habe auch ein sehr ernstes Gespräch mit dem für ihn zuständigen Erzbischof von Salzburg gegeben. Gleichzeitig sei Kirche "eine freie Gemeinschaft. Ich kann einem Bischof keinen Maulkorb erlassen", so der Kardinal.
Quelle: kathpress