"Idealer Mann ist hilfsbereit, treu, sensibel"
Die hohen Erwartungen an heutige Männer und ihre oft sehr unterschiedlichen Rollen als Vater, Unternehmer, Freund und Partner stehen im Mittelpunkt der 30. Sommerakademie der Katholischen Männerbewegung (KMBÖ), die derzeit in St. Pölten stattfindet. Referent Paul Eisenberg, Leiter des Bereichs für gesellschaftspolitische Forschung beim IMAS-Institut, sieht im Zuge vieler Werte- und Strukturwandel, in der z.B. die Patchwork-Familie zum Normalfall geworden sei, auch positive Entwicklungen: Das Idealbild des Mannes habe sich in den letzten Jahren stark verändert, "der ideale Mann ist zuvorkommend, hilft im Haushalt, er ist unbedingt treu, er ist warmherzig und sensibel".
Laut Eisenberg unterscheidet sich z.B. die Vaterrolle deutlich von jener der 1970er-Jahre, das Engagement der Väter habe deutlich zugenommen. Geforderte "Schlüsselqualifikationen" in der Familie und in Beziehungen, im Haushalt, aber auch in der Arbeitswelt seien Zeitmanagement, Reflexion und Entspannung sowie Gegenwartsbezug, wird der Experte in einer KMBÖ-Aussendung am Freitag zitiert.
Auch Astrid Ebenberger, Vizepräsidentin des Katholischen Familienverbands, sah in ihrem Vortrag die Rolle von Männern in der Gesellschaft stark verändert: "Der Mann spielt eine immer wichtigere Rolle in der Familie als Erziehungspartner, als Pädagoge im Bildungssystem und als Vater und Kinderbetreuer." Daher fordere der Familienverband, dass gemeinsame Familienzeiten stärker in den Vordergrund rücken, der arbeitsfreie Sonntag erhalten bleibt und dass den Familien mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten geboten werden.
Immer noch "vaterlose Gesellschaft"
Eine weniger optimistische Sicht der Vaterrolle brachte der Generalsekretär der Fraktion Christlicher Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter im ÖGB (FCG), Andreas Gjecaj, in seinen Ausführungen über Männer in der Arbeitswelt ein. "Da derzeit der weit überwiegende Teil unbezahlter Arbeit in Europa von Frauen geleistet wird, ist eine gerechtere Aufteilung der Arbeit vorrangig." Einseitige Abhängigkeiten von Beruf bzw. Familie seien notwendig, ebenso ein Gegenmodell zur "vaterlosen Gesellschaft".
Laut dem Christgewerkschafter würde nicht nur die Wirtschaft von einem höheren Anteil an Frauen - auch in höheren und leitenden Positionen - profitieren, sondern würden auch Männer aus verstärktem "Vater-Sein" für sich und ihre Kinder eine bleibende Bereicherung für ihr Leben erfahren. Gjecaj plädierte Im Kontext der gerechten Aufteilung von Arbeit auch für eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit.
Noch bis Samstag legt die Männerbewegung bei ihrer Sommerakademie den Fokus auf "Männerleben" in verschiedenen Lebenswirklichkeiten. Im Blick auf Mannsein in den Spannungsfeldern Arbeit und Familie oder Glaube und Freizeit reflektieren die Teilnehmer das eigene Leben und würden so "einen Eigenstand gewinnen", formulierte KMBÖ-Vorsitzender Leopold Wimmer das Ziel des Urlaubsangebots "mit Inhalt".
Eröffnet wurde die Tagung mit einem Gottesdienst, den Altmilitärbischof Christian Werner leitete. Das Rahmenprogramm sieht einen Besuch des Stiftes Göttweig samt Begegnung mit Abt Columban Luser vor. (www.kmb.or.at)