Blick auf Gestirne zeigt Vergangenheit und Zukunft
Obwohl die Menschheit auf der Erde in einem Raum und einer Zeit verortet ist, "können wir mit einem Blick in den Sternenhimmel die Vergangenheit sehen und ein Stück weit auch unsere Zukunft". Darauf wies die Astronomin Lisa Kaltenegger am zweiten Tag der Internationalen Pädagogischen Werktagung in Salzburg hin, die heuer dem Thema Zeit gewidmet ist. Licht, das tausende Lichtjahre benötigt, um die Erde zu erreichen, liefere Informationen darüber, wie es vor der irdischen Zeit ausgesehen hat, und die daraus gewonnenen Erkenntnisse seien wiederum Grundlage für einen Blick nach vorn.
Die an der renommierten Cornell University im US-Bundesstaat New York lehrende, in Salzburg geborene Wissenschaftlerin, deren Forschungsschwerpunkt Planeten außerhalb unseres Sonnensystems sind, befand: "Unsere Zeit ist die Zeit der Entdecker."
Rund 4.000 Sterne sind am Firmament mit freiem Auge unter guten Bedingungen sichtbar. Die Milchstraße umfasst insgesamt etwa 200 Milliarden Sterne, die von Planeten umkreist werden. Jeder fünfte davon hat laut Kaltenegger das Potenzial, eine Form von Leben zu beherbergen. Und dabei sei selbst unsere gesamte Galaxie mit ihren 100.000 Lichtjahren Durchmesser nur ein Tropfen im Ozean des Universums. "Wir leben genau in der spannenden Zeit, die die Technik hat, erdähnliche Planeten zu finden und zu erforschen", zeigte sich die Astrophysikerin begeistert über die Möglichkeiten, die sich in ihrer Forschung auftun. Wobei die Suche nach Leben im All auch erfordere, über gängige Vorstellungen von Leben hinauszudenken: "Wir dürfen nicht nur nach uns suchen."
"Zeit ist Geld" - und umgekehrt
Der Wiener Philosoph Peter Heintel wandte sich im zweiten Vortrag am Dienstag wieder den irdischen Aspekten der Zeit zu und stellte die These auf, dass in Umkehrung der bekannten Wendung "Zeit ist Geld" auch Geld die Zeit bestimmt und strukturiert. Bereits Aristoteles habe festgestellt: "Schlecht ist es, wenn das Geld Junge bekommt." Denn in dem Moment, wenn Geld Zinsen produziert, wird es vom Austauschäquivalent zur Ware und offen für Spekulation. Kredite, Zinsen, Aktien, Derivate - all diese Dinge "haben etwas mit Zeit und Zeitstrukturierung zu tun, und Zeitordnung kommt damit in die Verfügung der Menschen. Indem sie Kredite nehmen oder geben, beeinflussen sie aktiv ihr Verhältnis zur Zeit", so Heintel.
Immerhin heiße einen Kredit nehmen sich Zukunft kaufen. Die Vorwegnahme von Zukunft durch Geldgeschäfte, das Erfüllen von Zukunftsträumen in der Gegenwart und das dadurch erfahrene "Glück durch Borgen" gäben ein Gefühl von "Zeitmacht". Wenig beachtet werde freilich oft, welchen Preis für dieses Hineinnehmen der Zukunft in die Gegenwart buchstäblich zu zahlen sei: Unsere Lebenszeit verdichte sich, so Heintel, scheine schneller zu vergehen und werde begleitet von Entbehrungen und der Sorge um fristgerechte Rückzahlungen.
In einer zunehmend ökonomisierten Welt, die alle gesellschaftlichen Subsysteme erfasse, ist laut Peter Heintel die "Tendenz zur Sinngebung durch Kaufakte" kritisch zu betrachten. Vollendete Zeit werde zunehmend mit vollgefüllter Zeit verwechselt. Nicht umsonst gründete Heintel 1990 den "Verein zur Verzögerung der Zeit" mit derzeit rund 700 Mitgliedern vorwiegend im deutschsprachigen Raum.
Die Internationale Pädagogische Werktagung Salzburg richtet sich an Personen, die in den verschiedenen Berufs- und Handlungsfeldern mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeiten, ebenso an Studierende. Aktuelle Forschungsergebnisse werden in einer interdisziplinären Zusammenschau von renommierten Referenten vorgestellt, für die pädagogische Arbeit aufbereitet und in Arbeitskreisen vertieft. Die Tagung mit rund 800 Teilnehmern findet stets in der zweiten Juliwoche im Herzen der Salzburger Altstadt statt. (Info: www.bildungskirche.at)
Quelle: kathpress