Kürzung von Mindestsicherung verhindert Integration
Die Diskussionen um mögliche und bereits beschlossene Kürzungen der Mindestsicherung lassen weiter die Wogen hochgehen: So hat sich am Montag Diakonie-Direktor Michael Chalupka erneut kritisch zu Wort gemeldet und darauf hingewiesen, dass eine Kürzung der Mindestsicherung zugleich ein Hemmnis bei der Integration bedeute: "Gerade die, die rasche Integration fordern, wollen jetzt größeren Familien oder Asylwerbern die Mindestsicherung kürzen. Wenn ich den Menschen aber nicht genug zum Überleben lasse, behindere ich die Integration", warnte Chalupka in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Presse" (Montag).
Geld sei ein "Mittel, damit Menschen an der Gesellschaft vollumfänglich teilhaben können", so Chalupka. Dies sei, etwa in Form einer Teilhabe am kulturellen Leben, beispielsweise selbst für Mindestsicherungsbezieher oft nicht möglich. Starke Einschränkungen aufgrund mangelnder finanzieller Möglichkeiten gebe es aber auch etwa für behinderte Menschen.
Darüber hinaus widersprach der Diakonie-Direktor dem gegenwärtig häufig gehörten Argument, dass eine Kürzung der Mindestsicherung das Sozialsystem unattraktiver für neue Flüchtlinge und Migranten mache. Dies sei schlichtweg "empirisch nicht richtig", so Chalupka. Entscheidend seien für Flüchtlinge etwa Fragen, ob es hier eine jeweilige eigene Community gibt und ob Chancen auf Arbeit bestünden. "Warum sollte ein Flüchtling, der tausende Kilometer gegangen ist und unter widrigsten Umständen sein Leben organisiert hat, auf einmal zufrieden sein mit der sozialen Hängematte?"
Geld ein "notwendiges Übel"
Geld insgesamt wertete Chalupka als ein "notwendiges Übel", insofern es soziale Teilhabe ermöglicht. "Wo es aber an die Stelle von demokratisch legitimierter Macht tritt, da hat es eine gefährliche Dimension." Tatsächlich sei es "ganz wichtig", ein gewisses Maß an Geld zu besitzen bzw. darüber zu verfügen, "um seine Potenziale ausschöpfen zu können". Das könne man etwa in der alltäglichen Arbeit der Diakonie sehen, wo es u.a. darum gehe, finanzielle Unterstützung für Menschen in prekären Lebenslagen zu bieten.
Eine eigene Info-Kampagne der evangelischen Diakonie zum Thema Mindestsicherung ist laut Diakonie-Angaben auf großes Interesse gestoßen. Es habe im Kampagnen-Zeitraum hohe Zugriffszahlen auf die eigens erstellten Web-Grafiken sowie die bereits vergriffenen Freecards in Lokalen und Gaststätten gegeben. Dies zeige, dass es einen hohen Aufklärungsbedarf gibt, teilte die Diakonie in der Vorwoche mit.
Auch Zulehner warnt vor Kürzung
Zur Frage gekürzter Mindestsicherung hat sich am Wochenende auch der Wiener Theologe Paul Zulehner kritisch geäußert. In einem Interview der "Kleinen Zeitung" warnte er am Sonntag, wenn man die Mindestsicherung bei Asylwerbern so weit kürzt, "dass sie sich nicht mehr über Wasser halten können, dann ist das die politische Anleitung zur Kleinkriminalität".
Quelle: kathpress