Erinnerung an NS-Opfer bewahren
"Die Erinnerung an die NS-Opfer von Trostinec muss bewahrt bleiben." Das hat Kardinal Christoph Schönborn in Minsk gegenüber "Kathpress" betont. Der Kardinal hat im Rahmen seines jüngsten Weißrussland-Besuchs als Gesandter von Papst Franziskus auch die Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus in Trostinec nahe der weißrussischen Hauptstadt besucht und zeigte sich im Anschluss "tief erschüttert".
In Trostinec wurden von den Nazis bis zu 13.000 österreichische Juden ermordet. Viele der Deportierten wurden im nahe gelegenen Wald von Blagovscina erschossen. Insgesamt sollen bis zu 60.000 Menschen in dem Lager und Umgebung den Tod gefunden haben. Derzeit sind Bemühungen um die Erweiterung der Gedenkstätte im Gang, die vor allem den Wald von Blagovscina betreffen und an denen auch Österreich beteiligt ist.
Kardinal Schönborn besuchte in Minsk auch die orthodoxe Allerheiligenkirche, wo in der Unterkirche eine Gedenkstätte mit Überresten von Opfern aus Trostinec eingerichtet wurde. Der Wiener Erzbischof legte im Rahmen einer kurzen Gedenkfeier gemeinsam mit dem Minsker Erzbischof Thaddäus Kondrusiewicz, Kirchenvorsteher Fiodor Pownyj und dem österreichischen Botschafter in Weißrussland, Alexander Bayerl, Blumen bei der Gedenkstätte nieder und sprach ein Gebet.
Nur 17 von 13.000 Wienern überlebten
Von den bis zu 13.000 per Bahn von Wien nach Trostinec deportierten jüdischen Wienerinnen und Wienern überlebten nur 17 Personen. In Trostinec wurden die Menschen, nachdem sie ausgestiegen waren, sofort auf Lastwagen verfrachtet und an einer geheimen Mordstätte im Wald von Blagovscina, wo es eine schwer einsehbare Lichtung gab, erschossen, später auch in Gaswagen erstickt.
Der Wald von Blagovscina gehörte zu einer ehemaligen Kolchose, die von der NS-Sicherheitspolizei im April 1942 beschlagnahmt worden war. Die NS-Schergen richteten auf der Kolchose, die über einen Bahnanschluss verfügte, ein Zwangsarbeitslager ein; zugleich erschienen ihnen die Lichtung im Wald für ihre Mordpläne geeignet. Für den Zeitraum von Mai bis September 1942 waren 18 Züge aus Wien geplant, in denen man unterschiedslos Männer, Frauen und Kinder zusammenpferchte. Um die Täuschung zu stärken, mussten die Deportierten Gepäck mit sich führen. Der erste Deportationszug verließ den (heute nicht mehr bestehenden) Aspangbahnhof am 6. Mai 1942.
Die Aktenlage über Maly Trostinec ist lückenhaft und besteht vor allem aus Prozessakten gegen deutsche Täter. Aus diesen Akten geht nach den Erhebungen der Historikerin Barbara Rentrop hervor, dass unter den Mördern relativ viele Österreicher waren. Als die sowjetischen Einheiten vorrückten, begannen die Täter die Spuren zu verwischen und alles schriftliche Beweismaterial zu vernichten. Das NS-Inferno von Minsk endete am 3. Juli 1944 mit der Befreiung der fast zur Gänze zerstörten Stadt durch die Rote Armee.
Quelle: kathpress