Bischof Scheuer eröffnet Tagung auf Friedensburg Schlaining
Mit einem Festvortrag von Bischof Manfred Scheuer ist am Sonntag die 33. Sommerakademie des "Österreichischen Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung" (ÖSFK) auf Burg Schlaining im Burgenland eröffnet worden. Im Beisein von Bundespräsident Heinz Fischer hielt Scheuer dabei kritisch fest, dass der Name Gottes "immer wieder für die Rechtfertigung von Gewalt und Terror missbraucht" werde. Religionen und Glaube hätten aber genauso "zur Zähmung von Gewalt und Aggression" und der "Überwindung von Hass, Krieg und Unrecht beigetragen", betonte der Linzer Bischof, der auch Präsident des Österreich-Zweigs der katholischen Friedensbewegung "Pax Christi" ist. Beim Bemühen um Konfliktvermeidung und Konfliktlösungen wäre es daher "fatal, auf die humanisierenden Kräfte der Religionen zu verzichten".
Unter dem Motto "Um Gottes Willen - Die ambivalente Rolle von Religionen in Konflikten" finden in Schlaining bis 8. Juli zahlreiche Diskussionen, Vorträge und Workshops statt. Rund 200 Experten aus Zivilgesellschaft, Forschung und Politik beleuchten dabei sowohl die Relevanz von Religion für Gewalt als auch für Friedensprozesse.
Weder Monotheismus noch Polytheismus oder auch Atheismus seien an sich schon Gewalt produzierend, jedoch in ihrer Beziehung zu Gewalt und Krieg nicht frei von Zweideutigkeit, sagte Bischof Scheuer in seinem Eröffnungsvortrag. Jede konkrete Religion oder Ideologie müsse auf ihre Gewalt- und Friedenspotenziale hin überprüft werden. Dabei gelte es auch die jeweiligen Impulse zu Freiheit, Versöhnung, gewaltfreier Konfliktlösung, Feindesliebe, Frieden und Gerechtigkeit zu heben.
So stünden etwa in der christlichen Bibel Aussagen über Gewalt und Frieden nicht gleichrangig oder gleichwertig nebeneinander: "Die christliche Bibel und ihre Lehre zu Frieden und Gewalt ist von der Mitte, von der Person Jesu, von seiner Bergpredigt, von den Seligpreisungen der Gewaltlosen und der Friedensstifter, vom Kreuzestod als Zuspitzung der Vergebung und der Feindesliebe her zu interpretieren."
Über "unheilige Allianzen" mit Nationen und Ethnien, wirtschaftlicher und politischer Macht, sowie unterschiedlichen Ideologien hätten Religion und Glaube auch Gewalt, Unterdrückung, Kolonisierung und Krieg mit sanktioniert, sagte der Bischof. "Religionen und Glaube haben aber auch zur Zähmung von Gewalt und Aggression, zur Versöhnung zwischen Feinden, zur Überwindung von Hass, Krieg und Unrecht beigetragen", betonte er. Scheuer appellierte, die Frieden stiftenden Potenziale etwa des christlichen Glaubens in der Debatte nicht zur Seite zu schieben. "Im Motiv der Gottebenbildlichkeit des Menschen liegen Einsichten, die auch eine weltliche Gesellschaft nur zu ihrem Schaden vernachlässigen kann", hielt er fest.
An der Eröffnung der Sommerakademie nahmen zahlreiche Ehrengäste teil, unter ihnen Justizminister Wolfgang Brandstetter und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil sowie der emeritierte burgenländische Bischof Paul Iby. Bundespräsident Fischer verlieh im Rahmen des Festakts dem ÖSFK-Gründer Gerald Mader das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und würdigte ihn als "Pionier der österreichischen Friedensarbeit".
Schlaining habe sich einen fixen Platz in der internationalen Friedensbewegung erarbeitet und werde auch künftig zeitgemäße, fundierte und kritische Friedensarbeit leisten, betonte der aktuelle Präsident des renommierten Studienzentrums, Peter Kostelka. Dass Religion im Alltagsleben vieler Menschen eine so große Rolle spiele, mache sie auch zu einem wichtigen Medium der Konfliktlösung und Friedensarbeit, fügte Kostelka mit Blick auf das Thema der Sommerakademie hinzu.
Podiumsgespräch mit Palaver, Polak
Zu den Referenten der Schlaininger Sommerakademie zählen heuer etwa der Schweizer Religionswissenschaftler Richard Friedl von der Universität Fribourg, Claudia Haydt von der deutschen "Informationsstelle Militarisierung", der Südosteuropa-Experte Kerem Öktem von der Uni Graz, der Zürcher Religionswissenschaftler Baldessare Scolari oder Grazer Juristen-Dekan Joseph Marko. Der kroatische katholische Theologe und Friedensaktivist Otto Raffai hält einen Workshop über interreligiöse Friedensarbeit.
Die Flüchtlingsfrage als Herausforderung für Religion und Europa steht am Mittwochabend im Zentrum einer Podiumsdiskussion. Wolfgang Palaver, Dekan der Innsbrucker Katholisch-Theologischen Fakultät, wird dabei mit der Politologin und Kommunikationsexpertin Melita Sunjic vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und der Wiener Theologin Regina Polak sprechen. Schon tags zuvor diskutieren bei einem weiteren Podiumsgespräch im Rahmen der Sommerakademie die evangelische Theologin Viola Raheb, der Islamwissenschaftler Driss Tabaalite und die aktuelle Vorsitzende der Muslimischen Jugend Österreich, Canan Yasar, zum Thema "Label Islam - Leben mit dem und gegen das Vorurteil".
Die Burg Schlaining ist seit Jahren eines der Zentren für die internationale Friedens- und Konfliktforschung. Kurzentschlossene können sich noch zur diesjährigen Sommerakademie anmelden. Auch der Besuch einzelner Veranstaltungen ist möglich (Info: www.aspr.friedensburg.at, Tel. 03355/2498-502).
Quelle: kathpress