Schönborn: Christen sollen gegen Leid aller Verfolgten auftreten
Wenn Christen sich solidarisch zeigen mit den leidenden und verfolgten Christen in aller Welt sollten sie nicht den Blick auf das eigene Leiden verengen, sondern stets das Leiden aller Verfolgten im Blick haben: Das hat Kardinal Christoph Schönborn am Samstagnachmittag in Wien betont. So sehr die dramatische Situation der Christen in vielen Ländern die Solidarität unter den Christen fordere, so sehr gelte: "Es werden auch viele andere Menschen verfolgt - und in unseren Gebeten dürfen wir diese nicht vergessen", sagte Schönborn bei der Abschlusskundgebung des "Marsches für Jesus" am Wiener Heldenplatz vor rund 15.000 Teilnehmern. "Die Compassion Jesu kennt keine Religionsgrenzen, keine Altersgrenzen - sie ist grenzenlos", so Schönborn. Konkret verwies er auf den Irak, wo täglich auch Muslime Opfer von Verfolgung und Gewalt werden.
In seinem Statement wies Schönborn außerdem auf die am Nachmittag ebenfalls in Wien angesetzte "Regenbogenparade". Dort habe man um 17 Uhr in einer Gedenkminute aller Aids-Toten gedacht. Er selbst habe bei einem Besuch im afrikanischen Sambia zahlreiche Aids-Waisen kennengelernt. "Wenn wir von Barmherzigkeit reden, so dürfen wir diese vielen Opfer nicht vergessen", so Schönborn.
Mit Blick auf den ökumenischen Charakter der Veranstaltung unterstrich der Wiener Erzbischof außerdem den Einheit-stiftenden Geist des "Marsches für Jesus". Christen seien schließlich wie die Speichen eines Rades, das sich um Jesus als seine Nabe drehe: "Je näher wir diesem Zentrum kommen, desto näher kommen wir einander".
Gemeinsam stünden die Christen vor der gewaltigen Herausforderung, die Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu sichern. In diesem Zusammenhang erinnerte Schönborn an das berühmte Diktum des deutschen Verfassungsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde, demzufolge der "freiheitliche, säkularisierte Staat (...) von Voraussetzungen (lebt), die er selbst nicht garantieren kann". Die entscheidende Frage laute daher: "Gibt es Menschen, die nach den 10 Geboten leben?" - Dies sei die entscheidende Frage und Aufgabe für ein christliches Leben heute.
Auftakt mit rund 15.000 Teilnehmern
Gleich drei Umzüge mit hohen Teilnehmerzahlen fanden zeitgleich in der Wiener Innenstadt statt: Den Auftakt bildete mit rund 15.000 Teilnehmern um 12 Uhr der "Marsch für Jesus". Die Veranstalter meldeten zwischen 15.000 und 18.000 Teilnehmern, die Polizei sprach von rund 10.000 Teilnehmern, die bei strahlendem Sonnenschein über den Wiener Ring zogen. Im Anschluss fand die 21. Regenbogenparade statt, zu der laut Veranstalter-Angaben rund 100.000 Teilnehmer erwartet werden, sowie ein "Marsch für die Familie" als bewusste Gegen-Veranstaltung.
Bei dem von der Initiative "Christen in Wien" organisierten "Marsch für Jesus" handelt es sich um ein Treffen Gläubiger unterschiedlicher Konfessionen. Gekleidet in "I love Jesus"-T-Shirts versammelten sich die Besucher, darunter auch viele internationale Gäste, am Heldenplatz. Viele trugen Banner mit den Aufschriften "God loves you", "Jesus 4ever" oder auch "Jesus ist cool".
Mit dem Marsch, der von einer Musikkapelle und einer Trommlergruppe begleitet wurde, und dem anschließenden "Fest für Jesus" sollen laut Veranstaltern unter anderem die Einheit christlicher Konfessionen sichtbar gemacht werden und ein interkultureller sowie interkonfessioneller Austausch stattfinden. Auf der Bühne am Heldenplatz wird nach dem Umzug bis zum Abend Programm geboten.
Dass die im Anschluss stattfindende Regenbogenparade am selben Tag stattfindet, ist laut Organisatoren Zufall: "Es ist reiner Zufall, dass dieser Marsch heuer am selben Tag stattfindet, und die Organisatoren hatten den Marsch in der Tat zuerst angemeldet", sagte Regenbogenparaden-Verantwortlicher Christian Högl der Austria Presse Agentur (APA).
Kurz: dank für christliches Engagement
Außenminister Sebastian Kurz hat den christlichen Kirchen in Österreich für ihr gesellschaftliches Engagement gedankt und den Beitrag der Kirchen in der Asylhilfe und Integration unterstrichen: "Gerade die christlichen Gemeinden sind jene, die für die neu Ankommenden einen Anker darstellen und einen Ort der Geborgenheit bieten und dazu beitragen, dass diese Menschen in die Gesellschaft hineinfinden", sagte Kurz am Samstagnachmittag auf dem Wiener Heldenplatz. Kurz sprach im Rahmen des "Marsches für Jesus", an dem über 15.000 Menschen teilgenommen hatten und der am Nachmittag mit einem großen Fest am Heldenplatz endete.
Als eine besondere Herausforderung für Österreich und ganz Europa bezeichnete Kurz die weltweite Verfolgung von Menschen aufgrund ihres Glaubens. Rund 100 Millionen Christen litten weltweit unter Verfolgung, so Kurz: "Da dürfen wir in Österreich und in Europa nicht wegsehen".
Zuvor hatte bereits der evangelische Bischof Michael Bünker sich in einer Videobotschaft an die Teilnehmer des "Marsches für Jesus" gewendet und darin die Notwendigkeit unterstrichen, öffentlich für den eigenen Glauben einzustehen. Er sei dankbar, "in einem Land zu leben, in dem Religionen ihren Glauben und ihre Überzeugungen öffentlich sichtbar machen können" - der "Marsch für Jesus" sei ein eben solches Zeichen, so Bünker.
Quelle: kathpress