Fußball lebt von religiöser Inszenierung
"Fußball lebt von einer religiöser Inszenierung": Darauf hat kurz vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft einer hingewiesen, der es wissen muss - denn der gebürtige Bosnier Zeljko Odobasic ist Priester in der Diözese Eisenstadt, Gründer der Österreichischen Fußball-Nationalmannschaft der Priester und hat die Priester-Europameisterschaft ins Leben gerufen. "Fußball ist schon lange eine säkulare Religion. Vielleicht war er es schon immer", stellte der selbst sehr sportliche Odobasic in der neuen Ausgabe der Eisenstädter Kirchenzeitung "Martinus" fest.
Der Dechant von Rust und Pfarrer in Trausdorf und Oslip führte dafür folgende Belege an: Fußball-Fans fänden Heimat in ihrer "Kirche" - dem Verein oder der Nationalmannschaft; gemeinsam mit anderen Anhängern wüssten sie sich auf einem gemeinsamen, mit Liedern zelebrierten "Glaubensweg" und trügen das Trikot im Stadion als "Sonntagsgewand in der Kirche". Das Einlaufen und der Anpfiff des Spiels gleiche einer Prozession mit feststehenden Abläufen. Wenn der Siegespokal hochgehoben wird, erinnere das laut Odobasic an das Zeigen der Monstranz. "Und der Fan glaubt an seine Mannschaft, hofft auf deren Sieg und liebt seine Stars. Maximale Heilungschance bei minimalem Risiko."
In den letzten Jahren fällt dem Priester, wie er berichtete, auf dem Weg zur Sonntagsmesse vermehrt auf, dass viele Leute dem Kirchgang sportliche Aktivitäten wie Fahrrad fahren, Joggen, Tennis oder Fußball vorziehen. "Da stellt sich mir die Frage: Hat der Sport in unserer Gesellschaft den Platz der Religion eingenommen?" Odobasic zitierte den Schweizer Theologen Hans Küng, demzufolge Fußball zur "Ersatzreligion" werden könne, bei der einem Fan suggeriert werde, "das, was er gerade erlebt, sei das Größte".
In dem von ihm mitherausgegebenen Buch "Sport - Eine neue Religion?" (2012) ging Odobasic dem Verhältnis beider Welten auf den Grund. In dem Band finden sich Interview mit erfolgreichen Fußball-Profis wie den Torjägern Marc Janko und Toni Polster, mit Andreas Ivanschitz, Trainer Paul Gludowatz sowie auch mit Ski-Olympiasiegerin Michaela Dorfmeister. Diese Persönlichkeiten erzählten, wie sie Sport und Religion verbinden und wie sich der Glaube bei der Ausführung des Sports bzw. ihres Berufes auswirkt.
Quelle: kathpress