EU darf nicht Schweigemantel über Verfolgung breiten
Österreichs "Europabischof" Ägidius Zsifkovics warnt die europäische Politik davor, einen Mantel des Schweigens "über die größte Christenverfolgung in der Geschichte zu breiten". "Was ist los, humanistisches Europa, du Verfechterin der Menschenrechte, der Demokratie und der Freiheit?", fragt der Bischof mit Papst Franziskus in einer Aussendung der Diözese Eisenstadt am Mittwoch, auch im Blick auf eine Reihe von Solidaritätsveranstaltungen in der "Langen Nacht der Kirchen" (10. Juni) in Wien und anderen Diözesen.
Angesichts von rund 100 Millionen verfolgter Christen weltweit unterstützt der Eisenstädter Bischof die Aktion "Hilfe für Christen in Not im Nahen Osten". Die Aktion hilft Christen, die aus ihren Heimatorten im Nahen Osten vertrieben wurden und nun als Flüchtlinge in Lagern ihr Dasein fristen.
Ziel der von der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände Österreichs (AKV) gemeinsam mit den Hilfsorganisationen "Kirche in Not", "Christian Solidarity International" (CSI) und der "Initiative Christlicher Orient" (ICO) gestarteten Aktion ist es, Christen zu helfen, ihre angestammten Häuser und Wohnungen wieder aufzubauen und die materiellen und geistigen Mittel bereitzustellen, damit sie in ihrer Heimat bleiben bzw. wieder dorthin zurückkehren können, heißt es in der Aussendung weiter.
Primäre Zielgruppe der Hilfsaktion sind somit nicht Flüchtlinge in Europa, sondern Christen vor Ort, um diesen wieder eine Lebensperspektive in ihrer Heimat zu ermöglichen.
"Die Fakten sind erschütternd: Alle fünf Minuten wird eine Christin oder ein Christ wegen seines oder ihres Glaubens getötet. Christen sind die weltweit am stärksten von religiös motivierter Verfolgung betroffene Gruppe", ruft Bischof Zsifkovics in Erinnerung. Die westliche Welt müsse in ihren Beziehungen zu Drittländern "alles unternehmen, um der Verfolgung und Diskriminierung von Minderheiten, von denen Christen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit gerade in den Konfliktherden des Nahen Ostens besonders betroffen sind, Einhalt zu gebieten".
Nur wenn die Grundbedingungen für ein friedliches, rechtsstaatliches und menschenwürdiges Zusammenleben gewährleistet werden und soziale, wirtschaftliche und kulturelle Ressourcen bzw. Infrastrukturen für die Menschen gegeben sind, "werden sich Menschen in der Lage sehen, ihre Heimat nicht verlassen zu müssen, und können jene, die bereits fliehen mussten, eine Rückkehr in sichere und aussichtsreiche Verhältnisse avisieren", betont der Bischof. Somit müsse alles unternommen werden, damit "Menschen das Schicksal der Flucht von vornherein erspart bleibt und sie nicht abermals zu Opfern werden, nämlich von Menschenhändlern und Schmugglern".
Verfolgte Christen dürften nicht alleine gelassen werden und es dürfe keine Schweigespirale zur Tragödie der Christenverfolgung als menschliche, existenzielle, geistliche und geistige Zerstörung geben, fordert Bischof Zsifkovics.
Bis zu 170.000 christliche Märtyrer pro Jahr
Die Lage für Millionen von Christen auf der Welt sei erschütternd und äußerst prekär: In mehr als 50 Ländern werden Christen wegen ihres Glaubens Opfer von Diskriminierung, Misshandlungen, Folter und Verfolgung, werden aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit inhaftiert oder gar getötet. Das "Center for the Study of Global Christianity" geht von 100.000 christlichen Märtyrern pro Jahr aus, die in Cambridge erstellte soziologische Studie "The Price of Freedom Denied" kommt zu dem Schluss, dass jährlich zwischen 130.000 und 170.000 Christen ermordet werden.
Alleine in Syrien, wo vor 2011 rund 1,1 Millionen Christen lebten, mussten etwa 700.000 von ihnen aus ihrer Heimat fliehen. Aber auch in Staaten wie Afghanistan, Irak, Iran, Libyen, Pakistan, Saudi-Arabien und Ägypten, in Nigeria und Somalia sind Verfolgungen von Christen an der Tagesordnung. Massive Benachteiligungen und Diskriminierungen erleiden Christen aber etwa auch in der Türkei und in Indien. Die vordersten Plätze des Weltverfolgungsindex 2016, erstellt vom überkonfessionellen internationalen Hilfswerk "Open Doors", nehmen Nordkorea, Irak, Eritrea, Afghanistan, Syrien, Pakistan, Somalia, Sudan, Iran und Libyen ein.
Quelle: kathpress