"ORF-Stiftungsrat kann Reform vertragen"
Franz Küberl, langjähriger Kirchenvertreter im ORF, ortet Reformbedarf beim Stiftungsrat des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Grund dafür seien die komplexe Zusammensetzung des obersten Leitungsorgans sowie die immer wieder kritisierte Handlungsunfähigkeit, so Küberl am Freitag in der Tageszeitung "Presse". Sein Vorschlag: "Es wäre sinnvoll, in Zukunft ein Präsidium des Stiftungsrats zu benennen, das wäre plenumsentlastend." Im Interview mit "Kathpress" monierte der unabhängige Stiftungsrat eine bessere Repräsentanz der Gesellschaft im ORF: "Es braucht wieder wie vor der letzten Gesetzesänderung eine fixe Vertretung aus Wissenschaft, Kunst und Kirchen", so Küberl.
Hintergrund für diese Forderung ist die Änderung der ORF-Gesetzes vor zwei Jahren, als es aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes über die Ungültigkeit der Fax-Wahl beim ORF-Publikumsrat zu einer Novellierung kam. Dabei wurde der bis dahin geltende gesetzliche Anspruch auf Vertreter aus den Bereichen Wissenschaft, Kunst und Kirchen ersatzlos gestrichen. Küberl sieht daher den Gesetzgeber "zum Wohl des ORF und der nötigen breiten Verankerung in der Gesellschaft" gefordert. "Die Lösung könnte darin bestehen, dass der Publikumsrat einfach aus seinem Bereich die drei Vertreter von Wissenschaft, Kunst und Kirchen in den Stiftungsrat entsendet", so Küberl. Demgegenüber sei die Frage zu stellen, ob weiterhin jedes Bundesland und jede Partei einen Vertreter entsenden müsse.
Als "grundsätzlich positiv" bewertete Küberl die zuletzt rund um die Bundespräsidentenwahlen immer wieder aufflammende Diskussion über die Berichterstattung des ORF. "Der ORF ist ein öffentliches Gut, und daher ist es gut, dass er vielen im Land ein großes Anliegen ist." Insgesamt habe der ORF in dieser Phase die "erwartbare Qualität" gezeigt. "Und wenn in Einzelfällen Fehler passieren, dann ist es immer besser, dazu zu stehen", so der Stiftungsrat in Richtung Programmverantwortliche.
Im Blick auf die anstehende Wahl des ORF-Generaldirektors und diversen personellen Spekulationen bekräftigte Küberl seine Linie: "So wie bisher halte ich mich daran, dass ich erst am Wahltag wähle, das ist diesmal am 9. August und nicht vorher." Wer immer gewählt wird, werde aber "dafür Sorge tragen müssen, dass der ORF als öffentlich-rechtlicher Rundfunk Qualitätsführer bleibt. Dafür braucht man exzellente Leute, und vor allem auch junge Leute, die exzellentes Programm machen", sagte Küberl.
Der Grazer Caritas-Direktor gehörte von 1998 bis 2014 dem höchsten ORF-Gremium als Kirchenvertreter an. Nach der Gesetzesänderung vor zwei Jahren ernannte die Bundesregierung Küberl dann erneut zum Stiftungsrat, der seine Aufgabe unabhängig ausübt.
Quelle: kathpress