Asylwerbern Arbeit ermöglichen
Der jüngste Vorschlag von Bundeskanzler Christian Kern, Asylsuchenden rascher einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu eröffnen, "könnte einiges zur Entkrampfung während der relativ langen Verfahrensdauer beitragen". Zu dieser Einschätzung kam Erich Hohl, Integrationsbeauftragter der Diözese Graz-Seckau und Generalsekretär der steirischen Katholischen Aktion, in einer Stellungnahme am Mittwoch. Eine Arbeitserlaubnis für Asylwerbende wäre ein wichtiger Schritt hin zu einer gelungenen Integration. Eine deutliche Ausweitung der Tätigkeitsfelder, in denen Asylwerber legal erwerbstätig sein dürfen, muss laut Hohl möglichst rasch umgesetzt werden, denn "derzeit ist die Gesetzeslage zu restriktiv".
Es ist nach Überzeugung des kirchlichen Integrationsexperten auch eine Frage des Menschenbildes und der Menschenwürde, ob man Menschen, die zur Erwerbsarbeit fähig sind und arbeiten wollen, über einen "unzumutbar langen" Zeitraum gesetzlich vom Arbeitsmarkt ausschließt. Viele Asylwerbende hätten beträchtliche Fähigkeiten sowie Kompetenzen und könnten durch eine Arbeitserlaubnis schon während des laufenden Verfahrens ihren Lebensunterhalt zumindest teilweise selber bestreiten. Natürlich müssten Regierung und Sozialpartner zugleich "größte Anstrengungen aufbringen", die derzeit so hohe Arbeitslosigkeit in Österreich "nicht als gottgegeben hinzunehmen", betonte Hohl.
Er würde es auch begrüßen, wenn Bundeskanzler Kern zur drohenden Notstandsverordnung, wenn heuer 37.500 Asylanträge gestellt sein werden, "gangbare und menschenrechtsverträgliche Perspektiven in die politische Diskussion einbringen" würde.
"Grüne Insel in der Oststeiermark"
Was auch von der Kirche breit unterstützte und mitgetragene Integrationsbemühungen an Positivem bewirken können, schilderte am Mittwoch der Pastoralassistent und "Way of Hope"-Gründer Fery Berger am Beispiel seiner Heimatstadt Weiz. Seit eineinhalb Jahren werden in der oststeirischen Gemeinde Flüchtlinge aufgenommen und intensiv betreut - vielfach durch ehrenamtlich tätige Pfarrmitglieder. Bemerkenswerter Effekt des kontinuierlichen Kontakts zwischen Einheimischen und Flüchtlingen: Weiz war bei der jüngsten Bundespräsidentschaftswahl die einzige steirische Bezirkshauptstadt, in der Alexander Van der Bellen eine Mehrheit erreichte und so zur "grünen Insel in der Oststeiermark" ("Kleine Zeitung", Dienstagausgabe) wurde.
45 Kriegsvertriebene - mehrheitlich Syrer, aber auch Irakis, Afghanen und Iraner - werden derzeit laut Koordinator Berger von der interreligiösen Bewegung "Way of Hope" - einem "Kind der 'Weizer Pfingstvision'" - betreut. Sie sind in Privatwohnungen untergebracht, die vielfach im Umfeld der Weizer Pfarrgemeinde zur Verfügung gestellt wurden, lernen von Beginn an Deutsch und absolvieren Wertekurse, werden nach Vorliegen eines positiven Asylbescheids bei Behördenwegen wie etwa zum AMS oder bei Bewerbungen für Jobs unterstützt, berichtete Berger. Bei den knapp 100 Betroffenen, die bisher in Weiz Fuß in einem neuen Leben fassten, gab es -polizeilich bescheinigt - noch nie einen Zwischenfall oder eine Anzeige.
Interreligiöser Schulterschluss zu Pfingsten
"Way of Hope" veranstaltet Integrationsfeste, in denen Kennenlernen und Angstabbau möglich wird. Als besonders eindrückliches Zeichen für gelungene Brückenschläge bezeichnete der katholische Theologe die Pfingstvigil am vergangenen Samstag, an der neben 250 einheimischen Christen auch ebenso viele Flüchtlinge aus der ganzen Oststeiermark teilnahmen und gemeinsam beteten. Bei einem Ritus mit Kreis und Kerzen sei es im Beisein des Wiener Theologen Paul Zulehner und einem muslimischen Imam buchstäblich zu einem "Schulterschluss" gekommen, schwärmte Berger.
Was die Politik vom Modell Weiz lernen kann, umschrieb der Theologe, der in Weiz auch für Caritas-Arbeit zuständig ist, wie folgt: Es brauche Dialog - z.B. sei die örtliche FP-Spitze von "Way of Hope" zu einem klärenden Gespräch eingeladen worden; ernsthafte Bemühungen um Integration samt dafür erforderlicher finanzieller und personeller Ressourcen; letztlich gelte es aber auch größere Zusammenhänge im Blick zu behalten: nach Bergers Überzeugung sind "nicht die Flüchtlinge das Problem" bzw. "die, die uns was wegnehmen". Politik müsse im großen Maßstab für eine gerechte Verteilung von Lebenschancen sorgen, etwa den entfesselten Finanzkapitalismus eindämmen, forderte Berger.
Als Christ gebe es für ihn keine Alternative zu einem konkreten Einsatz für die Benachteiligten und Ausgegrenzten. Wer "in den Spuren des Evangeliums" bleiben will, müsse - wie auch Papst Franziskus so überzeugend vorlebe - diese Option haben. "Wie jemand für das Christentum und gegen Flüchtlinge sein kann, verstehe ich nicht", meinte Berger.
Quelle: kathpress