Kirchen unterstützen Friedensbemühungen in Palästina
Seit 2010 unterstützt der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) aktiv Friedensbemühungen im Heiligen Land. Im Rahmen der Beteiligung am "Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel" (EAPPI) werden Freiwillige entsendet, die sich gemeinsam mit Friedensaktivisten aus aller Welt für ein Ende der Gewalt und ein friedliches und gerechtes Zusammenleben von Palästinensern und Israelis einsetzen. Zuletzt war die Wienerin Irene Benitez Moreno von Dezember 2015 bis März 2016 in Hebron (Westjordanland) als Menschenrechtsbeobachterin vor Ort. Im "Kathpress"-Interview berichtete Moreno von einem unglaublich großen Gewaltpotenzial in der Region, das wenig Hoffnung auf eine positive Zukunft mache.
An den sogenannten "Checkpoints" beobachtete die gebürtige Kolumbianerin Moreno als Teil eines fünfköpfigen Teams die Situation, um Gewalt einzudämmen und einen möglichst respektvollen Umgang des Israelischen Militärs mit den Zivilisten zu gewährleisten. "Die Stimmung an den Checkpoints ist unglaublich aggressiv und emotional aufgeladen", so Moreno. An den vom israelischen Militär bewachten Kontrollstellen müssten die Zivilisten oft stundenlang warten, bis sie diese passieren können. Alleine dieser Umstand mache einen geregelten Alltag für die Menschen in Hebron unmöglich.
Als Beobachterin habe man zwar rechtlich keinerlei Befugnisse, bei Menschenrechtsverletzungen einzuschreiten, aber allein durch die Anwesenheit könne man schon einiges erreichen, zeigte sich Moreno überzeugt. In persönlichen Gesprächen mit Palästinensern habe sie außerdem eine unglaubliche Dankbarkeit für ihre Tätigkeit erfahren: "Das Feedback von der Bevölkerung war unheimlich gut, sie grüßen dich freundlich, erzählen dir ihre Geschichte und wollen selbst alles von dir erfahren". Von Seiten der israelischen Soldaten sei die Situation ambivalent gewesen, während manche durchaus freundlich und kooperativ waren, seien andere ablehnend bis aggressiv aufgetreten.
Besonders Los der Schulkinder erschüttert
Besonders das Schicksal der Schulkinder, die täglich die Checkpoints passieren mussten, habe sie erschüttert. Diese würden bereits auf ihrem Schulweg von den Soldaten drangsaliert. Dies beginne mit wüsten Beschimpfungen und gehe bis hin zu Schlägen und Rempeleien. "Die Gewalt war viel schlimmer, als ich es erwartet hatte. Das hat mich doch sehr getroffen", berichtete Moreno. Trotzdem bereue sie es nicht, an dem Einsatz teilgenommen zu haben. Die Kultur- und Sozialanthropologin hatte sich bereits während ihres Studiums besonders mit Konfliktforschung auseinandergesetzt. Einen solch tiefgreifenden Konflikt unmittelbar mitzuerleben sei eine unglaublich starke und schockierende Erfahrung gewesen, so Moreno.
Die Menschen vor Ort würden mit dem Konflikt alleine gelassen, und ohne Hilfe von neutraler Seite sehe sie keinerlei Chance auf eine friedlichere Zukunft in der Region, sagte die Friedensaktivistin: "Es wurden in den Jahrzehnten wechselseitig so viele Ungerechtigkeiten begangen, dass die Bevölkerung mittlerweile viel zu sehr emotionalisiert ist." Besonders die internationale Gemeinschaft habe durch die ihre von Eigeninteressen geleitete Nahostpolitik in den vergangenen Jahren immer wieder Öl ins Feuer gegossen, anstatt an einer echten Lösung des Konflikts mitzuarbeiten. Eine Mitschuld an der Situation sehe sie auch am internationalen Diskurs über das Thema. "Ich würde mir wünschen, dass die Debatte mehr in die Tiefe geht und nicht nur einseitig an die Sache herangeht", beklagte Moreno.
Friedensprojekt seit 2002
Das "Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel" (EAPPI) ist eine Organisation des Weltkirchenrates mit Sitz in Genf. Es setzt sich vor Ort für ein friedliches Zusammenleben zwischen Palästinensern und Israelis ein. Seit seiner Gründung im Jahr 2002 haben sich bereits mehr als 1.500 Freiwillige aus aller Welt an verschiedenen Orten in Israel und Palästina für den Frieden eingesetzt. Die österreichische Koordination für EAPPI wird von der Diakonie Auslandshilfe, dem Internationalen Versöhnungsbund und der katholischen Friedensbewegung Pax Christi im Auftrag des ÖRKÖ gemeinsam getragen. Die Einsätze der "Ökumenischen Begleiter" erfolgen ehrenamtlich und werden durch Spenden finanziert.
Die freiwilligen Begleiter stünden weder auf der Seite der Palästinenser noch auf jener der Israelis, betonte der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, der im ÖRKÖ für das Begleitprogram zuständig ist: "Wir stehen auf der Seite jener, die sich für einen gerechten Frieden einsetzen und wir sind gegen jene, die das nicht wollen", versicherte er. Diese Trennlinie verlaufe quer durch die israelische und palästinensische Bevölkerung. Hennefeld sehe EAPPI als Möglichkeit, wie engagierte Zivilisten erfolgreich zur Deeskalation eines Konflikts beitragen könnten. Zentral sei der Schutz der Zivilbevölkerung. Dem schloss sich auch Irene Benitez Moreno an: "Es geht um Menschenrechte, da ist es ganz, egal welcher Bevölkerungsgruppe oder Nation die Betroffenen angehören."
(Infos: www.oekumene.at)
Quelle: kathpress