Ordensfrau Lea Ackermann: "Keine Frau macht das freiwillig"
In ihrem mehr als 30-jährigen Engagements für Prostituierte ist der deutschen Ordensfrau Sr. Lea Ackermann eines klar geworden: "Begleitet man sie über ein paar Jahre, erkennt man: Keine einzige Frau macht das freiwillig - keine einzige!" Das betonte die renommierte Frauenrechtsaktivistin bei ihrem Vortrag über "Handel mit Frauen und Kindern", den sie auf Einladung von "Missio St. Pölten" am Freitagabend im Bildungshaus St. Hippolyt hielt. Sämtliche Frauen, die in der Prostitution tätig sind, seien traumatisiert und krank - körperlich und seelisch. Prostitution sei "nur der Versuch zu überleben", erklärte Ackermann.
Die Trägerin des Augsburger Friedenspreises Sr. Lea Ackermann gründete 1985 die Hilfsorganisation "Solwodi" (Solidarity with Women in Distress), deren Mitarbeiterinnen versuchen, den Frauen Wege aus der Prostitution zu eröffnen, ihnen einen geschützten Rahmen anzubieten und sie auch psychisch zu stabilisieren. Frauen und Kinder erhalten Unterstützung beispielsweise bei Unterbringung, Wohnung, Arbeitssuche und Behördengängen. "Solwodi" betreibt derzeit eine Schutzwohnung in Wien und demnächst auch in Tirol sowie 18 Beratungsstellen und 7 Schutzwohnungen in Deutschland, eine Beratungsstelle in Rumänien sowie 34 Beratungsstellen und Projekte in Kenia.
Als Missionsschwester lernte Ackermann das Problem der Prostitution in Ruanda und Kenia kennen. In diesem "wunderbaren Urlaubsparadies" habe sie "auf die Palme gebracht", dass einheimische Mädchen ihren Körper an reiche Touristen verkaufen mussten. "Keinem dieser Mädchen und Frauen macht es Spaß, mit diesen Männern abzuziehen, sich Krankheiten einzufangen und oft nicht einmal Geld zu bekommen", so Ackermann.
Familien und Eltern in armen Ländern würden die Mädchen oft nicht bestärken, sie hätten "null Selbstbewusstsein" und würden daher leicht auf die Versprechungen von Menschenhändlern reinfallen. Notwendig sei "Empowerment", also die Ermächtigung der Frauen zu Selbstbewusstsein und Bildung, betonte Ackermann. "Solwodi" gehe dabei verschiedenste Wege, etwa den des Fußballspiels, durch das die Mädchen Werte wie Pünktlichkeit, Fairness und Teamgeist lernen würden. Oder: Viele Mädchen müssen in armen Ländern Wasser holen und können daher nicht zur Schule gehen. Daher brachte "Solwodi" das Wasser kurzerhand zu den Schulen. Wenn es Arbeitsplätze in Bäckereien oder Schulen gibt, würden die Frauen auch nicht nach Europa kommen wollen, wies die Ordensfrau hin.
Prostitutionsverbot wäre wichtiges Symbol
Sie forderte zugleich ein Verbot der Prostitution. Zwar sei auch der Diebstahl durch das Verbot nicht aus der Welt geschaffen worden, aber gesetzliches Vorgehen dagegen sei schon allein aufgrund der großen Symbolkraft sinnvoll. Ackermann kritisierte ihr Heimatland Deutschland, wo Sexarbeit quasi als Beruf angesehen werde, damit hätten sich die Bordelle und Laufhäuser massiv vermehrt.
Erschreckt habe Ackermann jüngst ein deutsches Gerichtsurteil gegen Menschenhändler: Ein Mädchen habe trotz großer Angst ausgesagt, wie sie in die Fänge dieser Verbrechern geriet, und beschrieb deren Machenschaften. Das für die Ordensfrau skandalöse Urteil: Die Verbrecher hätten nur eine Bewährungsstrafe ausgefasst.
Quelle: kathpress