Kirche muss "Web 2.0" stärker dialogisch nutzen
Das kirchliche Medienengagement hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark ausdifferenziert; den Sprung in eine wirklich "dialogische Nutzung" der neuen Möglichkeiten des "Social Web" habe die katholische Kirche jedoch erst in Ansätzen vollzogen: Das hat der Mainzer Kommunikationswissenschaftler und Leiter der Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz, Andreas Büsch, im "Kathpress"-Interview unterstrichen. Über lange Zeit habe das "klassische Paradigma der Massenmedien mit ihrem Sender-Empfänger-Schema" kirchlich gut funktioniert, so Büsch; mit dem "Social Web" bestehe nun jedoch die Chance, "dass Kirche als 'Communio' im Vollsinn wirklich zu sich kommen kann". Dazu sei es jedoch notwendig, "wirklich dialogisch zu kommunizieren" - da sei "noch viel Luft nach oben".
Dementsprechend halte er auch "kirchliche Insellösungen", wie sie etwa mit der Idee eines eigenen kirchlichen Fernsehsenders oder eines eigenen kirchlichen sozialen Netzwerkes kursierten, für "grundfalsch": Dies widerspreche schließlich dem Auftrag, als Christen dorthin zu gehen, wo sich die Menschen heute bewegen, sprich: in den Foren und Communitys. Dieser Auftrag, Kirche "dort lebendig werden zu lassen, wo die Menschen sind", sei bereits im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) deutlich formuliert worden - und sie werde auch von Papst Franziskus so weitergetragen, verwies Büsch auf die heurige Botschaft des Papstes zum 50. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel am 8. Mai.
Kirche kann Wertehorizont einbringen
Dabei gelte es laut Büsch, in diesen neuen medialen Lebenswelten als Kirche nicht nur präsent zu sein, sondern darüber hinaus auch den eigenen christlichen "Wertehorizont" einzubringen. Schließlich biete das christliche Menschenbild durchaus auch medienkritisches Potenzial, etwa wenn es darum geht, Kritik an einer reinen Ökonomisierung der Medien und der Kommunikationsformen zu formulieren. "Ich sehe einen großen Bedarf, in einer durchweg mediatisierten Gesellschaft den Menschen Begleitung anzubieten", so Büsch. Das wäre eine große Chance für die katholische Kirche, auf welches sie etwa durch den Ausbau des Feldes der Medienkompetenz-Vermittlung in den letzten Jahren reagiert habe.
Zugleich verwies der Medienexperte auf die "ungleichzeitige Entwicklung" in der Medienlandschaft: So werde es laut Büsch "sicherlich auch in zwanzig Jahren noch kirchliche Druckprodukte" wie Pfarrblätter oder Kirchenzeitungen geben - wenn diese sich auch voraussichtlich stark verändern werden. Die Herausforderung bestehe darin, die mit der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung einhergehende Pluralisierung der Lebenswelten auch medial zu bedienen. Anders gesagt: Die Umstellung auf digitale und soziale Medien wird nicht zu einer Abschaffung etwa der Kirchenzeitungen führen: "Es geht darum, das eine auch noch zu tun, ohne das andere aufzugeben", so Büsch - wiewohl er gerade beim Thema Kirchenzeitung Optimierungsbedarf etwa in Form von Kooperationen wie gemeinsamen "Mantel-Teilen" sehe.
Quelle: kathpress