Ökumenische Tagung über Seelsorge im städtischen Bereich
Noch bis Freitag findet in Linz die diesjährige Fachtagung der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft "Netzwerk Citykirche" statt. 95 Einrichtungen gehören dem Netzwerk in Österreich, Deutschland und der Schweiz an. 17 befinden sich in ökumenischer, 30 in evangelischer und 47 in katholischer Trägerschaft; eine Einrichtung wird von der altkatholischen Kirche betrieben. Bei der Tagung in Linz, die unter dem Motto "Kirche in der City zwischen Stahl und Elektronik" steht, sind 90 Einrichtungen vertreten, um sich über ihre Arbeit auszutauschen. Im Wesentlichen geht es um neue Formen der Seelsorge im städtischen Bereich, um Gesprächs-, Passanten- oder auch Orientierungsseelsorge.
"Oft bieten Citykirchenprojekte Begegnungsmöglichkeiten, etwa durch Cafés und offene, freundliche Räumlichkeiten. Viele Menschen haben gar nicht das Gefühl, in einer kirchlichen Einrichtung zu sein", so Hermann Merkle vom "Haus der Katholischen Kirche" in Stuttgart. Er äußerte sich bei einer Pressekonferenz in Linz am Rande der Tagung. In den meisten Citykirchenprojekten würden sehr viele Ehrenamtliche mitarbeiten, die für Gespräche zur Verfügung stehen. In vielen Citykirchenprojekten spielten zudem auch Veranstaltungen eine wesentliche Rolle, kulturelle wie spirituelle.
Viele Menschen in der Stadt seien nicht mehr selbstverständlich eingebunden in kirchliche Strukturen wie Gemeinden oder Verbände. Sie pflegten eher - wenn überhaupt - ein sporadisches Verhältnis zur Kirche. "Citykirchenprojekte sind eine Antwort auf diesen Lebensstil. Sie sind ein zusätzliches, punktuelles und schnelles Angebot zu anderen kirchlichen Einrichtungen wie Pfarrgemeinden", so Merkle.
"Aufs Wildeste beschimpft"
Der evangelische Pfarrer Heiko Kuschel berichtete vom Citykirchenprojekt im süddeutschen Schweinfurt: Mit einer so genannten Wagenkirche ziehen die beiden Seelsorger Heiko Kuschel (evangelische Citykirche) und Ulli Göbel (katholische Citypastoral) durch die Fußgängerzone in Schweinfurt. "Schnell mal Kirche" heißt das Motto. Mitten in der City machen sie Station und sind da "für die Menschen, die sich nicht unbedingt zu einer Kirchengemeinde zugehörig fühlen, sondern mal eben zum Shoppen reinfahren, oder die vielleicht auch hier wohnen, aber mit Kirche eigentlich wenig am Hut haben", so Kuschel.
Die Verantwortlichen verstünden das Projekt vor allem auch als "Kirche für die Menschen, die Fragen haben, denen ihr Glaube eher Probleme bereitet als sie zu stärken", erläuterte der evangelische Pfarrer. Ein kurzer Impuls der Seelsorger solle zu Gesprächen auf der Straße einladen. Erleben könne man dabei viel, so Kuschel: "Während mein Kollege von einem Passanten aufs Wildeste beschimpft wurde, erzählte mir ein Mann vom Tod seiner Verlobten."
Monika Udeani, Referentin für Citypastoral in Linz, unterstrich bei der Pressekonferenz die Grundsätze ihrer Arbeit: "Wir wollen Menschen begegnen. Wir gehen raus und sind da. Man muss als Mensch erlebbar sein. Und die anderen müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Wichtig ist: offen zu sein, für das, was kommt."
Einig waren sich die Referenten bei der Pressekonferenz darüber, dass für viele Menschen in der Stadt Konfessionen keine Rolle spielten. Wichtig sei, dass ihnen jemand zuhört - egal, ob evangelisch oder katholisch.
Citypastoral ist im Kontext verschiedener pastoraler Ansätze und Felder eine relativ junge Entwicklung. Vor rund 20 Jahren entstanden die ersten Einrichtungen. Citypastoral versteht sich als Antwort auf kirchliche und gesellschaftliche Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, auf die die traditionelle Gemeindepastoral nicht mehr angemessen reagieren kann.
Quelle: kathpress