Diözese Eisenstadt erntet Lob und Kritik
Vom ausdrücklichen Lob bis zur geharnischten Kritik reichen die Reaktionen auf das jüngste "Nein" der Diözese Eisenstadt zur Errichtung eines Grenzzauns zu Ungarn auf kirchlichem Grund. "Vom Liebesbrief bis zur Verwünschung war alles dabei", sagte Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics in einem Interview der Tageszeitung Kurier (Samstag-Ausgabe). Gerade viele, die sich von der Kirche bereits entfernt hatten, gäben Zuspruch, aber "viele fromme Katholiken legten eine unchristliche Wortwahl an den Tag, das sagt etwas über die Gesellschaft aus", wurde der Bischof, der auch Koordinator für Flüchtlingsfragen innerhalb der EU-Bischofskommission ComECE ist, von der Zeitung zitiert.
In dem Interview verteidigte Zsifkovics noch einmal seine Entscheidung. "Mit jeder Faser meines Körpers ist es mir unmöglich im 21. Jahrhundert die Zustimmung zu geben, um einen Zaun zu errichten", sagte er. Er sei selbst am Eisernen Vorhang aufgewachsen und habe mit seinem Großvater "die Demütigungen erlebt, die am Grenzübergang passiert sind". Das wünsche er niemand anderen.
"Ich habe immer erwähnt, dass auch die Heilige Familie eine Flüchtlingsfamilie war - wer das nicht versteht, lebt am Christentum vorbei", so Zsifkovics zum Kurier. Es herrsche ein regelrechter Fetisch um Zäune, "aber was sollen neun Kilometer Zaun aufhalten".
Dankschreiben "im Namen der Humanität"
Auch Diözesansprecher Dominik Orieschnig verteidigte am Wochenende das kirchliche Veto. Der Bau des Grenzzauns wäre ein "klarer Bruch mit der Botschaft der Kirche" und stehe im "Widerspruch mit dem Geist des Evangeliums", sagte er am Samstag in einem Radio-Vatikan-Interview. Gerade die Diözese Eisenstadt habe im vergangenen Jahr zahlreichen Schutzsuchenden, darunter vielen Kindern, Frauen, älteren und geschwächten Menschen, Hilfe, Solidarität und Betreuung zukommen lassen, so Orieschnig: "Es wäre jetzt in dieser Situation eigentlich pervers, auf kirchlichen Gründen einen Grenzzaun zuzulassen."
Die Entscheidung der Diözese habe zu zahlreichen Sympathiekundgebungen genauso wie Kritik geführt, berichtete auch Orieschnig. Er nannte exemplarisch ein Dankesschreiben eines vor Jahren aus der Kirche ausgetretenen Bürgers, der sich ausdrücklich "im Namen der Humanität und Mitmenschlichkeit" bedankte. Andererseits habe es auch einige "wütende Rückmeldungen von sogenannten Katholiken" gegeben, die sich in dieser Sache "äußerst unchristlich ausgedrückt" hätten.
Einmal mehr zeige sich somit die Flüchtlingskrise als eine "Feuerprobe für das Christentum", meinte der Sprecher. Sie zeige, wo es eine "wirklich christliche Haltung" gebe, die bereit sei, auch in schwierigen Situationen ein Ethos der christlichen Nächstenliebe, der Solidarität und Mitmenschlichkeit zu leben.
Das bedeute nicht, dass die Diözese kein Verständnis für Ängste und Sorgen der Menschen habe, betonte Orieschnig. Jedoch wäre es "kein christliches Zeichen", auf diese Ängste mit Zaun und Mauern zu reagieren. Es müsse andere christliche Antworten geben. Wenn Menschen den Geflüchteten von Angesicht zu Angesicht begegnen und der abstrakte "Flüchtlingsstrom" damit ein Gesicht und einen Namen erhielte, zeige sich, dass sich viele Ängste rasch verflüchtigen, so der Sprecher.
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die burgenländische Diözese das Ersuchen der Landespolizeidirektion zur Errichtung eines Grenzzauns auf pfarrlichen Gründen abgelehnt hat. Der von den Behörden geplante, mehrere Kilometer lange Zaun an der Grenze zu Ungarn wird deshalb mit einer Lücke bei Moschendorf entstehen. Gegen eine ebenfalls von der Polizei beantragten Errichtung von Containern inklusive Sanitäranlagen zur Unterbringung von Polizeibeamten für reguläre Grenzkontrollaufgaben hatte die Diözese nichts einzuwenden.
Quelle: kathpress