Immer mehr Österreicher "vererben gemeinnützig"
Immer mehr Österreicher "vererben gemeinnützig" oder beabsichtigen dies nach ihrem Ableben. Fast 55 Millionen Euro - und damit jeder zehnte Spendeneuro - gehen mittlerweile via Testamentsspenden an gemeinnützige Organisationen wie wie Caritas, Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen oder den WWF. Diese Zahlen für das Jahr 2015 gab am Dienstag der Geschäftsführer des Fundraising Verbands Austria, Günther Lutschinger, bekannt. Er ist zugleich Initiator von "Vergissmeinnicht.at - Die Initiative für das gute Testament", die Menschen dabei unterstützt, dass diese "auch über ihren Tod hinaus Gutes tun können". Als Zeichen des Danks an diese Spender pflanzte "Vergissmeinnicht.at" anlässlich eines Pressegesprächs im Wiener Volksgarten symbolisch Vergissmeinnicht-Pflanzen.
Wie Lutschinger mitteilte, wird die Spendenform via Testament bei den Österreichern immer beliebter. "Rund 14 Prozent der Österreicher über 40 Jahren können sich laut einer aktuellen Umfrage vorstellen, neben ihren Angehörigen eine gemeinnützige Organisation im Testament zu bedenken, 2012 waren es noch acht Prozent."
Die häufigsten Motive dafür nannte Herbert Rechberger, Nationaldirektor von "Kirche in Not": Identifikation mit den Anliegen der oft schon zu Lebzeiten unterstützten Organisation sowie der Wunsch, der Gesellschaft nach dem Tod etwas zurückgeben zu können bzw. positiv in Erinnerung zu bleiben. "Manche unserer Testamentsspender mögen auch auf einen besseren Platz im Himmel hoffen. Das können wir nicht garantieren - aber einen versuch ist es wert", scherzte Rechberger. "Kirche in Not" halte die Spender in Ehren: Im Vorzimmer der kirchlichen NGO in der Hernalser Hauptstraße seien deren Namen und ihr Sterbedatum auf Holzplättchen vermerkt, die wie Blätter eines erweiterbaren Baumes angebracht wurden, erzählte Rechberger.
Plafond noch lange nicht erreicht
Welche Möglichkeiten es beim Vererben gibt und welche rechtlichen Aspekte zu beachten sind, wissen allerdings noch viel zu wenige Menschen, wies Günther Lutschinger hin. Nur 15 Prozent der Österreicher regeln ihr Testament, bei den über 60-jährigen sind es 35 Prozent. Viele verlassen sich auf die gesetzliche Erbregelung, für deren Abänderung aber ein gültiges Testament erforderlich ist. "Mit Vergissmeinnicht.at möchten wir daher ein neutrales Informationspaket bieten", erklärte Lutschinger.
Der Plafond für diese Art des Spendens ist jedenfalls noch lange nicht erreicht: Der Fundraising-Experte nannte 15 Milliarden Euro, die im Jahr 2014 in Österreich von einer Generation an die nächste vererbt wurden. Diese Summe wird sich laut Fachleuten bis zum Jahr 2050 verdoppeln.
Für kinderlose Spender spielt eine Rolle, dass bei Nichtvorliegen eines Erben der Staat alles erbt, wie die Testamentsspenderin Marianne Händschke beim Pressegespräch erläuterte. Sie möchte ihre "Dankbarkeit für das, was ich in meinem Leben geschafft habe", dadurch ausdrücken, dass nach ihrem Tod "Menschen für Menschen" sowie eine Umweltorganisation mit Erbschaften bedacht werden. "Ich will selber bestimmen, was mit meinem Vermögen nach meinem Tod passiert", sagte Händschke. "Wenn man das nicht selber regelt, geht ja alles an den Staat. Das möchte ich nicht."
Auch zahlreiche kirchliche NGOs
"Vergissmeinnicht.at - Die Initiative für das gute Testament" vereint 70 österreichische gemeinnützige Organisationen - darunter zahlreiche kirchliche wie Caritas, Missio, das Canisiuswerk, die Katholische Frauenbewegung, CSI und "Jugend Eine Welt". Zusammen mit dem Träger der Initiative, dem Fundraising Verband Austria, und Kooperationspartnern wie der Österreichischen Notariatskammer wollen sie die österreichische Bevölkerung über die Möglichkeit informieren, im Testament neben Angehörigen auch eine gemeinnützige Organisation zu berücksichtigen. Dahinter stehe die "gemeinsame Überzeugung, dass man mit einem Vermächtnis für den gemeinnützigen Zweck über das Leben hinaus Gutes tut".
Auf das enorme Interesse an diesem Thema reagiert die Caritas Wien mit regelmäßigen Informationsveranstaltungen im Curhaus (Stephansplatz 3, 1010 Wien), wo man sich unverbindlich zu Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Testament informieren kann: Die nächste am Dienstag, 19. April, ist bereits ausgebucht; eine weitere findet am 10. Mai 2016 ab 17 Uhr statt (Anmeldung unter Tel.: 01/878.12-235 oder E-Mail: anmeldung@caritas-wien.at)
(Info: www.vergissmeinnicht.at)
Quelle: kathpress