Aufregung um katholisches EU-Magazin "EuropeInfos"
Aufregung gibt es um "EuropeInfos", das in Brüssel erscheinende monatliche Online-Magazin der Kommission der katholischen EU-Bischofskonferenzen (ComECE). Auf Druck der beiden nationalen Bischofskonferenzen mussten die Verantwortlichen zuletzt zwei Artikel zur Lage in Polen und in Ungarn wieder von der Website nehmen. Im ersten wurde die Warschauer Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) kritisiert, im zweiten setzte sich der Wiener Philosoph und Theologe Hans Schelkshorn kritisch mit der Ideologie der Regierung von Viktor Orban auseinander. Die Dekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät in Wien, Sigrid Müller, spricht im Zusammenhang mit der Löschung des Schelkshorn-Textes nun von Zensur.
Die Causa ist bisher einzigartig in der Geschichte des katholischen EU-Magazins, das vom ComECE-Sekretariat und dem "Europäischen Sozialzentrum der Jesuiten (JESC)" herausgegeben wird und EU-Themen aus christlicher Perspektive beleuchtet. Mit der Februar-Ausgabe startete "EuropeInfos" eine Serie zu osteuropäischen Ländern. "Ziel der Serie war es, durch Artikel mit pointierten Meinungen einen Dialog anzustoßen", erklärte P. Martin Maier SJ, einer der beiden Chefredakteure, in einem Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur KNA. Die ersten beiden Artikel in der Reihe behandelten aktuelle Entwicklungen in Polen und Ungarn.
In dem Text über Polen drückte der Vorsitzende der polnischen Verlagsgruppe Znak, Henryk Wozniakowski, seine Besorgnis über die seit vergangenem Herbst amtierende PiS-Regierung aus. Er sieht den Versuch, die Macht zu zentralisieren, sie von Verfassungsgarantien zu lösen und die Kontrolle über alle öffentlich-rechtlichen Medien zu erlangen. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski scheine ein "treuer Jünger" des Staatsrechtlers Carl Schmitt (1888-1985) zu sein, einem "Verfechter des politischen Dezisionismus, der den individuellen Willen der politischen Autorität über das Gesetz stellt", schrieb Wozniakowski.
Die Polnische Bischofskonferenz forderte daraufhin ComECE-Generalsekretär Patrick Daly in einem Offenen Brief auf, den Artikel zurückzuziehen. Der Text sei nicht objektiv und spiegele die subjektive Meinung des Autors wider. Er betrachte die Veröffentlichung als "Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Polen", betonte der Generalsekretär der Polnischen Bischofskonferenz, Artur Mizinski, in seinem Brief, der in polnischer wie in englischer Sprache auch auf der Website der polnischen Bischöfe veröffentlicht wurde. Intern habe die Polnische Bischofskonferenz nach Informationen der französischen Zeitung "La Croix" gar mit dem Austritt aus der ComECE gedroht.
"EuropeInfos" löschte daraufhin den Artikel und ersetzte ihn auf dem Online-Auftritt des Magazins durch den rot markierten Text: "Auf ausdrücklichen Wunsch der Polnischen Bischofskonferenz hat 'EuropeInfos' den Artikel von der Website zurückgezogen."
In dem Text über Ungarn setzte sich der Religionsphilosoph Schelkshorn kritisch mit der "Ideologie der Neuen Rechten in Ungarn" auseinander, die seiner Ansicht nach die "rechtsstaatliche, den universalen Menschenrechten verpflichtete Demokratie von innen her bedroht". Schelkshorn hinterfragt darin u.a. die Präambel der ungarischen Verfassung, in der mit dem "Mythos einer christlichen Nation" argumentiert wird. Die Orban-Regierung benütze diese Präambel, um gegen oppositionelle Gruppen vorzugehen, "die für eine andere Idee der Nation eintreten". Ihre "völkisch motivierte Abgrenzung" verbinde sie zudem nahtlos "mit Gesten der Verachtung und Demütigung" gegen muslimische Flüchtlinge. Ausdrücklich verwies Schelkshorn auch auf die Unterstützung dieses "christlichen Postfaschismus" durch die ungarischen Kirchen.
Wenige Tage nach der Intervention der Polnischen meldete sich dann auch die Ungarische Bischofskonferenz bei "EuropeInfos" und verlangte die Löschung des ungarnkritischen Artikels. Auf der Magazin-Website steht nun auch an dieser Stelle der rote Text.
Konkrete Gründe für ihre Forderung habe auch die Ungarische Bischofskonferenz nicht genannt, sagte "EuropeInfos"-Chefredakteur Maier der KNA. "Wir hätten Gründe erwartet, warum diese beiden Artikel zurückgezogen werden sollen." Wenn ein Artikel Fehler enthalte, dann könnten diese richtiggestellt werden. In diesem Fall hätten beide Bischofskonferenzen aber keine konkreten Fehler benannt: "Es ist eine sehr pauschale Abqualifizierung."
Wiener Theologische Fakultät: Zensur
Deutlich schärfer reagiert die Spitze der Katholisch-Theologischen Fakultät in Wien in einer "Stellungnahmen zur Zensur" des Artikels von Schelkshorn. Sein Ungarn-Beitrag weise darauf hin, dass ein demokratischer Rechtstaat nicht auf ethnischen Prinzipien basieren könne, sondern auf der Universalität der Menschenrechte gründe, betont Dekanin Müller. "Falls katholische Bischöfe in Europa der Politik der völkischen Ideologie der Neuen Rechten tatsächlich Rückendeckung geben sollten, würden sie dadurch den universalen Charakter der katholischen Kirche verraten. Dies aber wäre nicht hinzunehmen", heißt, es in der auch vom Vizedekan der Wiener theologischen Fakultät, Jan-Heiner Tück, unterzeichneten Stellungnahme.
"EuropeInfos"-Chefredakteur Maier betont jedenfalls, dass die Meinung der Autoren grundsätzlich nicht die Meinung der Herausgeber widerspiegeln müsse. In den redaktionellen Leitlinien des Magazins, die bereits 20 Jahre gültig sind, heißt es auch: "'EuropeInfos' nimmt sich die Freiheit, Entscheidungen von Mitgliedstaaten zu kritisieren, die grundlegende Werte Europas infrage stellen."
Für den Jesuiten ist klar: "Wenn Artikel zurückgezogen werden müssen, dann wird Dialog abgewürgt - und das halte ich für problematisch." Die Serie zu osteuropäischen Ländern soll trotzdem weiterlaufen. Im März sind Artikel zu Tschechien und zur Slowakei geplant (www.europe-infos.eu).
Die Causa ist bisher einzigartig in der Geschichte des katholischen EU-Magazins, das vom ComECE-Sekretariat und dem "Europäischen Sozialzentrum der Jesuiten (JESC)" herausgegeben wird und EU-Themen aus christlicher Perspektive beleuchtet. Mit der Februar-Ausgabe startete "EuropeInfos" eine Serie zu osteuropäischen Ländern. "Ziel der Serie war es, durch Artikel mit pointierten Meinungen einen Dialog anzustoßen", erklärte P. Martin Maier SJ, einer der beiden Chefredakteure, in einem Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur KNA. Die ersten beiden Artikel in der Reihe behandelten aktuelle Entwicklungen in Polen und Ungarn.
In dem Text über Polen drückte der Vorsitzende der polnischen Verlagsgruppe Znak, Henryk Wozniakowski, seine Besorgnis über die seit vergangenem Herbst amtierende PiS-Regierung aus. Er sieht den Versuch, die Macht zu zentralisieren, sie von Verfassungsgarantien zu lösen und die Kontrolle über alle öffentlich-rechtlichen Medien zu erlangen. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski scheine ein "treuer Jünger" des Staatsrechtlers Carl Schmitt (1888-1985) zu sein, einem "Verfechter des politischen Dezisionismus, der den individuellen Willen der politischen Autorität über das Gesetz stellt", schrieb Wozniakowski.
Die Polnische Bischofskonferenz forderte daraufhin ComECE-Generalsekretär Patrick Daly in einem Offenen Brief auf, den Artikel zurückzuziehen. Der Text sei nicht objektiv und spiegele die subjektive Meinung des Autors wider. Er betrachte die Veröffentlichung als "Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Polen", betonte der Generalsekretär der Polnischen Bischofskonferenz, Artur Mizinski, in seinem Brief, der in polnischer wie in englischer Sprache auch auf der Website der polnischen Bischöfe veröffentlicht wurde. Intern habe die Polnische Bischofskonferenz nach Informationen der französischen Zeitung "La Croix" gar mit dem Austritt aus der ComECE gedroht.
"EuropeInfos" löschte daraufhin den Artikel und ersetzte ihn auf dem Online-Auftritt des Magazins durch den rot markierten Text: "Auf ausdrücklichen Wunsch der Polnischen Bischofskonferenz hat 'EuropeInfos' den Artikel von der Website zurückgezogen."
In dem Text über Ungarn setzte sich der Religionsphilosoph Schelkshorn kritisch mit der "Ideologie der Neuen Rechten in Ungarn" auseinander, die seiner Ansicht nach die "rechtsstaatliche, den universalen Menschenrechten verpflichtete Demokratie von innen her bedroht". Schelkshorn hinterfragt darin u.a. die Präambel der ungarischen Verfassung, in der mit dem "Mythos einer christlichen Nation" argumentiert wird. Die Orban-Regierung benütze diese Präambel, um gegen oppositionelle Gruppen vorzugehen, "die für eine andere Idee der Nation eintreten". Ihre "völkisch motivierte Abgrenzung" verbinde sie zudem nahtlos "mit Gesten der Verachtung und Demütigung" gegen muslimische Flüchtlinge. Ausdrücklich verwies Schelkshorn auch auf die Unterstützung dieses "christlichen Postfaschismus" durch die ungarischen Kirchen.
Wenige Tage nach der Intervention der Polnischen meldete sich dann auch die Ungarische Bischofskonferenz bei "EuropeInfos" und verlangte die Löschung des ungarnkritischen Artikels. Auf der Magazin-Website steht nun auch an dieser Stelle der rote Text.
Konkrete Gründe für ihre Forderung habe auch die Ungarische Bischofskonferenz nicht genannt, sagte "EuropeInfos"-Chefredakteur Maier der KNA. "Wir hätten Gründe erwartet, warum diese beiden Artikel zurückgezogen werden sollen." Wenn ein Artikel Fehler enthalte, dann könnten diese richtiggestellt werden. In diesem Fall hätten beide Bischofskonferenzen aber keine konkreten Fehler benannt: "Es ist eine sehr pauschale Abqualifizierung."
Wiener Theologische Fakultät: Zensur
Deutlich schärfer reagiert die Spitze der Katholisch-Theologischen Fakultät in Wien in einer "Stellungnahmen zur Zensur" des Artikels von Schelkshorn. Sein Ungarn-Beitrag weise darauf hin, dass ein demokratischer Rechtstaat nicht auf ethnischen Prinzipien basieren könne, sondern auf der Universalität der Menschenrechte gründe, betont Dekanin Müller. "Falls katholische Bischöfe in Europa der Politik der völkischen Ideologie der Neuen Rechten tatsächlich Rückendeckung geben sollten, würden sie dadurch den universalen Charakter der katholischen Kirche verraten. Dies aber wäre nicht hinzunehmen", heißt, es in der auch vom Vizedekan der Wiener theologischen Fakultät, Jan-Heiner Tück, unterzeichneten Stellungnahme.
"EuropeInfos"-Chefredakteur Maier betont jedenfalls, dass die Meinung der Autoren grundsätzlich nicht die Meinung der Herausgeber widerspiegeln müsse. In den redaktionellen Leitlinien des Magazins, die bereits 20 Jahre gültig sind, heißt es auch: "'EuropeInfos' nimmt sich die Freiheit, Entscheidungen von Mitgliedstaaten zu kritisieren, die grundlegende Werte Europas infrage stellen."
Für den Jesuiten ist klar: "Wenn Artikel zurückgezogen werden müssen, dann wird Dialog abgewürgt - und das halte ich für problematisch." Die Serie zu osteuropäischen Ländern soll trotzdem weiterlaufen. Im März sind Artikel zu Tschechien und zur Slowakei geplant (www.europe-infos.eu).
Quelle: kathpress