Kirchenexperten drängen auf EU-weites Verbot
Mit Nachdruck drängen kirchliche Experten die Politik dazu, sich für ein internationales Verbot von Leihmutterschaft einzusetzen. "Österreichs Abgeordnete im Europarat müssen für ein Verbot auf nationaler und internationaler Ebene stimmen, das hier zur Diskussion steht, auch wenn der Entscheid noch keine bindende Wirkung hat", so der Appell von Stephanie Merckens, Lebensschutz-Referentin beim Institut für Ehe und Familie (IEF) der Bischofskonferenz und Mitglied der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt, am Freitag gegenüber "Kathpress". Erst am Donnerstag hatte der Europarats-Sozialausschuss eine mögliche Weichenstellung für eine Aufweichung bestehender nationaler Verbote von Leihmutterschaft vorgenommen.
Die derzeit in vielen Ländern - darunter Österreich - bestehenden nationalen Verbote der Leihmutterschaft drohten zunehmend ausgehöhlt zu werden, warnte Merckens: Sowohl im Europarat als auch bei der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht werde momentan eine Standardisierung des globalen Geschäfts mit der Methode geplant, und zwar "völlig abseits von einer breiten öffentlichen Diskussion". Verhindern könne man die "frauen- und kinderverachtende Praxis" jedoch niemals durch Standardisierung, sondern nur durch Verbote, betonte die Juristin.
Beim ersten Anlauf für einen Entschließungsantrag zur Leihmutterschaft war es im November im Sozialausschuss des Europarates zum Eklat gekommen. Es sollte der Bericht "Menschenrechte und ethische Fragen im Zusammenhang mit Leihmutterschaft" verabschiedet werden, doch dies erfolgte nicht. Stattdessen wurde die Sitzung vertagt, weil sich herausstellte, dass die Berichtsverfasserin Petra de Sutter selbst ins Geschäft der Leihmutterschaft involviert war. Die belgische Grün-Abgeordnete ist Vorsitzende der Abteilung für Reproduktionsmedizin an der Universitätsklinik Gent, das als eines von vier belgischen Krankenhäusern Leihmutterschaft anbietet, obwohl der Rechtsrahmen dafür fehlt.
Man wollte in Folge prüfen, ob de Sutter wegen Unvereinbarkeiten und Interessenskonflikten als Berichterstatterin abzusetzen sei. Der Sozialausschuss sprach sich jedoch am Donnerstag mit 21 zu 17 Stimmen zugunsten de Sutters aus - "wobei man nicht darüber abstimmte, ob Konflikte vorliegen, sondern ob die Frage nach Interessenskonflikten überhaupt gestellt werden sollte; das Votum war zudem nicht anonym, sondern öffentlich per Hand", berichtete Merckens, die das Vorgehen als "formalistischen Trick" bezeichnete: Es sei kritischen Abgeordneten gar nicht möglich gewesen dazulegen, warum ein Interessenskonflikt bestehen könnte. Über den eigentlichen Berichtsinhalt wird in Paris erst am 15. März gesprochen.
Die Juristin vom Institut für Ehe und Familie zeigte sich "erstaunt" über den Umgang des Europarates in heiklen Angelegenheiten mit eigenen Richtlinien für Transparenz und Interessenskonflikte. Denen zufolge dürfe niemand als Berichterstatter eingesetzt werden, der an der behandelten Materie selbst Interesse habe - "und das war bei de Sutter eindeutig gegeben", betonte Merckens. Die Abstimmung vom Donnerstag sei jedenfalls "keine vertrauensbildende Maßnahme" gewesen.
Klare österreichische Position
Vehementer Einsatz von Österreichs EU-Vertretern für ein Verbot der Leihmutterschaft sei bereits aufgrund der Stellungnahmen der nationalen Politik eine Notwendigkeit, so Merckens, die hier auf die Position von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser verwies: Leihmutterschaft müsse weiterhin verboten bleiben, hatte die SP-Ministerin im Rahmen der Debatte um das Fortpflanzungsmedizingesetz im Gesundheitsausschuss vom Dezember 2014 klargestellt. Gleichermaßen habe sich auch die Bioethikkommission im Bundeskanzleramt einstimmig ausgesprochen, erinnerte Merckens, die selbst der Kommission angehört.
Zumindest das EU-Parlament hat sich bereits klar für ein Verbot ausgesprochen: Im Dezember wurde bei einer Menschenrechts-Stellungnahme die "Ersatzmutterschaft" als "Herabsetzung der Menschenwürde von Frauen" bezeichnet. Der Körper der Frau und ihre reproduktiven Funktionen würden dadurch "als Ware genutzt werden", hieß es im Entschließungsantrag des Berichterstatters Cristian Dan Preda (EVP). Leihmutterschaft, die besonders Frauen in Entwicklungsländern betreffe, stelle demnach reproduktive Ausbeutung dar. Ein internationales Verbot sei anzustreben. Völkerrechtlich wäre ein allgemeines Verbot der Leihmutterschaft und des Verkaufs von Kindern in Europa laut Experteneinschätzungen möglich.
Front gegen Leihmutterschaft formiert sich
Inzwischen formiert sich auf Europaebene eine Front gegen das globale Geschäft rund um Leihmutterschaft, die quer durch alle Weltanschauungen geht: Bei einer internationalen Tagung in der Pariser Nationalversammlung am 2. Februar zur Kampagne "Stop Surrogacy Now" werden als Referentinnen auch die Feministin Alice Schwarzer, die Schweizer Politologin Regula Stämpfli und die schwedische Feministin Kajsa Ekis Ekman erwartet. Aus Österreich ist die Autorin und Journalistin Eva Maria Bachinger eingeladen.
Auch in Österreich kommen die warnenden Gegenstimmen aus verschiedensten ideologischen Ecken. Sie reichen von Susanne Kummer vom kirchlichen Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) über Klaus Vavrik, den Präsidenten der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit, bis hin zur KP-nahen Sozialwissenschaftlerin und Publizistin Lisbeth Trallori.
Als Gründe gegen Leihmutterschaft werden vor allem die in der Kinderrechtskonvention verbrieften Rechte der Kinder angeführt, nicht gegen Geld gehandelt zu werden und über die eigene Herkunft und Entstehung zu wissen. Weitere Gründe sind die Verletzung der Würde und Integrität der Frau durch die Instrumentalisierung ihres Körpers, die vor allem in ärmeren Ländern zur Ausbeutung führt; Risiken durch die nötigen Hormonstimulationen; die bei Leihmutterschaft nötige Distanzerzeugung zwischen Schwangerer und Ungeborenen, die allen Erkenntnissen pränataler Forschung widerspricht; schließlich auch die häufigeren psychischen Beeinträchtigungen bei Frau und Kind.
Quelle: kathpress