Klasnic-Kommission bei Papst-Generalaudienz
Papst Franziskus hat bei der Generalaudienz am Mittwoch alle Mitglieder der Unabhängigen Opferschutzkommission in Österreich empfangen. Die Kommission, die für die Aufarbeitung von Fällen von sexuellem Missbrauch und Gewalt im kirchlichen Bereich zuständig ist, wurde von Kardinal Christoph Schönborn und dem Bischof von St. Pölten, Klaus Küng, begleitet. In einer persönlichen Begegnung mit dem Papst nach der Generalaudienz konnte die Kommission mit Waltraud Klasnic an der Spitze über ihre Tätigkeit in den sechs Jahren ihres Bestehens berichten, wo rund 1.600 Fälle entschieden wurden. "Die Kommission hat Papst Franziskus für seine klare Haltung in der Missbrauchsthematik gedankt und ihn in der Aufarbeitung bestärkt", so der Kommissionssprecher, Herwig Hösele, im Interview mit "Kathpress".
Bei seinen Worten an die deutschsprachigen Pilger, von denen die Klasnic-Kommission als einzige Gruppe eigens erwähnt wurde, sagte Franziskus auf dem gut besuchten Petersplatz: "Der Herr verlässt uns nie. Lassen wir uns von seiner barmherzigen Liebe umwandeln, um echte Kinder Gottes zu sein. Von Herzen segne ich euch alle."
Beim anschließenden Treffen mit allen Mitgliedern der Opferschutzkommission wurde dem Papst eine Studie überreicht, die unter dem Titel "Missbrauch und Gewalt" die kirchlichen Fälle wissenschaftlich aufgearbeitet hat. "Wir haben dem Papst für seine klaren Entscheidungen gedankt und dabei vor allem die Arbeit der vatikanischen Missbrauchskommission und des kirchlichen Kinderschutzzentrums an der Gregoriana hervorgehoben", so Hösele. Die Kirche dürfe nicht nachlassen in der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle und müsse die "Prävention stärken", wurde im Gespräch seitens der Klasnic-Kommission betont.
Nach der Papstaudienz traf die Opferschutzkommission am Nachmittag den Leiter des Kinderschutzzentrums an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, Pater Hans Zollner SJ. Für Donnerstag ist dann eine Begegnung mit dem Leiter der Glaubenskongregation, Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller vorgesehen. Die Glaubenskongregation ist für alle Missbrauchsfälle zuständig, in die Priester involviert sind. Zudem müssen die Bischofskonferenzen ihre Regelungen im Umgang mit Missbrauchsfällen von der Glaubenskongregation genehmigen lassen.
Die Unabhängige Opferschutzkommission konstituierte sich im April 2010 nachdem Waltraud Klasnic von Kardinal Christoph Schönborn ersucht wurde, die Aufgabe als Unabhängige Opferschutzanwältin zu übernehmen. In der Folge stellte Klasnic in Eigenregie ein Kommission zusammen.
Mitglieder der Kommission sind die Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes, Brigitte Bierlein, der Präsident der Opferhilfsorganisation "Weißer Ring", Udo Jesionek, die frühere Präsidentin des Berufsverbandes Österreichischer Psychologinnen und Psychologen, Ulla Konrad, der Psychiater und Neurologe Reinhard Haller sowie der langjährige frühere Präsident des Wiener Stadtschulrates und Restitutionsbeauftragte der Stadt Wien, Kurt Scholz. Auch der ehemalige Leiter der Abteilung für Jugendpsychiatrie der Landesnervenklinik in Linz, Werner Leixnering, die Richterin am Oberlandesgericht Graz und Mitbegründerin des "Forums gegen Sexuellen Missbrauch", Caroline List, sowie der Publizist und frühere Vorsitzende der Plattform "Wir sind Kirche", Hubert Feichtlbauer, sind Kommissionsmitglieder.
Österreichisches Modell weltweit vorbildlich
Dass die kirchliche Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in Österreich auch weltweit als vorbildlich gilt, hat kürzlich Pater Hans Zollner als Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission hervorgehoben. Das österreichische Modell sei "hervorragend und hat exemplarischen Charakter" sagte der Leiter des Kinderschutzzentrums an der Gregoriana in Rom bei einem Expertengespräch im September in Wien.
Der Jesuit würdigte die klare Vorgangsweise und das strukturierte Zusammenwirken der weisungsfreien diözesanen Ombudsstellen mit der "Unabhängigen Opferschutzkommission" ("Klasnic-Kommission") und der kirchlichen "Stiftung Opferschutz". Positiv sei der praktizierte Mix aus Zuhören, Therapie und finanzieller Hilfe. "Es ist zu wünschen, dass dieses Beispiel Schule macht, auch wenn es nicht eins zu eins in anderen Ländern umsetzbar ist", so Zollner damals.
Quelle: kathpress