Kirche übt Kritik an Debatte um Flüchtlingsobergrenze
Scharfe Kritik an der von der Regierung am Mittwoch festgelegten Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen kommt von der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ). Präsidentin Gerda Schaffelhofer sprach in einer Aussendung von einem "kläglichen Versagen" und einem "Wettlauf um die Krone der Nicht-Solidarität". Wörtlich hielt sie fest: "Wenn Europa in Sachen Menschlichkeit und gemeinsamer Asylpolitik versagt, ist das keine Rechtfertigung für Österreich, auch zu versagen".
Beim Asylgipfel in Wien haben Regierung und Landeshauptleute beschlossen, 2016 nur noch 37.500 Asylwerber aufzunehmen. Bundeskanzler Werner Faymann sprach von einem "Richtwert", Vizekanzler Reinhold Mitterlehner von einer "Obergrenze". Die "Richtlinie" für 2017 liegt bei 35.000 Asylwerbern, die für 2018 bei 30.000. Für Bis 2019 soll die Zahl schließlich auf 25.000 Asylwerber sinken. In Summe wären das bis dahin also 127.500 Asylwerber - dies entspricht etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung.
Der genannte Wert von durchschnittlich rund 30.000 bis 35.000 Asylwerbern pro Jahr sei in etwa die Zahl an Asylwerbern, die es in Österreich vor 2015 auch schon gab, bemerkte Schaffelhofer dazu:
Wir können doch nicht so tun, als gäbe es im Nahen und Mittleren Osten keinen Krieg und Terror mehr und als seien die Millionen Menschen, die darunter leiden und ihr Leben und ihre Existenz retten wollen, nicht mehr da.
Auf europäischer Ebene wäre es gerade jetzt wichtig, weiterhin gemeinsam mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine christliche Flüchtlingspolitik zu kämpfen. Die jetzigen Pläne der österreichischen Regierung würden Merkel im Regen stehen lassen. Schaffelhofer:
Wo bleibt das 'C' in der Politik der ÖVP? Und wo ist das Bekenntnis des Bundeskanzlers geblieben, Europa gemeinsam mit Merkel wachrütteln anstatt Zäune hochziehen zu wollen?
Das jetzige Vorgehen der hiesigen Regierung mache alle Anstrengungen zunichte, die bisher auf europäischer Ebene erreicht wurden, warnte die KA-Präsidentin.
Wenn die wohlhabenden Länder die Grenzen dichtmachen, würden sie den ärmeren Ländern im Süden noch mehr Lasten der Flüchtlingskrise aufbürden. Gleichzeitig versage der Westen wie auch Österreich im Besonderen kläglich mit der Hilfe in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Die Forderung der österreichischen Regierung nach mehr Unterstützung für die Herkunftsländer sei ein "reines Lippenbekenntnis", kritisierte die KA-Präsidentin, denn gleichzeitig habe die Regierung für 2016 die Entwicklungshilfegelder weiter gekürzt.
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Scharfe Kritik an der von Regierung und Landeshauptleuten am Mittwoch beschlossenen Obergrenze für Asylwerber kam auch vom Integrationsbeauftragten der Diözese Graz-Seckau, Erich Hohl. Österreich dürfe sich nicht einseitig von der 1951 beschlossenen Genfer Flüchtlingskonvention verabschieden, forderte Hohl. Jeder Mensch habe in jedem Land das Recht auf Asyl, wenn er persönlich verfolgt wird. Es sei Aufgabe der Politik, in der Asyl- und Flüchtlingsfrage gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Problematisch aus christlicher Sicht werde es dann, "wenn Menschen als Nummern behandelt werden". Vorhaben wie die Errichtung von Anhaltelagern an den Staatsgrenzen oder die Reduktion von Hilfeleistungen seien zudem keine Lösung, "sondern verschärfen die prekäre Situation von auf der Flucht befindlichen Menschen".
Grenzen bei Flüchtlingsaufnahme vertretbar
Eine andere Position vertrat zuletzt AKV-Präsident Helmut Kukacka. Er hält eine "offene Diskussion über Höchstgrenzen bei der Aufnahme von Asylwerbern für sachlich gerechtfertigt und ethisch vertretbar".
Österreich sei als eines der wirtschaftlich leistungsfähigsten Länder in Europa an seine finanziellen, sozialen und kulturellen Belastungsgrenzen gekommen, diagnostizierte der frühere ÖVP-Staatssekretär. Bei einer verantwortlichen Bewältigung der Flüchtlingsfrage könne sich eine Regierung deshalb "nicht ausschließlich von einer idealistischen Gesinnungsethik" leiten lassen. Vielmehr müsse sie sich "an einer realistischen Verantwortungsethik orientieren", welche die gesellschaftlich erwartbaren Folgen dieser Entwicklung entsprechend berücksichtigt, stellte Kukacka fest.
Die Kritik, dass eine solche Begrenzungspolitik nicht mit christlichen Werten vereinbar sei, würde sich vor der Tatsache verschließen, dass mit einem unkontrollierten Zustrom von Asylwerbern der gesamte Staat und auch das Gemeinwohl überfordert sein würden.
Erst recht nicht christlich ist es, wenn in den Heimatländern der Flüchtlinge der Eindruck entsteht, in Österreich werden ihnen paradiesische Zustände verheißen, um sie am Ende dann doch zu enttäuschen.
heißt es in der AKV-Stellungnahme vom 23. Jänner. Es müssten deshalb klare Prioritäten und Kriterien gesetzt werden, welche Flüchtlinge besonders schutzbedürftig sind, stellte Kukacka fest.
Kardinal Schönborn zum Thema Nächstenliebe
Mit einer klaren Stellungnahme hat Kardinal Christoph Schönborn auf Aussagen von Bundespräsidentschaftskandidat Andreas Khol zum Begriff "Nächstenliebe" reagiert. "Ich gebe dem Politiker Recht: Charity begins at home - Liebe beginnt zu Hause. Wo ich aber dem Politiker widerspreche: 'Nächstenliebe' im Sinne Jesu meint eindeutig Zuwendung zu dem, der gerade in Not ist", schrieb der Wiener Erzbischof in seiner Kolumne in der Gratiszeitung "Heute" am Freitag.
Schönborn verwies auf das biblische "Gleichnis vom barmherzigen Samariter". Zur Nächstenliebe, für Jesus das "höchste, erste und wichtigste Gebot", habe dieser auf die Frage, wer der "Nächste" sei, "freilich eine andere Antwort gegeben hat": Es gehe um den, "der gerade in Not ist". Nächstenliebe praktiziere daher, "wer nicht wegschaut, wenn andere Hilfe brauchen - egal, wie nahe oder fern sie mir stehen", so der Kardinal.