Maria-Namen-Feier im Zeichen der Flüchtlingskrise
"Wir müssen die Herzen und die Türen öffnen". Mit diesem Appell richtete sich der Salzburger Erzbischof Franz Lackner zum Auftakt der Maria-Namen-Feierlichkeiten am Samstagnachmittag an hunderte Gläubige, die in den Wiener Stephansdom gekommen waren. Er betonte damit, dass Flüchtlinge und Verfolgte sowohl die konkrete Hilfeleistung als auch das Gebet bräuchten. Zudem sei es eine "heilige Pflicht", die Christen im Nahen Osten nicht zu vergessen und ihnen so gut wie möglich beizustehen. Die Feier stand im Zeichen der dramatischen Situation in Syrien, über die der Vikar der Custodie vom Heiligen Land für Syrien, Pater Simon Herro, in einem Glaubenszeugnis berichtete.
In seiner Predigt unterstrich Lackner die große Macht des gemeinsamen Gebets. "Dein Gebet ist ein Sprechen mit Gott. Wenn du die Heilige Schrift liest, spricht Gott zu dir; wenn du betest, sprichst du zu Gott", zitierte Lackner den Kirchenvater Augustinus. Leider würde Gott in der westlichen Welt zunehmend auf "taube Ohren" stoßen, da den Menschen Gott nur noch in "ganz kleinen Dosen" zuzumuten sei.
Umso schöner sei es, wenn die Gläubigen bei einem Fest wie Maria Namen so zahlreich zusammen kämen und ein Glaubenszeugnis ablegen. Bei der Unterstützung der Flüchtlinge sei neben dem Gebet allerdings auch die Tat von großer Bedeutung. "Wir müssen die Herzen und die Türen öffnen", betonte Lackner.
Syrien: Vertriebene Christen und zerstörte Klöster
Im Rahmen der Feier ging Pater Herro auf die Lage in seiner Heimat Syrien ein und zeichnete von der Situation der Christen in der Region ein erschütterndes Bild. "Syrien wird nie wieder in der Form existieren, wie es vor dem Krieg einmal war", versicherte Herro. "Frustration, Orientierungslosigkeit und Angst", das seien die Worte, die das Leben insbesondere der Christen in der Region charakterisieren. Die Versorgung mit Lebensmitteln aber auch mit Medikamenten sowie die Versorgung mit Wasser, Elektrizität und Treibstoff sei nach und nach zusammengebrochen, so dass man von der Normalität weit entfernt sei.
Christen sind vom Krieg in Syrien besonders hart getroffen: So haben die Jihadisten in den letzten Monaten alle Klöster des Landes besetzt und zerstört. Besonders die Städte im Norden des Landes seien aufgrund des Krieges nicht mehr zugänglich und die dort ansässige christliche Bevölkerung getötet oder vertrieben worden. Und auch die Hilfe für die schon vertriebenen Christen würde mittlerweile an Grenzen stoßen, betonte Herro.
Aufgeben werde man aber auf keinen Fall, zeigte sich der Franziskaner überzeugt: "Unsere Wurzeln sind so tief, dass sie von den Jihadisten nicht ausgerissen werden können". Man werde nicht damit aufhören, an das Gute zu glauben und das einzigartige Erbe der Präsenz der Christen im Nahen Osten weiter bewahren.
Schönborn: "Im Kreuz ist Frieden"
Der Friede kommt durch das Kreuz in die Welt, indem Menschen nicht das eigene Leben, sondern das Leben anderer retten. Mit diesen Worten unter Bezugnahme auf das Tagesevangelium unterstrich Kardinal Christoph Schönborn bei der Maria-Namen-Feier am Sonntagnachmittag im Stephansdom die christliche Hoffnung auf Frieden in Syrien, in der Ukraine und in der ganzen Welt. Wer ein Jünger Jesus sein wolle, "der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich" (Markusevangelium 8, 34). Das im Rahmen der Feier zuvor vom syrischen Franziskanerpater Simon Herro gehörte Zeugnis mache deutlich: "Im Kreuz ist Frieden", so der Wiener Erzbischof.
Im Zuge seiner Predigt vor hunderten Gläubigen berichtete der Kardinal als Augenzeuge über eine Begegnung von Papst Franziskus mit Parlamentariern aus verschiedenen Ländern. So habe einer der Politiker dem Papst ein kleines Kreuz aus Syrien gereicht. Es hatte zuvor einem Priester gehört, der von den Jihadisten enthauptet wurde. Papst Franziskus habe daraufhin mit Tränen in den Augen das Kreuz geküsst und es zurückgeben wollen. Dies sei vom Politiker jedoch zurückgewiesen worden mit den Worten: "Nein, dieses Kreuz soll sie beschützen."
Am Beginn der Feier hatte der syrische Pater Simon Herro als Vikar der Custodie vom Heiligen Land so wie schon am Vortag ein Glaubenszeugnis über die Situation der Christen in Syrien gegeben. In einer Minute des Schweigens wurde auch jener Frau gedacht, die bei einem Raketenangriff auf das Kloster von Pater Herro am Freitag getötete wurde. Die Kollekte der zweitägigen Maria-Namen-Feier wurde für Projekten der Franziskaner in Syrien zur Verfügung gestellt.
Am Beginn der Feier wurde ein Schreiben von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin verlesen. Darin spendete Papst Franziskus allen Mitfeiernden seine Apostolischen Segen. Die Maria-Namen-Feier endet mit einer Prozession mit der Fatimastatue durch die Wiener Innenstadt vom Stephansplatz zum Josefsplatz.
Die "Maria-Namen-Feier" wurde ab 1958 jahrzehntelang in der Wiener Stadthalle abgehalten. Seit 2011 findet sie im Stephansdom statt. Das Fest "Maria Namen" geht auf Papst Innozent XI. (1676-1689) zurück. Großen Einfluss dabei hatte der inzwischen seliggesprochene Kapuzinerpater Marco d'Aviano (1631-1699), der am Wiener Kaiserhof tätig war. Innozenz XI. bestimmte den 12. September - den Tag der Befreiung Wiens von der osmanischen Belagerung 1683 - als Tag des Dankgebets für die gesamte katholische Kirche.
Getragen und organisiert wird die "Maria-Namen-Feier" von der "Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft", die 1947 vom Franziskanerpater Petrus Pavlicek (1902-1982) gegründet wurde. Sie umfasst rund 700.000 Mitglieder in mehr als 130 Ländern und gibt die Zeitschrift "Betendes Gottesvolk" heraus.