Schulterschluss gegen Antisemitismus
Scharf verurteilt haben Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften die antisemitischen Schmierereien von Ende Juli im neu entstehenden "Campus der Religionen" in der Wiener Seestadt Aspern. Beim erneuten Hissen der verunstalteten jüdischen Fahne am Dienstagvormittag waren u.a. der Wiener Bischofsvikar Dariusz Schutzki und Raimund Fastenbauer von der Israelitischen Kultusgemeinde anwesend, auch der Wiener Vizebürgermeister Michael Ludwig nahm an der Zeremonie im größten Stadterweiterungsgebiet teil. Man wolle gemeinsam auftreten und mit einer Stimme sprechen, wenn eine Religion durch einen solchen Vandalenakt angegriffen werde, hieß es von Seiten aller Religionsgemeinschaften.
Bischofsvikar Schutzki zeigte sich "sehr nachdenklich", dass eine solche Aktion im toleranten Wien überhaupt passieren kann. Es erfülle ihn aber auch mit einem gewissen Stolz, dass die Religionsgemeinschaften in einer solch dunklen Stunde zusammenstehen und gemeinsam die Stimme erheben würden. "Es ist nicht selbstverständlich, dass man sich so kurzfristig zusammenfindet und zeigt, dass der interreligiöse Zusammenhalt in Wien besonders groß ist", betonte Schutzki.
Es sei ein gutes und wichtiges Zeichen, dass die Israelitische Kultusgemeinde nach solchen provokanten Vorfällen nicht allein gelassen wird, betonte Fastenbauer. Auch er lobte die große Solidarität zwischen den Religionen. Grundsätzlich zeige sich der Antisemitismus weiterhin viel zu häufig, "manche scheinen aus der Schoa noch immer nichts gelernt zu haben", so Fastenbauer.
Wien ist "Stadt des Friedens"
"Wir sind sehr stolz, dass Wien eine Stadt des Friedens ist. Die Religionsgemeinschaften leisten dazu einen wichtigen Beitrag", betonte Vizebürgermeister Ludwig. Es sei wichtig, gemeinsam Kräften entgegenzutreten, die diesen Frieden infrage stellten. Die Schändung der Fahne mit dem Davidstern auf weißem Untergrund habe ihn außerordentlich betroffen gemacht, weil sie nicht nur einen Angriff auf eine einzelne Gruppe darstelle, sondern auch das friedliche Zusammenleben einer ganzen Stadt gefährde. Deswegen setze man alles daran, die Täter auszuforschen, auch wenn es bislang noch keine konkrete Spur gebe, so Ludwig.
Absagen an jede Form von Antisemitismus erteilten auch die Wiener lutherische Superintendentialkuratorin von Wien, Inge Troch, und der Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft, Gerhard Weißgrab. Auch ein Vertreter der Islamischen Glaubensgemeinschaft war bei der Zeremonie anwesend.
Zehn Fahnen markieren Baufeld
Der "Campus der Religionen" soll künftig Gotteshäuser sechs verschiedener Religionsgemeinschaften beherbergen und ist als Zeichen des Dialogs gedacht. Erst Mitte Juni war das Baufeld gesegnet worden. Zehn Fahnen kündigen seither den Campus an: Sechs zeigen die Symbole von Glaubensgemeinschaften, vier weitere stehen für Europa, Österreich, Wien und den Bezirk Donaustadt. Das Projekt soll binnen fünf Jahren realisiert werden.
Bereits unmittelbar nach dem antisemitischen Vandalenakt hatten alle am "Campus der Religionen" vertretenen Glaubensgemeinschaften in bewusst zeitgleich versandten Pressemitteilungen die Tat verurteilt. Vertreter von katholischer, evangelischer und orthodoxer Kirche, der Islamischen Glaubensgemeinschaft, der Israelitische Kultusgemeinde und der Buddhistischen Religionsgesellschaft zeigten sich darin "bestürzt und betroffen".