"Flüchtlinge wie Menschen behandeln"
Zu einem menschlichen Umgang mit Flüchtlingen hat Kardinal Christoph Schönborn aufgerufen und zugleich jede Angstmacherei zurückgewiesen. Das Flüchtlingsproblem sei so groß, dass es sicher nicht von Österreich alleine gelöst werden kann, sagte Schönborn am Mittwoch zum Abschluss der Sommervollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz in Mariazell im Kathpress-Gespräch: "Es ist ein europäisches Probleme und muss gemeinsam angegangen werden." Auf der anderen Seite müsse aber gelten: "Was immer auch die Gründe für die Flucht gewesen sind, es sind Menschen, die zu uns kommen und wir müssen sie wie Menschen behandeln." Es dürfe nicht sein, dass etwa im Flüchtlingslager Traiskirchen Menschen unter primitivsten Verhältnissen untergebracht sind. Kirche, Politik, Wirtschaft, Medien und zivilgesellschaftliche Organsiartionen seien gefordert zusammenzustehen statt sich gegenseitig Schuld zuzuweisen.
Der Kardinal erinnerte an sein eigenes Schicksal als sudentendeutscher Flüchtling, als er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Kleinkind mit seiner Mutter und seinem Bruder nach Österreich gekommen war. Dem Land sei es damals weit schlechter gegangen als heute, "und trotzdem ist es gegangen". Das sei möglich, "wenn man hinschaut und nicht wegschaut".
Den Begriff "Wirtschaftsflüchtling" müsse man differenzieren, so der Kardinal weiter: Wer etwa in Afrika aufgrund ökologischer Katastrophen ohne jede Lebensperspektive seine Heimat verlasse könne nicht in einen Topf geworfen werden mit anderen, "die aus einer relativ guten Situation in eine bessere gehen wollten".
Angesprochen auf den jüngsten Sager von FPÖ-Mandatarin Dagmar Belakowitsch-Jenewein, die Asylsuchende in Transportmaschinen abschieben will ("Da können sie so laut schreien, wie sie wollen."), sagte Schönborn: "Solche Aussagen können nur Menschen tätigen, die so etwas nicht erlebt haben oder nicht hingeschaut haben."
Die nicht vorhandene Solidarität unter den europäischen Staaten bereite ihm große Sorgen, räumte Schönborn ein. Denn in aller Nüchternheit müsse man sagen: "Diese Völkerwanderung wird nicht mit Gewalt aufzuhalten sein."
Mehr Ehrlichkeit bei Asyl- und Migrationsthema
Ängste und Sorgen der Bevölkerung müsse man ernst nehmen, man müsse aber zugleich ehrlich sagen, dass Österreich Zuwanderung brauche. Das werde etwa im Pflegebereich deutlich und ohne Immigranten seien künftig auch die Pensionen nicht gesichert.
Die große Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs und des Wohlstandes sei wohl vorüber, sagte Schönborn. Er sprach u.a. die Verschuldung des Landes aber auch die Überalterung an. Für die nächste Generation werde es wohl schwieriger sein, einen vergleichbaren Lebensstandard zu halten. Umso mehr seien Solidarität und Ehrlichkeit gefragt, "aber sicher keine Angstmacherei".
Große Bedeutung komme gerade in diesem Zusammenhang auch der Familie zu, betonte der Kardinal weiter. Schließlich sei die Familie "das Überlebensnetzwerk der Zukunft, wo das Miteinander eingeübt wird und man füreinander sorgt". Nachsatz: "Auch Patchworkfamilien sind natürlich Familien."
Das besondere Verdienst der vatikanischen Familiensynode sei es, die Familie weltweit wieder zur Sprache zu bringen. Er verstehe die Synode vor allem auch als eine Ermutigung für die Familien und als Ermutigung, "in die Familie Vertrauen zu haben".