KAICIID: Metropolit sieht Brückenbaufunktion
Das umstrittene Abdullah-Zentrum (KAICIID) ist am Mittwoch in der "Kronen Zeitung" vom griechisch-orthodoxen Direktoriumsmitglied Metropolit Emmanuel Adamakis verteidigt worden.
Adamakis verurteilte gleichzeitig "Gewalt in jeder Form". "Wir verurteilen Gewalt in jeder Form, und absolut auch Gewalt, die im Namen von Religionen ausgeübt wird", so der Boardvertreter des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel. Er wolle das Zentrum als Mediator und Brückenbauer verstanden wissen. "Wir sind eine sehr junge Organisation, die der Menschheit dienen will, damit unsere Kinder eine bessere Zukunft haben", sagte er gegenüber der "Krone".
Das Schaffen von Netzwerken und Freundschaften sei der einzige Weg, Mauern niederzureißen, erklärte Adamakis bei einem Besuch in Wien: "Jeder Dialog ist für sich genommen schon ein Erfolg." Man könne die Welt nur verändern, wenn man auch an die Möglichkeit der Veränderung glaube. Er selbst glaube an diese Möglichkeit und erhoffe sich eine Welt, in der Frauen und Männer in Frieden miteinander leben können, unabhängig von ihrer Hautfarbe, ihrer Religion und ihres Geschlechtes.
Auf die Attentate in Paris angesprochen, sagte er: "Wer mordet, gehört keiner Religion an. Und der Islam und Mohammed brauchen keine Terroristen." Terror würde Religionen zerstören, Religionen aber sollten verbinden.
KAICIID-Sprecher Peter Kaiser sagte unterdessen am Dienstag im Gespräch mit der "Austria Presse Agentur" (APA), das Zentrum werde auf das Ultimatum von Bundeskanzler Werner Faymann, sich klar von Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien zu distanzieren, nicht reagieren. Kaiser verwies in einem Gespräch mit der APA und der "Wiener Zeitung" darauf, dass das KAICIID ein Ort des Dialogs und nicht das UN-Menschenrechtskommissariat sei.
"Für das Abdullah-Dialog-Zentrum spreche ich das aus, was das 'Board of Directors' beschließt. Dieses verurteilt jede Form der Gewalt, ist aber gegen eine Einmischung in innere Angelegenheiten von Staaten", so Kaiser. Dazu würden auch juristische Urteile wie jenes gegen den kritischen Blogger Raif Badawi zählen.
Kaiser verwies in diesem Zusammenhang auf eine Aussendung des Zentrums vom Montag, wo es heißt, dass das KAICIID "jede Art von Gewalt - wann, wo und wie immer sie auftritt und durch wen auch immer sie ausgeübt wird, verurteilt". Der Blogger Badawi war zu 1.000 Peitschenhieben verurteilt worden. 50 davon bekam er bereits, weitere 50, die für vergangenen Freitag angesetzt waren, wurden verschoben und sollen diesen Freitag nachgeholt werden.
Die Causa schlägt innenpolitisch hohe Wellen, zumal Faymann den Ton gegen das Zentrum und gegen Riad in den vergangenen 48 Stunden deutlich verschärft hatte. Österreich, so die Forderung des Kanzlers, solle als einer der Gründerstaaten bis März aus dem Zentrum aussteigen, wenn es keine klare Stellungnahme aus dem KAICIID gebe.
Zuvor hatten sich Bundespräsident Heinz Fischer und Außenminister Sebastian Kurz gegen eine Schließung des KAICIIDS ausgesprochen. Sie forderten nach dem Rücktritt der umstrittenen Vize-Generalsekretärin, Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, einen "Neustart".
Besuch beim Weltkirchenrat
Anerkennung erfuhr das KAICIID zuletzt durch den Weltkirchenrat (ÖRK), wo die Leitung des Zentrums vor einer Woche mit Generalsekretär Pastor Olav Fykse Tveit zusammentraf.
Die ÖRK-Dialogverantwortliche Clare Amos sagte, dass die ÖRK-Mitarbeiter bereits in zahlreichen Gebieten angefangen hätten, mit dem KAICIID zusammen zu arbeiten - insbesondere für Anliegen im Zusammenhang mit dem Nahen Osten. "Ich hoffe, dass dieser Besuch uns anspornen wird, weitere fruchtbare Arbeitszweige und Partnerschaften zwischen ökumenischen Organisationen und dem KAICIID zu finden, und so zu unseren jeweiligen Zielen beizutragen", fügte sei hinzu.
"Einfach aussteigen keine Option"
In Wien schlägt das Zentrum indessen immer höhere Wellen. Auch beim Ministerrat am Dienstag konnte sich die Regierung auf keine einheitliche Strategie einigen. "Einfach auszusteigen ist für Österreich keine Option", sagte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner.
Kanzler Faymann hingegen sieht keine Basis mehr für das Zentrum, er will spätestens im März eine Entscheidung. Eine Exit-Strategie ist nicht in Sicht. Außenminister Kurz wünscht sich in der Causa daher ein klärendes Sechs-Augen-Gespräch mit Fischer und Faymann, um endlich Konsens zu finden. Nun kommt der Bundespräsident, der wie Kurz für den Neustart des Saudi-Zentrums plädiert, dem Vorschlag nach - auf seine Art. "Mit Außenminister Sebastian Kurz und Minister Josef Ostermayer wird es noch diese Woche Termine in der Hofburg geben. Aber die Minister werden getrennt eingeladen, damit die Situation in Ruhe analysiert werden kann", sagte die Sprecherin des Bundespräsidenten Astrid Salmhofer zum "Kurier" (Mittwochausgabe). Ostermayer - und nicht Faymann - werde eingeladen, weil er "in seinem Ressort für Religion zuständig ist", hieß es aus der Hofburg.
Schreiben an Martin Schulz
Da am Freitag die Auspeitschung des Bloggers Raif Badawi fortgesetzt wird, hat Faymann mit Martin Schulz, dem Präsidenten des EU-Parlaments, einen offenen Brief an den saudischen Kronprinzen Salman ibn Abd al-Aziz gerichtet. In dem Schreiben wird der Kronprinz aufgefordert, sich für die Beendigung der Auspeitschung Badawis sowie seine Freilassung einzusetzen.
Spanien, eines der Gründungsmitglieder, ist für den Fortbestand des Zentrums. Laut "Kurier" hänge dies möglicherweise mit der Tatsache zusammen, dass die Spanier von den Saudis den millionenschweren Auftrag bekamen, von Mekka nach Medina eine Zugverbindung zu bauen.
Ein Außenamtssprecher sagte am Dienstagabend zur APA, Minister Kurz habe mit dem geschäftsführenden Außenminister Saudi-Arabiens, Prinz Abdul Aziz al-Saud, telefoniert. Wie aus dem Außenministerium weiter verlautete, sprach Kurz von einer "menschenunwürdigen Behandlung" Badawis und drängte auf dessen Begnadigung. Den Angaben zufolge betonte Kurz, die Aussetzung der Auspeitschungen sei wichtig, sie müssten jedoch gestoppt werden. Der Außenminister will in der Sache weitere Gespräche mit Saudi-Arabien führen.
Kurz hatte vorige Woche die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und den UNO-Menschenrechtskommissar Zaid Raad al-Hussein eingeschaltet und am Montag den Fall beim EU-Außenministerrat thematisiert.
Auch der britische Außenminister Philip Hammond setzte sich für Badawi ein. Diplomaten räumten jedoch gegenüber der APA ein, dass es schwer sei, die saudi-arabische Seite zu einer Haltungsänderung zu bewegen.
Zulehner rügt Faymann für populistischen Sager
Der Wiener Pastoraltheologe und Religionsforscher Paul Zulehner hat Bundeskanzler Werner Faymann für dessen Abqualifizierung des Abdullah-Zentrums (KAICIID) gerügt. In einem am Donnerstag, dem 22. Jänner publizierten Offenen Brief zeigt sich Zulehner "irritiert" durch die "in ihrer Tendenz populistischen" Aussagen des Kanzlers, ungeachtet der Tatsache, dass er "immer ein skeptischer Beobachter" des KAICIID war. Aber der "Sager", es sei kein "Dialog-Zentrum", sondern ein "Schweigezentrum", bediene lediglich islamophobe Stimmungen im Land. Dem Miteinander der Österreicher mit unterschiedlichem weltanschaulichem Bekenntnis sei eine solche Redeweise nicht dienlich "und schadet daher nicht nur Ihnen, sondern auch dem Land", so Zulehner.
Es sei Aufgabe der Politik, sich grenzüberschreitend um Religionsfreiheit zu bemühen. Agenda des Abdullah-Zentrums sei es, im Dialog die fachlichen Grundlagen dafür zu erarbeiten. "Das ist ohnedies mühsam genug, wenn man die enorme Bandbreite islamischer und christlicher Theologie bedenkt", gab Zulehner zu bedenken. Eine österreichische Religionspolitik und damit auch eine friedensfördernde Außenpolitik sei ohne solche solide Grundlagen nicht möglich.
"Sehr dankbar" wäre der renommierte Theologe, wenn Faymann persönlich in Saudi-Arabien vorstellig würde, um die faktisch nicht vorhandene Religionsfreiheit zumal für Christen einzumahnen, "gegebenenfalls auch unter Inkaufnahme wirtschaftlicher Nachteile". Dies wäre einer sozialdemokratischen Werten verpflichteten Politik "mehr würdig denn die populistischen Attacken auf das Zentrum, das bisher eine weit bessere Arbeit geleistet hat, als offenbar der Boulevardpresse bekannt ist". Nachsatz Zulehners: "Dass Sie selber darüber nicht informiert sind, kann ich einfach nicht glauben."