Bundespräsident Fischer bei Papst Franziskus
Bundespräsident Heinz Fischer ist am Donnerstag im Vatikan mit Papst Franziskus zusammengetroffen. Die Begegnung dauerte rund 30 Minuten, länger als bei Audienzen für Staatsoberhäupter üblich. "Willkommen", begrüßte Papst Franziskus das Staatsoberhaupt auf Deutsch. Fischer bedankte sich für die Begegnung. Das Gespräch wurde anschließend mit Hilfe eines Dolmetschers geführt.
Als Geschenk überbrachte der Gast dem Papst eine Lithografie des Wiener Stephansdoms sowie eine CD mit der Mozart-Oper "Cosi fan tutte". Franziskus revanchierte sich mit einer Pontifikatsmedaille sowie einem Exemplar des Lehrschreibens "Evangelii gaudium", das als Programmschrift seines Pontifikates gilt. "Aber Sie müssen es mir bitte signieren", meinte der Präsident, was Franziskus umgehend tat. Danach begann das Vier-Augen-Gespräch.
Wie es im anschließend vom Vatikan veröffentlichten Kommunique heißt, hätten Papst Franziskus und Bundespräsident Fischer über bilaterale Fragen, aber auch über die Situation im Nahen Osten gesprochen. Bei der Unterredung, die in herzlicher Atmosphäre stattfand, sei es weiter um Fragen der Religionsfreiheit, der Menschenrechte sowie um die Bedeutung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs gegangen.
Einladung nach Österreich
Im Gespräch mit Journalisten im Anschluss an die Audienz sagte Bundespräsident Fischer, dass er Papst Franziskus zu einem Besuch nach Wien eingeladen habe. "Die Einladung ist vom Papst im Prinzip angenommen worden", so Fischer laut Austria Presse Agentur (APA): "Angesichts des dichten Reiseprogramms des Heiligen Vaters wird der Österreich-Besuch nicht 2015, sondern erst später stattfinden können. Jedenfalls weiß der Vatikan, dass Österreich bereit ist, einen geeigneten Termin für den Besuch zu finden."
Gegenüber "Radio Vatikan" erklärte Fischer, er wüsste mehrere Anlässe für eine Papstvisite in Österreich: "Erstens ist zum Beispiel nächstes Jahr ein wichtiges Datum, nämlich der 70. Geburtstag der Zweiten Republik. Aber es gibt auch kirchliche Anlässe für Besuche, in Wien oder Mariazell oder Heiligenkreuz oder anderen Orten. Man wird, wenn ein realistisches Datum in Blickweite kommt, das sicher mit einem konkreten Anlass verbinden können."
Denkbar wäre für einen Österreich-Besuch des Papstes auch die Verbindung mit einer Visite in Ungarn. In der Eisenstädter Nachbardiözese Szombathely (Steinamanger) stehen 2016 große Feierlichkeiten zum Jubiläum des 316 hier geborenen Heiligen Martin von Tours - des "ersten Heiligen Mitteleuropas" und zudem auch Patron der "Papstheimatstadt" Buenos Aires - an. Ungarns Staatspräsident Janos Ader hatte aus diesem Anlass bereits im Vorjahr Franziskus eingeladen, was dieser laut Vatikansprecher Lombardi "in Erwägung ziehen" wolle, soweit der Letztstand.
Dabei war der Papst - noch als Jesuitenpater Jorge Mario Bergoglio - in den 1980er-Jahren bereits einmal in Österreich auf Stippvisite, wie Bundespräsident Fischer im Gespräch nach der Audienz berichtete. Er habe einen Tag in Wien verbracht und dabei eine Inszenierung von Mozarts "Cosi fan tutte" mit Gundula Janowitz in der Staatsoper besucht. Eines der Gastgeschenke sei deshalb eine CD mit dem Gesang der österreichischen Sopranistin aus den 1980er-Jahren gewesen.
Flüchtlinge und Kapellari-Nachfolge
Besonders interessiert habe sich Franziskus an sozialen Fragen gezeigt. Fischer sagte dem Papst, Österreich zähle zu den europäischen Ländern mit den höchsten Quoten von Flüchtlingen und Asylsuchenden. Über den EU-Aktionsplan hinaus habe Österreich 1.500 syrische Flüchtlinge aufgenommen. Franziskus habe ihm gegenüber auf die besondere Not der Flüchtlinge des Nahen Ostens, aber nicht nur der Katholiken unter ihnen, verwiesen, sagte Fischer.
Beim Gespräch mit dem Papst habe er auch die Frage der Nachfolge des Grazer Bischofs Egon Kapellari angesprochen. "Ich habe dem Papst gesagt, dass ein Bischof im Süden des Landes darauf wartet, zu erfahren, wer sein Nachfolger wird. Franziskus wusste, worum es geht", erklärte Fischer laut APA. Auch im Gespräch mit dem vatikanischen Staatssekretär Pietro Parolin, habe er das Thema von Kapellaris Nachfolge angedeutet.
Gegen Abdullahzentrum-Bashing
Thema war aber auch das neue König-Abdullah-Dialogzentrum in Wien, das wegen seiner saudischen Mitfinanzierung Kritik auf sich zieht. Fischer wörtlich: "Ja, das war Gespräch, weil es gerade in letzter Zeit diskutiert wurde und weil der Vatikan im Board, im Aufsichts- oder Leitungsgremium dieses Instituts, vertreten ist. Und die übereinstimmende Meinung ist, dass ein Dialogzentrum dieser Art Sinn macht, dass es genügend Aufgaben für ein solches Zentrum gibt und dass man an der Erfüllung dieser Aufgaben arbeiten soll, und dass diese Aufgaben natürlich in voller Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zwischen den verschiedenen beteiligten Religionen geführt werden müssen."
Übereinstimmung zwischen dem Papst und dem österreichischen Staatsoberhaupt habe es mit Blick auf den Konflikt zwischen Russland und Ukraine gegeben, sagte Fischer: ein "Abgleiten in eine Situation weiter wachsender Spannungen" gelte es zu verhindern. Über den Verlauf der jüngsten Bischofssynode zu Ehe und Familie habe sich Franziskus ihm, Fischer, gegenüber, positiv geäußert. Der Papst habe gesagt, er sei "sehr zufrieden" und halte die lebhaften Diskussionen zu den dort verhandelten Fragen für "notwendig", referierte der österreichische Bundespräsident.
Den Besuch bei Franziskus bezeichnete der Bundespräsident als "interessant, angenehm und sehr harmonisch". "Vom ersten Augenblick an, hat man den Eindruck, dass keine Mauer, keine Distanz besteht, sondern dass der Papst ein interessierter und wohlwollender Gesprächspartner ist, der über Österreich Bescheid weiß. Franziskus hat viele Fragen zur Lage in Österreich gestellt", erklärte Fischer.
Milch und Rüstungen aus Österreich
Auch der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, gehörte der Delegation an und war sowohl bei der Begegnung mit Napolitano als auch mit Papst Franziskus anwesend. Leitl informierte die Journalisten, dass sich das bilaterale Handelsvolumen zwischen Österreich und dem Vatikanstaat auf rund 500.000 Euro belaufe.
Österreich exportiere nicht nur Milch- und Molkereiprodukte in den Papststaat, sondern habe jüngst auch die neuen Rüstungen der Schweizergardisten geliefert. Der auf historische Waffen spezialisierte Handwerksbetrieb Schmidberger aus Molln in Oberösterreich habe die Papstgarde "für die nächsten 500 Jahre" ausgestattet, sagte Leitl. Der Vatikanstaat liefere seinerseits Bücher, Briefmarken und Münzen, liturgische Kleidung und die eine oder andere Antiquität nach Österreich.
Fischer bei deutschsprachiger Gemeinde Roms
Bei seinem Rom-Besuch wurde Fischer von einer hochrangigen Delegation begleitet, darunter neben Leitl Finanzminister Hans Jörg Schelling und Bundesratspräsidentin Ana Blatnik. Fischer hatte am Dienstag den italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano und Premier Matteo Renzi getroffen. Der Präsident wurde noch am Abend in Wien zurückerwartet.
Bereits am Mittwochnachmittag hatte Fischer den Sitz der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Rom besucht. In der Kirche des Päpstlichen Instituts Santa Maria dell'Anima wurden das Staatsoberhaupt und seine Frau Margit von dessen Leiter, dem Oberösterreicher Franz Xaver Brandmayr, begrüßt. Anschließend folgte ein kurzer Rundgang durch das Gotteshaus.
Quelle: Kathpress