Debatte um Islamgesetz geht weiter
Die intensive Debatte um das neue Islamgesetz geht weiter: Die Universität Wien übt jetzt Kritik an einer mangelnden Finanzierung des ab 2016 geplanten islamischen Theologiestudiums an der Hochschule. Der im Gesetzesentwurf berechnete Aufwand für die vorgesehenen sechs Professuren pro Jahr sei für eine "adäquaten, nachhaltigen Aufbau einer theologischen Ausbildung" zu wenig, heißt es in der Stellungnahme der Universität im Rahmen des gesetzlichen Begutachtungsverfahrens. Eine Lanze für den Entwurf zum neuen Islamgesetz brach derweil der Wiener islamische Religionspädagoge Ednan Aslan in einem Kommentar in der Tageszeitung "Der Standard", während die Muslimische Jugend eine Bürgerinitiative gegen die Novelle gestartet hat.
Der Entwurf für das neue Islamgesetz sieht vor, dass der Staat künftig insgesamt sechs Lehrstühle für islamische Theologie finanziert. Zwei der Professuren sollen bis 2016 besetzt werden, im Jahr darauf noch einmal zwei, eine weitere Stelle ist für 2018 und die letzte schließlich für 2019 geplant. Kosten soll das im Endausbau jährlich rund 1,3 Millionen Euro.
Das Rektorat der Universität Wien hielt dazu jetzt fest, dass zwar die Annahmen hinsichtlich der Finanzierung der Professuren "aus heutiger Sicht adäquat" seien. Für ein "adäquates Arbeitsumfeld" sollten aber zusätzlich zwei Universitätsassistenten pro Professur (62.000 Euro pro Jahr), sowie zwei bis drei Mitarbeiter in der Verwaltung (44.000 Euro pro Jahr) vorgesehen werden. Die Uni wies außerdem darauf hin, "dass im Bereich des Sachaufwands insbesondere auch Raumkosten anfallen werden".
In seiner Stellungnahme bemängelte das Rektorat außerdem die derzeitige Formulierung zum Studium. Diese erwecke den Eindruck, dass die islamisch-theologische Ausbildung "lediglich islamischen Religionsgesellschaften zur Verfügung gestellt werde". Tatsächlich sollte dies aber "nach den allgemeinen universitätsgesetzlichen Regelungen allen Interessierten, unabhängig vom jeweiligen Religionsbekenntnis, offenstehen", wurde betont.
Bürgerinitiative gegen Gesetz
Die Muslimische Jugend Österreichs (MJÖ) hat unterdessen eine Bürgerinitiative gestartet, die das Parlament dazu auffordert, die umstrittene Novelle abzulehnen. "Das aktuelle Weltgeschehen und die islamophobe Stimmung in den Medien dürfen keine Triebfeder für ein Gesetz sein, mit dem eine bestimmte Minderheit zu Bürgerinnen zweiter Klasse degradiert wird", heißt es im Text der Initiative.
Der aktuelle Entwurf stellt laut MJÖ Muslime "unter Generalverdacht" und versucht, das Misstrauen ihnen gegenüber "gesetzlich zu verankern". Die Parlamentarier werden von den Initiatoren aufgefordert, "sich für ein diskriminierungsfreies Gesetz einzusetzen", dass "die Gleichheit aller österreichischen BürgerInnen" wahre.
Aslan: Vorteile sehen
Eine Lanze für den Entwurf zum neuen Islamgesetz brach dagegen Ednan Aslan, Professor für Islamische Religionspädagogik an der Universität Wien, in einem Gastkommentar in der Tageszeitung "Der Standard". Das neue Gesetz schaffe die Voraussetzung dafür, dem Islam eine Erscheinungsform zu geben, "die Angst oder Verunsicherung den Boden entzieht", argumentierte Aslan in dem am Dienstag veröffentlichten Text.
Die Anerkennung des Gesetzes wäre ein klarer Ausdruck der Abkehr von alten Abhängigkeiten und ein Schritt in Richtung Erneuerung des Islam in Entsprechung mit den Anforderungen des Hier und Heute, so Aslan. Wirklich bedauerlich sei allenfalls die "beharrliche Nichtthematisierung der Vorteile dieses Gesetzes - dass es nämlich den Muslimen endlich klare Regeln für ihre Imamausbildung, ihre Seelsorge und Feiertagsregelungen sowie eine Reihe anderer Rechte gibt".
Das in der Novelle geplante Finanzierungsverbot aus dem Ausland sieht Aslan anders als viele Kritiker nicht als "Ungleichbehandlung der Muslime", sondern als "Chance, nach über fünfzig Jahren Migrationsgeschichte nunmehr tatsächlich in Österreich heimisch zu werden", denn: "Die Finanzierung durch das Ausland prägt nicht nur die Verwaltungsstrukturen muslimischer Organisationen, sondern auch das Gesicht des Islam und verhindert somit die Heranbildung einer religiösen Praxis im Einklang mit den lokalen gesellschaftlichen Verhältnissen weitgehend."
Gesetz sichert Islam-Zukunft
Positiv bewertete der Religionspädagoge auch die Regelung betreffend der Imamausbildung in Österreich. Die Imamstellen könnten mit in Österreich ausgebildeten Imamen besetzt und damit auch der Ruf und das Ansehen der Moscheegemeinden insgesamt verbessert werden.
Auch in der Debatte um eine einheitliche Koranübersetzung versuchte Aslan zu beruhigen: Es gehe dabei lediglich darum, "dass bestimmte Übersetzungen von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) autorisiert werden sollen, was nicht bedeutet, dass andere Übersetzungen verboten würden". Diese Bestimmung sei bereits in sämtlichen islamischen Ländern anerkannt und übliche Praxis.
Schließlich gehe auch der Vorwurf ins Leere, dass das neue Gesetz die kleinen Vereine schwächen würde. Wahr sei vielmehr, dass es die Rolle der IGGiÖ stärke, "denn für die Verbände haben ausländische Interessen gegenüber den Anforderungen, die aus der hiesigen muslimischen Lebenswelt erwachsen, Priorität".
Das neue Gesetz, so Aslan, möge den muslimischen Organisationen auf kurze Sicht wehtun und ihre Aktivitäten in mancher Hinsicht erschweren: "Aber langfristig sichert es nicht nur die Zukunft des IGGiÖ, sondern die Zukunft des Islam in Europa."