Wagenknecht: Religion kann hilfreich sein
Sahra Wagenknecht (44), Politikerin der deutschen Linken, hält den Glauben für einen einflussreichen Faktor auch wenn sie selbst nicht religiös ist. "Religion nützt der Gesellschaft, wenn sie zum Widerstand ermutigt und die Mächtigen in Wirtschaft und Politik nicht verschont", schrieb die Bundestagsabgeordnete in einem Gastkommentar für die "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag). "Dann kann Glaube Berge versetzen."
Die Kirche könne ein "Ort der Begegnung und der Anklage gegen die Macht des großen Geldes" sein, führte Wagenknecht aus. "In Zeiten, wo Menschen durch die Gewalt des herrschenden Wirtschaftssystems, durch die Zerstörung guter und sinnstiftender Arbeit vereinzeln und Gemeinschaft oftmals nur noch über Facebook simuliert wird, kann auch eine Sonntagsmesse aufrütteln."
Fragwürdig seien dann allerdings "Bischöfe, die wie ein Kaiser residieren, oder eine Vatikanbank, die nicht einmal die Vorschriften der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über Geldwäsche erfüllt", schrieb Wagenknecht. Außerdem halte sie ein modernes Arbeitsrecht in der Kirche für überfällig.
"Stumpfe Predigten oder religiösen Dogmatismus" lehne sie ab, betonte die Politikerin weiter. Zugleich räumte sie ein, dass es Dogmen und Rituale nicht nur in der Kirche gebe, sondern auch auf Parteitagen. "Niemand sollte daher gering schätzen, wenn sich Menschen aus religiösen Motiven versammeln, um die Welt zu begreifen und zu verändern."
Ausdrücklich würdigte Wagenknecht das Apostolische Schreiben von Papst Franziskus "Evangelii gaudium". Das Papier habe sie sehr beeindruckt. "Ich habe es daher angesichts einer Debatte im Deutschen Bundestag zur Euro-Krise sowie der Situation in Griechenland insbesondere den Abgeordneten der sich christlich nennenden Parteien zur Lektüre empfohlen."