St. Pöltner Altbischof Kurt Krenn verstorben
Der St. Pöltner Altbischof Kurt Krenn ist am Samstagabend nach langer schwerer Krankheit im 78. Lebensjahr in Gerersdorf (NÖ) verstorben. Krenn war 13 Jahre lang, von 1991 bis 2004, Bischof der Diözese St. Pölten. In den vergangen Jahren trat er krankheitsbedingt kaum noch in der Öffentlichkeit auf. Er verbrachte seine letzten Monate in der Pflegestation des Gerersdorfer Schwesternkonvents.
Zum 75. Geburtstag Krenns hatte die Diözese St. Pölten mitgeteilt, dass er in der Zeit seines Wirkens als Seelsorger, Professor, Weihbischof und Bischof "nie den bequemen Weg gegangen" sei und stets versucht habe, "seine Überzeugung von Gott und dem Weg der Kirche in Gesprächen und Diskussionen deutlich darzulegen". Er sei dabei "auch Auseinandersetzungen nie aus dem Weg gegangen".
Kurt Krenn stammte aus dem oberösterreichischen Mühlviertel, wo er am 28. Juni 1936 in Rannariedl geboren wurde. Er besuchte das Gymnasium in Schlierbach und trat anschließend in das Priesterseminar Linz ein. Das Studium der Philosophie und Theologie absolvierte er an der Gregoriana und an der Lateranuniversität in Rom. 1962 empfing er in Rom die Priesterweihe. Seine weiteren Studien führten ihn nach Tübingen und München.
1970 bis 1975 war er Professor der Philosophie in Linz und 1974 bis 1975 auch Lehrbeauftragter an der Hochschule St. Pölten. 1975 wurde er auf den Lehrstuhl für Systematische Theologie nach Regensburg berufen.
1987 ernannte Papst Johannes Paul II., mit dem Krenn ein Faible für den deutschen, zum Katholizismus konvertierten Philosophen Max Scheler teilte, den oberösterreichischen Theologen zum Titularbischof von Aulon und Weihbischof in Wien. Seine Agenden waren Hochschulen, Kunst und Kultur.
Am 11. Juli 1991 erfolgte die Ernennung zum Diözesanbischof von St. Pölten. Nach kompromittierenden Vorgängen im St. Pöltener Priesterseminar und einer päpstlich angeordneten Visitation durch den damaligen Vorarlberger Bischof Klaus Küng reichte Bischof Krenn 2004 seinen Rücktritt ein. Er wurde von Johannes Paul II. am 7. Oktober 2004 angenommen.
Schönborn: Werden in Rom Für Bischof Krenn beten
Mit Anteilnahme und Würdigung der Person reagierte Kardinal Christoph Schönborn auf die Nachricht vom Heimgang des emeritierten St. Pöltner Bischofs. Bischof Krenn habe "durch viele Jahre ein schweres Leiden mit bewundernswerter Geduld und in christlicher Haltung getragen". Der Wiener Erzbischof verwies darauf, dass das Wirken von Bischof Krenn zu manchen Kontroversen geführt habe, "aber Freunde wie Gegner haben seinen Mut und seine Geradlinigkeit anerkannt. Er hat sich nie gescheut auch schwierige Themen und das Widerständige der kirchlichen Lehre gegen den Mainstream zu argumentieren und zu verteidigen." Auf diese Weise konnte Bischof Krenn immer wieder gerade für Menschen, die seiner Glaubensüberzeugung fern standen, "ein spannender Gesprächspartner sein".
Die österreichischen Bischöfe werden am Montag bei der Messe im Petersdom für den verstorbenen beten und seiner gedenken, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der daran erinnerte, dass Kurt Krenn 1962 in Rom zum Priester geweiht wurde.
Küng: Als Professor von vielen verehrt
Der St. Pöltner Bischof Klaus Küng, Nachfolger Kurt Krenns in der westniederösterreichischen Diözese, erinnerte, dass ein besonderes Anliegen des Verstorbenen der Nachwuchs und die Ausbildung der Priester gewesen sei. Deshalb galt sein Augenmerk ganz besonders der Theologischen Hochschule und dem Priesterseminar. "Es ist tragisch, dass gerade letzteres zum großen Streitfall wurde und schließlich als gescheitert angesehen werden musste. Das war sicher die schlimmste Enttäuschung von Bischof Krenn", so Küng.
Wörtlich erklärte Küng: "Im Rückblick auf jedes Leben gibt es Licht und Schatten, und manchmal kommt es bei einem umstrittenen Menschen auf den eigenen Standpunkt an zu entscheiden, wo das Licht endet und der Schatten beginnt. Bischof Kurt mag Schwächen gehabt haben; seine Auftritte und Äußerungen haben sicher manche Menschen gereizt, ja geärgert und gekränkt. Vergessen wir dabei aber auch nicht, dass die Sorge um die Kirche und ihre Sendung sein Leben bestimmt haben."
Der Bischof erwähnte auch die Professorenzeit Krenns. Der Oberösterreicher sei damals von "nicht wenigen sehr verehrt" worden; "seine Vortragsweise war ausgezeichnet durch Klarheit und Tiefe mit der besonderen Fähigkeit, die großen Zusammenhänge sowie die Bezüge zu den aktuellen Problemstellungen aufzuzeigen". Dazu seien "ein außerordentlich gutes Gedächtnis", eine "glänzende Formulierungsgabe", Kontaktfähigkeit auch mit einfachen Leuten und "große Diskutierfreudigkeit" gekommen. Krenn habe gerne seelsorgliche Aushilfen in seiner Heimatgemeinde geleistet und sei auch zur Feier von Gottesdiensten für besondere Anliegen wie z. B. Lebensschutz bereit gewesen.
Weiters kommentierte Küng die Zeit um 1987, nach den Tumulten beim Amtsantritt in Wien. Krenn "erfuhr von Anfang an starken Widerstand, wobei er die Auseinandersetzung nicht scheute". Betraut mit den Bereichen Kunst, Kultur und Wissenschaft habe er seine Anliegen in Vorträgen, Predigten und Interviews gut zur Sprache bringen können. "Ihm ging es vor allem um die Aufgabe der Kirche als Verkünderin der Wahrheit für die Menschen aller Zeiten, auch unserer Zeit", betonte Bischof Küng.
"Besonders engagiert" habe Krenn das Recht auf Leben jedes Menschen ab dem Augenblick der Empfängnis bis zum natürlichen Tod verteidigt. "Er versuchte, jede Gelegenheit zu nützen, um die Rolle der Familie für die Entwicklung der Gesellschaft und die im Wesen des Menschen selbst verwurzelte und begründete Bedeutung der menschlichen Sexualität darzulegen sowie das rechte Verständnis des Gewissens, insbesondere auch in seinem Bezug zu den Geboten Gottes, aufzuzeigen. Die Diskussionen, die er auslöste, waren allerdings oft heftig."
Bischof Krenns Wirken als Diözesanbischof von St. Pölten sei dann - wohl auch gerade wegen der vorangegangenen Diskussionen - "sehr schwierig" geworden, so Küng: "Es gelang Bischof Krenn nicht, die entstandenen Polarisierungen mit der Zeit abzubauen. Diese haben sich im Verlaufe der Jahre sogar leider verstärkt, wobei eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle spielte. Gerade deshalb ist es auch heute noch nicht leicht, seiner Person, seinem Einsatz und seinen Bemühungen gerecht zu werden. Wer ihn näher gekannt hat, weiß, dass er unter der Situation nicht wenig gelitten hat; man darf aber auch nicht übersehen, dass unter den aufgetretenen Spannungen viele andere litten."
Pröll: "Streitbarer Bischof mit Handschlagqualität"
Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll würdigte Bischof Krenns "Handschlagqualität". "Die Zusammenarbeit der Diözese und des Landes Niederösterreich fand unter Krenn auf sehr korrekte Weise statt. Bischof Krenn war geprägt durch hohen Intellekt und durch starke Werthaltung, der er in kontroversiellen Diskussionen Ausdruck verlieh. Er respektierte die klare Trennung zwischen Kirche und Staat und prägte dadurch in Niederösterreich eine kooperative Linie beider Institutionen", heißt es in der Würdigung des Landeshauptmanns. Der verstorbene St. Pöltner Bischof sei "ein streitbarer Mann der Kirche mit Handschlagqualität" gewesen, so Pröll.
Linzer Bischof: Besuch zu Weihnachten
In Linz erinnerte Bischof Ludwig Schwarz, dass er Bischof Krenn noch vor Weihnachten besucht habe: "Der Besuch des Heimatbischofs freute den gebürtigen Oberösterreicher immer sehr und hatte große Bedeutung für ihn."
Krenn habe sich in Linz, nach dem Studium in Rom, als Philosophieprofessor an der damals Katholisch-Theologischen Hochschule eingesetzt. Er habe sich "um die Hinführung der Studierenden zum Thema" bemüht, ebenso habe er "oft als Priester mit großem Engagement in Mühlviertler Pfarren ausgeholfen", so Schwarz. Er erwähnte aber auch "Kontroversen" über Aussagen und Wirken Krenns.
"In den letzten Jahren war Bischof Krenn schwer krank und hat viel gelitten. Ich habe mich bemüht, ihn regelmäßig zu besuchen und war ihm in dieser Zeit sehr verbunden. Dabei danke ich den Schwestern, die ihn Tag und Nacht gepflegt haben", schreibt Bischof Schwarz.
Ökumene-Offenheit gewürdigt
Der St. Pöltner evangelische Superintendent Paul Weiland würdigte die Ökumene-Offenheit Bischof Krenns. "In den Jahren, in denen wir in den Kirchen in Niederösterreich gewirkt haben, gab es zahlreiche Begegnungen und auch gemeinsame Feiern wie bei Eröffnungen und Segnungen. Die Begegnungen waren stets respektvoll, auch im Wissen, dass unsere Einstellung und unsere Positionen immer wieder unterschiedlich waren. Persönlich bin ich jedenfalls einem anderen Bischof Krenn begegnet als er in den Medien und in so manchen Auseinandersetzungen präsent war", so Weiland.
Bischof Kurt Krenn habe u.a. den Weg frei gemacht für die gemeinsame Nutzung der Bürgerspitalkirche in Waidhofen an der Thaya von der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche -"ein Modell, das sich in den letzten zehn Jahren sehr bewährt hat", schreibt der Superintendent für die evangelische Diözese Niederösterreich.