Tochter eines Muslims wird Äbtissin in München
Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx weiht am Donnerstag, 11. Juli, dem Hochfest des Heiligen Benedikt, die Priorin der benediktinischen Kommunität Venio, Sr. Carmen Tatschmurat OSB (62), zur ersten Benediktinerinnen-Äbtissin in der bayerischen Erzdiözese. Tatschmurat ist die Tochter eines Muslims.
Die Weihe findet im Rahmen eines Festgottesdienstes um 10 Uhr in der Basilika St. Bonifaz in der bayerischen Landeshauptstadt statt. Dabei wird zugleich die Kommunität zur Abtei erhoben. Zu der Feier in St. Bonifaz kommt viel benediktinische Prominenz, allen voran Abtprimas Notker Wolf, der Abt des Dormitio-Klosters Jerusalem, Gregory Collins, und der Augsburger Altbischof Viktor Josef Dammertz.
Seit 2010 leitet Sr. Carmen Tatschmurat als Priorin die Gemeinschaft, der derzeit 25 Schwestern angehören. Die Kommunität geht zurück auf eine der Liturgischen Bewegung verbundene Gebetsgemeinschaft junger Frauen um Agnes Johannes (1900-1993). Die Gründerin der Gemeinschaft versammelte, inspiriert vom benediktinischen Chorgebet und dem klösterlichen Tagesrhythmus, junge Frauen in München zum gemeinsamen Stundengebet.
1927 wurde die Gemeinschaft durch den damaligen Münchner Erzbischof Kardinal Michael Faulhaber als "vita communis" anerkannt und 1957 der Bayerischen Benediktinerkongregation angegliedert. 1992 folgte die Anerkennung als "Ordensinstitut bischöflichen Rechts" und die Aufnahme in die Benediktinische Konföderation. 2007 gründete die Kommunität eine Niederlassung am Weißen Berg in Prag.
Die Venio-Schwestern verbinden klösterliches Leben mit alltäglicher Berufstätigkeit, sie sind etwa tätig als Gemeindereferentin, Kinderärztin, Krankenschwester, EDV-Verantwortliche oder Bauingenieurin. Auch die Gottesdienste - Stundengebete wie Eucharistiefeiern - sind offen für Interessierte. Daneben laden die Schwestern im Rahmen ihres Jahresprogramms regelmäßig zu Gebetskreisen, Gesprächsabenden, Ausstellungen und Tagen im Kloster ein.
Carmen Tatschmurat wurde 1951 in München geboren. Ihr Vater war ein Muslim aus Turkmenistan, der für den US-Sender Radio Free Europe arbeitete, ihre Mutter war Deutsche.
Die jetzige Äbtissin wurde zwar als Kind katholisch getauft, aber ihr Werdegang war alles andere als selbstverständlich. Sie studierte Sozialpädagogik an der Katholischen Stiftungsfachhochschule München und arbeitete danach im Bereich "Berufs- und Arbeitskräfteforschung" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Zur Kommunität Venio stieß Tatschmurat 1997, nach längerem Suchen. "Ich war beruflich die Karriereleiter schon ziemlich hochgeklettert, habe gut verdient und war ehrenamtlich aktiv", sagte sie in einem Interview für die deutsche katholische Nachrichtenagentur KNA. Von einer Exerzitienbegleiterin sei sie auf die Kommunität Venio hingewiesen worden, deren Mitglieder weiter berufstätig bleiben. "Dort bin ich dann ganz schnell ins Noviziat eingetreten, mit 47 Jahren eilt es dann doch", schilderte sie ihre Lebenswende.