Koptischer Papst Tawadros II. in Österreich
Die Kirchen im Orient haben nur dann eine Chance zu bestehen, wenn sie künftig zu mehr Einheit finden. Das war der Tenor einer Festveranstaltung am Montagabend im Wiener Erzbischöflichen Palais zu Ehren des koptischen Papst-Patriarchen Tawadros II. Kardinal Christoph Schönborn rief zum Gebet und Einsatz für die verfolgten Christen auf. Tawadros II. wurde im Rahmen der Festveranstaltung zum Ehrenprotektor der ökumenischen Stiftung Pro Oriente ernannt.
Der Ostkirchenexperte und Vorsitzender von Pro Oriente-Salzburg, Prof. Dietmar Winkler, zeigte sich in seiner Festansprache überzeugt, es sei längst an der Zeit für die Einheit der Kirchen: "Die Welt braucht das gemeinsame Zeugnis aller Kirchen." Auch die Entführer des syrisch-orthodoxen Metropoliten Mar Gregorios Yohanna Ibrahim und des griechisch-orthodoxen Erzbischofs Boulos Yazigi hätten keinen Unterschied darin gesehen, dass die beiden Bischöfe unterschiedlicher Kirchentraditionen angehören.
Formel der Annäherung
Pro Oriente-Präsident Johann Marte und Prof. Winkler unterstrichen im Rahmen der Ernennung von Tawadros II. zum "Pro Oriente"-Ehrenprotektor die langen und sehr fruchtbaren Beziehungen zwischen Pro Oriente und der Koptischen Kirche seit den 1960er-Jahren. Ein frühes positives Ergebnis der Beziehungen sei die "Wiener Christologische Formel".
Mit dieser inoffiziellen Übereinkunft aus dem Jahr 1971 konnten zentrale theologische Streitpunkt zwischen der katholischen Kirche und den altorientalischen Kirchen ausgeräumt werden. Katholische und orientalisch-orthodoxe Christen würden in unterschiedlichen Formulierungen den selben Glauben bekennen. Maßgeblichen Anteil am Gelingen der Gespräche hatte damals der koptische Papst-Patriarch Schenouda III.
Freilich, so Prof. Winkler, seien die vielen Konsultationen, Tagungen und verabschiedeten Erklärungen sinnlos, wenn sie nicht in Folge von den jeweiligen Kirchenleitungen und auch den Gläubigen rezipiert würden.
Papst Tawadros II. ging in seines Dankesworten nicht direkt auf die ökumenischen Appelle seiner Vorredner ein, verwies aber auf seinen jüngsten Besuch bei Papst Franziskus, der im Zeichen der Verbundenheit beider Kirchen gestanden habe. Zudem würdige er die gute Aufnahme der Koptischen Kirche in Österreich, so Tawadros.
Kopten: Seit zehn Jahren anerkannt
Im Rahmen des Festaktes wurde auch das zehnjährige Bestehen des "Orientalisch-orthodoxen Kirchengesetzes" feierlich begangen. Mit dem Gesetz wurde die Koptische Kirche im April 2003 staatlich anerkannt. Seither hat sie die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Damit wurde eine einheitliche Rechtsgrundlage für die orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich geschaffen und somit die Koptisch-orthodoxe Kirche den beiden anderen orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich, nämlich der Armenisch-apostolischen und der Syrisch-orthodoxen Kirche, gleichgestellt.
Oliver Henhapel, Leiter des Kultusamtes im Unterrichtsministerium, erläuterte die Prinzipien des Verhältnisses zwischen Staat und Religionen bzw. Kirchen in Österreich. Diese seien institutionell getrennt, würden aber zum Wohle aller kooperieren. Der Staat könne durch die demokratische Grundordnung nur einen Rahmen schaffen, der von den gesellschaftlichen Kräften mit Werten gefüllt werden muss. Hier würden die Kirchen bzw. Religionen die Hauptrolle spielen, zeigte sich Henhapel überzeugt.
Österreich: Rund 22.000 Orientalisch-Orthodoxe
Im Vorfeld der Entstehung des "Orientalisch-orthodoxen Kirchengesetzes" war die "Orientalisch-orthodoxe Kirchenkommission" gegründet worden, der die Syrisch-orthodoxe, Armenisch-apostolische und Koptisch-orthodoxe Kirche angehören. Der syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Emanuel Aydin, Vorsitzender der Kirchenkommission, berichtete über die einzelnen Kirchen: Demnach gibt es derzeit in Österreich rund 6.000 syrisch-orthodoxe Gläubige, 10.000 Kopten und nochmals 6.000 armenisch-apostolische Christen.
An den Sitzungen würden inzwischen auch Vertreter der Äthiopisch-orthodoxen und Syro-malankarischen Kirche teilnehmen, so Aydin weiter. Freilich gebe es in Österreich derzeit noch zu wenige Gläubige dieser Kirchen, um eine Vollmitgliedschaft in der Kommission und die staatliche Anerkennung zu erreichen.
An dem Festakt nahmen u.a. zahlreiche Bischöfe der Koptischen Kirche, darunter der für Österreich zuständige Bischof Anba Gabriel, der Apostolische Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, der orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis), sowie als Vertreter der Politik der zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer teil. Weiters auch der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura, Weihbischof Franz Scharl, der armenisch-apostolische Patriarchaldelegat für Mitteleuropa, P. Tiran Petrosian, und der Vorsitzende der männlichen Ordensgemeinschaften in Österreich, Propst Maximilian Fürnsinn. Auch der ägyptische Botschafter in Österreich, Khaled Abdelrahman Abdellatif Shamaa, sowie Vertreter der Muslime waren anwesend.
12-tägiger Österreich-Besuch
Der zwölftägige Österreich-Besuch des Papst-Patriarchen begann am 23. Mai 2013. In einer ersten Stellungnahme gegenüber Journalisten am Flughafen Wien hatte Tawadros II. die guten Beziehungen zwischen den Kopten in Österreich und der einheimischen Bevölkerung hervorgehoben - "sowohl in politischen als auch in kirchlich-religiösen Belangen". Er hoffe, diese Beziehungen durch seinen Besuch noch weiter zu stärken, wobei für ihn hier besonders das Treffen mit Bundespräsident Heinz Fischer ein Höhepunkt darstelle. Seinen fast zweiwöchigen Österreich-Aufenthalt bezeichnete Tawadros II. jedoch "vor allem als Pastoralbesuch, der der koptischen Gemeinde gilt".
Auf dem Österreich-Programm des Patriarchen von Alexandrien stehen u.a. die Weihe von fünf koptische Kirchen, Begegnungen mit Bundespräsident Heinz Fischer, Staatssekretär Sebastian Kurz und Kardinal Christoph Schönborn. Tawadros II. wird zudem mit der koptischen Jugend zusammentreffen und Vorlesungen am "Pope Shenouda-College" halten. Seine Rückkehr nach Ägypten ist für den 3. Juni vorgesehen.
6.000 Kopten in Österreich
In Österreich gibt es mehr als 6.000 koptische Christen. Genaue Daten liegen nicht vor. Die erste koptische Kirchengemeinde wurde 1976 in Wien gegründet. Inzwischen leben auch in den anderen Bundesländern zahlreiche koptische Familien. Kirchen und Gemeinden gibt es neben Wien in Graz, Linz, Klagenfurt, Bruck/Mur und Schärding.
Da das Mönchstum in der koptischen Glaubensgemeinschaft eine zentrale Rolle spielt, erwarb die koptische Gemeinde im November 2001 Schloss Obersiebenbrunn (Niederösterreich), welches sich ehemals im Besitz von Prinz Eugen befand. Dort entstanden ein Kloster, ein ökumenisches Begegnungszentrum und eine theologische Ausbildungsstätte.
Seit dem Jahr 2000 wird die Koptische Kirche in Österreich von Bischof Gabriel geleitet, zu dessen Seelsorgebereich neben Österreich auch die Ostschweiz gehört. Ihm stehen 13 Priester zur Seite.
Mit dem "Orientalisch-orthodoxen Kirchengesetz" wurde die koptische Kirche im April 2003 staatlich anerkannt. Seither hat sie die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Damit wurde eine einheitliche Rechtsgrundlage für die orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich geschaffen und somit die Koptisch-orthodoxe Kirche den beiden anderen orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich, nämlich der Armenisch-apostolischen und der Syrisch-orthodoxen Kirche, gleichgestellt.
Die Koptisch Kirche betrachtet sich als die erste Kirche in Afrika und führt ihre Entstehung auf das Wirken des Apostels Markus zurück. Die Anfänge der Kirche gehen in das 1. Jahrhundert zurück. Die Koptisch-Orthodoxe Kirche umfasst weltweit mindestens 14 Millionen Gläubige (12 Millionen davon in Ägypten) in 41 Diözesen. Der Sitz des Patriarchates ist Kairo.
Quelle: Kathpress