Bischof Scheuer besucht Irak
Der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer befindet sich derzeit zu kirchlichen und politischen Gesprächen im Irak. Am Montagabend war Scheuer in Erbil, der Hauptstadt der autonomen Region Kurdistan, mit dem chaldäisch-katholischen Erzbischof Bashar Warda zusammengetroffen. Warda appellierte dabei an den Westen, sich verstärkt für die letzten Christen im Irak einzusetzen. Wenn die führenden kurdischen und irakischen Politiker weiterhin bemerkten, dass dem Westen das Schicksal der christlichen Minderheit im Land gleichgültig ist, werde das deren ohnehin schon schwierige Position noch verschärfen.
Lobend hob Warda den letzten Besuch des österreichischen Außenministers Michael Spindelegger hervor. Der Vizekanzler habe bei seinem Besuch in der Region dezidiert auch auf Begegnungen mit den Bischöfen.
Auf die politische Zukunft des Irak angesprochen, der in einen kurdischen, sunnitischen und schiitischen Teil zerfallen könnte, meinte Bischof Warda, dass er dieses Szenario für sehr schlecht halte. Die Christen würden dann zwischen allen Fronten und Grenzen aufgerieben. Der Erzbischof räumte ein, dass von einem rein politischen Standpunkt aus einiges für die von ihm so gefürchtete Zersplitterung des Landes spreche.
Dass so viele Christen das Land verlassen, sei nur allzu verständlich, so Warda weiter. Er setze sich jedoch vehement dafür ein, die christliche Präsenz im Irak zu erhalten. Vor dem Irakkrieg 2003 lebten gut 800.000 Christen verschiedenster Konfessionen im Irak. Inzwischen sind es nur mehr halb so viele. Rund 1.000 Christen wurden bei Terroranschlägen getötet. Viele flohen aus dem Süden und Zentralirak in den relativ sicheren Norden.
Montagvormittag waren Gespräche in Kirkuk, der Hauptstadt der gleichnamigen umstrittenen Provinz, auf dem Programm von Bischof Scheuer gestanden. Mit führenden Scheichs und Imamen der Region erörterte er Möglichkeiten zu einem besseren Miteinander von Christen und Muslimen.
In den letzten Jahren waren in Kirkuk insgesamt 80 führende muslimische Vertreter Anschlägen zum Opfer gefallen. Die muslimischen Vertreter ließen deshalb in ihren Aussagen durchblicken, dass nicht nur Christen Opfer islamistischer Terroristen seien. Mit ihrer Teilnahme an den Gesprächen würden sie - die Scheichs - sich auch selbst in Gefahr begeben.
Rakan Said, Vize-Gouverneur der Provinz Kirkuk erläuterte im Gespräch mit Bischof Scheuer die verworrene politische Situation der Region. Der Status der Stadt und Region Kirkuk ist politisch höchst umstritten. Die Kurden wollen das ölreiche Gebiet ihrer autonomen Region Kurdistan anschließen, die zwar auf dem Papier noch zum Irak gehört, faktisch aber weitgehend unabhängig ist. Die irakische Zentralregierung in Bagdad wiederum möchte Kirkuk auf keinen Fall verlieren.
Bereits 2007 hätte in einem Referendum über die Zukunft der Region entschieden werden sollen. Dieses war nach Ausschreitungen und einer politischen Krise dann aber auf unbestimmte Zeit verschoben worden.
Keine Fortsschritte
Der aus Bagdad nach Kirkuk gereiste chaldäische Weihbischof Shlemon Warduni schilderte die schwierige Situation in der irakischen Hauptstadt. Er sehe derzeit kaum Fortschritte hin zu mehr Sicherheit und politischer Stabilität im Land. Zu unterschiedlich und zugleich verfestigt seien die Positionen der einzelnen Parteien bzw. Ethnien und religiösen Gruppierungen im Land.
Nichtsdestotrotz bemühe sich die chaldäische Kirche unter ihrem neuen Patriarchen Louis Raphael I. (Sako) auch weiterhin, die verfeindeten Gruppierungen zum Dialog zusammenzubringen.
Hilfswerk ICO bguat Infrastruktur auf
Bischof Scheuer befindet sich mit einer Gruppe österreichischer Journalisten im Nordirak. Am Dienstag stehen noch politische Gespräche in Erbil auf dem Programm, der Innsbrucker Bischof wird im Anschluss in den Norden Kurdistans reisen, wo die in Linz beheimatete "Initiative Christlicher Orient" (ICO) seit vielen Jahren Hilfsprojekte für Christendörfer durchführt.
Diese Dörfer wurden in den 1970er-Jahren vom Regime Saddam Husseins zerstört, die Bevölkerung musste in den Süden des Landes übersiedeln. Nach dem Sturz des Diktators 2003 wollten die neuen kurdischen Machthaber die Christen zurückholen und bauten viele der Dörfer wieder auf.
Den aus Bagdad und anderen Provinzen in den Norden geflohenen Christen fehlt es aber vielfach an Erwerbsmöglichkeiten und Infrastruktur. Die vom Linzer Liturgiewissenschaftler Prof. Hans Hollerweger geleitete ICO hilft etwa bei der Anschaffung landwirtschaftlicher Geräte oder kleiner Handwerksbetriebe, sie fördert den Bau von Kindergärten oder die Anschaffung von Transportmitteln, damit Kinder aus den entlegenen Dörfern die Schulen in der Provinzhauptstadt Zakho besuchen können.
Quelle: Kathpress