Innsbrucker Altbischof Stecher verstorben
Der Tiroler Altbischof Reinhold Stecher ist am Dienstagabend in einer Innsbrucker Klinik verstorben. Der 91-Jährige lag seit der Nacht davor auf der Intensivstation, wegen seines bereits kritischen Zustands hatte sich Diözesanbischof Manfred Scheuer am Krankenbett seines Vorgängers eingefunden und verbrachte auch die letzte Stunde Stechers an dessen Seite, wie teilte der Pressereferent der Diözese Innsbruck, Michael Gstaltmayr, mitteilte. Er äußerte sich tief betroffen über den Tod Reinhold Stechers: Die Diözese sei "in großer Trauer und zugleich Dankbarkeit für sein wirken", heißt es in einer Aussendung. "Ich bitte die Menschen im Land um ihr Gebet, dass Gott Bischof Reinhold den Himmel schenke", teilte Bischof Scheuer mit.
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Stecher war von 1980 bis 1997 nach Bischof Paulus Rusch der zweite Bischof der jungen, 1968 errichteten Diözese Innsbruck. Zuletzt lebte er seit 1997 in einer Wohnung der Personalhäuser des Sanatoriums Hochrum. Bis zuletzt war er als Maler und Autor aktiv, half in der Seelsorge aus, machte Krankenbesuche, hielt Vorträge und Exerzitien. Wegen seiner Geradlinigkeit, seine tiefe Spiritualität und nicht zuletzt seiner außerordentlichen Kreativität in Wort und Bild war Stecher auch nach seiner Emeritierung weit über kirchliche Kreise hinaus hochgeschätzt.
"Die Landeklappen sind ausgefahren"
Reinhold Stecher wurde 22. Dezember 1921 in Innsbruck geboren. 1947 wurde er in Schwaz zum Priester geweiht, die Bischofsweihe erfolgte am 25. Januar 1981, rund einen Monat nach seiner Ernennung durch Papst Johannes Paul II. Stecher leitete die Diözese bis 1997. Ihm folgte Bischof Alois Kothgasser, heute Erzbischof von Salzburg, danach Manfred Scheuer.
Als prägend bezeichnete Stecher neben seinem Studium bei Rahner und Jungmann auch die Erfahrung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). "Die Bedeutung dieses Konzils konnte ich an meinem Vorgänger Bischof Paulus Rusch ablesen. Mich bewegte immer, wie sehr das Konzil diesen nüchternen und zurückhaltenden Menschen verändert hat. An der Veränderung seines Wesens wurde für mich deutlich, dass das Konzil neue Geleise gelegt hat", unterstrich Stecher einmal in einem Interview mit dem "Tiroler Sonntag" aus Anlass seines 85. Geburtstages.
Im gleichen Interview sprach Stecher auch aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen an und warnte vor der "Hybris, dem Verlust des Maßes, der Krallenhand, die immer noch nach mehr greift und alles Glück im Haben sucht". Leichtsinnig werde heute Errungenes aufs Spiel gesetzt: "Die repräsentative Demokratie durch ungezügelte Populismen, soziale Sicherung für alle durch rücksichtslose Egoismen, Monotheismus durch Money-Theismus, der über die Welt schwappt."
Zu seiner persönlichen Situation sagte Stecher damals, es sei "reine Gnade, dass ich ein schönes und erfülltes Alter erleben darf". Er erlebe sein Leben dabei wie in einem Flugzeug: "Die Landeklappen sind ausgefahren. Ich bin bereit zum Landen. Je näher ich diesem Flughafen komme, umso wesentlicher steht Christus vor mir".
1941 von der Gestapo verhaftet
Nachdem er 1939 ins Priesterseminar eingetreten war, wurde er 1941 unter der Anklage der Mitbeteiligung an der Organisation einer unerlaubten Wallfahrt von der Gestapo verhaftet und rund drei Monate gefangen gehalten. Nach seiner Entlassung wurde er zum Militärdienst einberufen. Nach kurzer Internierung in Norwegen kehrte er 1945 nach Tirol zurück und konnte sein Theologiestudium - u. a. bei den für ihn prägenden Professoren Karl Rahner oder Josef Jungmann - in Innsbruck fortsetzen. Bischof Rusch weihte seinen späteren Nachfolger am 19. Dezember 1947 zum Priester.
Anschließend wurde Stecher Präfekt am Knabenseminar "Paulinum" in Schwaz. Er promovierte 1951 und unterrichtete in den Jahren bis 1968 an verschiedenen Innsbrucker Schulen. Anschließend lehrte er bis zu seiner Berufung zum Bischof als Professor für Religionspädagogik an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Tirol.
Als Caritas-Referent der Bischofskonferenz ließ Stecher wiederholt durch deutliche Wortmeldungen zur Flüchtlingsfrage und anderen sozialen Problemen aufhorchen. Besondere Beachtung fanden nicht zuletzt seine prononcierten Äußerungen auch zur innerkirchlichen Entwicklung, wie etwa sein Eintreten für eine Änderung bei den Zulassungsbedingungen zum Priesteramt.
Zu den Höhepunkten von Stechers Amtszeit zählte die 1996 in Rom erfolgte Seligsprechung der beiden Tiroler Märtyrerpriester Otto Neururer und P. Jakob Gapp, beide Opfer der nationalsozialistischen Kirchenverfolgung in Tirol.
Schlusstrich unter antisemitischen "Anderl-Kult"
Einen weiteren, weltweit beachteten Höhepunkt seiner Amtszeit stellt 1988 das entschlossene Vorgehen Stechers gegen die Legende vom angeblichen jüdischen Ritualmord am "Anderl von Rinn" dar. Bischof Stecher ordnete - gegen den heftigen Widerstand der Anhänger des "Anderl-Kultes" - die Herausnahme der angeblichen Gebeine des Anderl aus dem Hochaltar der Kirche Judenstein und deren Einmauerung an. Auch das Deckenfresko, das die "Schlachtung" des Anderl durch Juden zeigte, wurde abgedeckt. 1989 wurde die Kirche neu geweiht.
Stecher setzte 1988 der Legende vom angeblichen jüdischen Ritualmord am "Anderl von Rinn" ein Ende, und verbot jeden weiteren Kult (bereits Papst Paul VI. verbot in den 1960er Jahren die Verehrung des Anderl von Rinn, da es sich bei den Reliquien um eine sichere Fälschung handelte). In seine Amtszeit fiel weiters der Besuch von Johannes Paul II. in Innsbruck und die Seligsprechung der beiden Märtyrerpriester Otto Neururer und Jakob Gapp.
In der Österreichischen Bischofskonferenz war Bischof Stecher viele Jahre zuständiger Referatsbischof für die Referate Caritas und Frauen. Zugleich war Stecher Vertreter der Österreichischen Bischofskonferenz in der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz. 1993 wurde er mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet
Schönborn würdigt Altbischof
Als Menschen, der "durch seine Person, seine Texte und seine Bilder vielen Menschen die Freude am Glauben und einen Zugang zum Evangelium eröffnete" hat Kardinal Christoph Schönborn den verstorbenen Innsbrucker Altbischof Reinhold Stecher gewürdigt. Viele habe "seine Geradlinigkeit, seine kritische Stimme sowie seine Liebe zu den Bergen beeindruckt", sagte Schönborn in einer ersten Reaktion gegenüber "Kathpress".
Stecher sei vielen als Künstler und Aquarellmaler bekannt gewesen, "weniger bekannt war aber, dass Bischof Stecher auch ein sehr guter Karikaturist mit einem tiefsinnigen Humor war", so Schönborn.
Stecher war am Dienstagabend in einer Innsbrucker Klinik im Beisein von Bischof Manfred Scheuer im 92. Lebensjahr verstorben.
Evangelische Kirche würdigt Stecher
Bischof Stechers Glaube "hatte die Kraft, Grenzen zu überwinden". Das betonte der evangelische Superintendent Olivier Dantine in einem Kondolenzschreiben an Bischof Manfred Scheuer zum Tod von Altbischof Reinhold Stecher. Die Evangelischen in Tirol seien dankbar für Stechers unermüdlichen Einsatz für die Aussöhnung zwischen den christlichen Kirchen. Sein Wirken habe die Basis für das gute ökumenische Klima gelegt, das die Kirchen heute erlebten, so der Superintendent der evangelisch-lutherischen Diözese Salzburg/Tirol.
"Auch für das uns verbindende Anliegen der Überwindung der christlichen Judenfeindschaft hat sich Bischof Stecher unschätzbare Verdienste erworben", erinnerte Dantine, der das Kondolenzschreiben auch im Namen von Altsuperintendentin Luise Müller und des Superintendenten für Kärnten und Osttirol, Manfred Sauer, übermittelte.
Dantine beschrieb den verstorbenen Altbischof als einen "ganz besonderen Menschen, der mit seiner offenen, fröhlichen und gelassenen Art viele Menschen berührt und beeindruckt" habe.
Quelle: Kathpress