"Gebet der Solidarität" für Flüchtlinge
Ein eindrucksvolles Zeichen der Solidarität mit Asylwerbern und Flüchtlingen haben Gläubige in ganz Österreich mit einem "Gebet der Solidarität" gesetzt. Hunderte kamen am Montagabend in mehreren Gotteshäusern des Landes zusammen, um für einen menschenwürdigen Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen zu beten. In Wien appellierte die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich, Gerade Schaffelhofer, an die politisch Verantwortlichen wie auch an die Flüchtlinge in der Votivkirche, zu einer konstruktiven Lösung beizutragen.
Jeder Art von Politik auf Kosten der Flüchtlinge erteilte Schaffelhofer eine deutliche Absage, so Schaffelhofer in der Wiener Ruprechtskirche. Diese politischen Ambitionen seien menschenverachtend und gefährlich. "Wer die Unterstützung von Flüchtlingen als Asylmissbrauch verurteilt, wer Helfer als Beitragstäter abstempelt, will aus der Notsituation von Menschen politisches Kapital schlagen. Das dürfen wir in Österreich nicht zulassen", sagte die KAÖ-Präsidentin wörtlich.
In Österreich gebe es eine Tradition der Gastfreundschaft, diese müsse auch im dritten Jahrtausend gepflegt und fortgeführt werden. Schaffelhofer: "Wer sich dieser Tradition der Gastfreundschaft verschließt, ist der eigentlich Fremde in unserem Land, denn er hat nichts von uns begriffen."
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In Richtung der Flüchtlinge in der Votivkirche sagte die KAÖ-Präsidentin: "Euer Hilferuf wurde gehört. Eure Protestaktion hat Wirkung gezeigt." Ein fortdauernder Protest in der Votivkirche würde aber jenen politischen Kräften in die Hände spielen, "die sich euren Anliegen zur Gänze verschließen und gegen euch mobil machen". Schaffelhofer: "Protest schafft Aufmerksamkeit, und das ist gut so. Am Anfang. Fortdauernder Protest ist aber auch permanente Provokation. Provokation kann aber zur Eskalation führen, und das wäre nicht mehr gut. Am Ende würden wir alle nur verlieren."
Schönborn: "Mehr Liebe und Gebet"
Menschen in Not brauchen die Unterstützung von Christen, ihren Einsatz für gerechtere Gesetze, mehr Liebe und das Gebet. Das unterstrich Kardinal Christoph Schönborn in einer geistlichen Botschaft an die in der Wiener Ruprechtskirche versammelten Gläubigen. Er werde "heute Abend vor allem für die Flüchtlinge beten, besonders für alle, die in der Votivkirche Zuflucht gefunden haben", betonte der Wiener Erzbischof, der sich derzeit mit der Diözesanleitung und den Dechanten außerhalb Wiens auf Klausur befindet. Schönborn: "Ich bete gleichermaßen um eine konkrete Verbesserung ihrer gegenwärtigen Situation und darum, dass es in ihrem heute so aussichtslosen Leben wieder eine Perspektive für eine normale Existenz geben möge."
Eingangs betonte der Wiener Erzbischof, dass Christen zum Schicksal und zur Not der Flüchtlinge nicht schweigen könnten. "Wir müssen darauf drängen, dass die Gesetze gerechter werden". Gleichzeitig brauche der Mensch eine über die Gerechtigkeit hinausgehende Liebe, hob der Kardinal mit Verweis auf Papst Benedikt XVI. hervor. Daher gelte es an diesem Abend darum zu beten, "dass wir diese Liebe aufbringen, gerade den Geringsten unserer Brüder und Schwestern gegenüber - denen, die nichts haben, keine Unterkunft, keine Arbeit, oft keine Familie mehr und nicht einmal eine Heimat."
Zugleich sagte der Kardinal, dass er auch für alle beten wolle, "die den Flüchtling nicht als einen Bruder sehen können, der dürstet nach einem liebevollen Blick, sondern nur die Fremden, die aus dem Land geworfen werden sollen." Gebetet werden sollte zudem "für die, die die Liebe verächtlich machen als Schwachheit und Gefühlsduselei."
Sein Gebet würde auch für die sein, "die die Flüchtlinge als Mittel zum politischen Zweck sehen, nur als Vertreter einer sozialen Kategorie und nicht jeden einzelnen als Ebenbild Gottes," erklärte der Kardinal. Und an alle Helfer gewandt, versicherte der Wiener Erzbischof, dass er für sie "um Geduld, Kraft, Toleranz und immer wieder erneuerter Freude an der Begegnung" beten wolle.
"Aufschrei nach Gerechtigkeit und Solidarität"
In einem vom Kärntner Bischof Alois Schwarz verfassten geistlichen Impuls bezeichnete dieser das Gebet als "Ausdruck des Respekts der Würde jedes Menschen" und als "Aufschrei nach Gerechtigkeit und Solidarität". Das Gebet, vor allem das Klagegebet, sei eine Form der Anteilnahme am Leid der Menschen, "es ist ein Zeichen des Mittragens an ihren Bedrängnissen und ein Wahrnehmen all der Unterdrückung, die ihnen zuteil wird". Das Gebet miteinander und füreinander schenke "eine große innere Kraft für neue überzeugende Taten der Liebe".
Er sei dankbar für die vielen Zeichen der Humanität und der Sorge um die Begegnung mit Menschen, die auf der Flucht und auf der Suche nach einer neuen Heimat sind, so der für die Laienorganisationen zuständige Bischof. Alle Obdachlosen, Ausgegrenzten, Verfolgten, Flüchtlinge und Asylwerber seien nicht Gegenstand herablassender Wohltätigkeit, "sondern unsere Brüder und Schwestern, in denen unser Richter und Herr erscheint".
Asyl "kein Gnadenakt"
Der Generalsekretär von Amnesty Österreich, Heinz Patzelt, unterstrich bei dem "Gebet der Solidarität" in Wien, dass Menschenrechte und Menschenwürde unteilbar und überall gültig seien. Asyl dürfe in diesem Sinne nicht als "Gnadenakt" verstanden werden, sondern als ein "Recht". Als Vertreter einer "zutiefst laizistischen Organisation" sei er dankbar für Organisationen wie Caritas und Diakonie, welche ihre religiösen Überzeugungen nur dafür nutzen würden, "das Gute und Richtige zu tun", und auch für Religionsgemeinschaften, die "nicht nach dem religiösen Bekenntnis fragen, wenn Hilfe nottut".
Im Namen des "Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich" (ÖRKÖ) begrüßte auch Bischofsvikar Nicolae Dura in einer Grußbotschaft die Initiative zum "Gebet der Solidarität". Es entspreche der orthodoxen Tradition, für die Leidenden und ihre Errettung zu beten erklärt Dura, der auch fordert, dass dem Problem "nicht nur mit Vernunft, sondern auch mit dem Herzen" begegnet werden solle. Deshalb wünscht sich Dura, dass die Menschen "voller Mitgefühl", dem Gebet der Solidarität auch "Taten der Solidarität folgen lassen.
Zum "Gebet der Solidarität" hatte die Katholische Aktion gemeinsam mit der Caritas, der evangelischen Diakonie, den Ordensgemeinschaften Österreich, der Katholischen Jugend, der "youngCaritas", der Wochenzeitung "Die Furche" sowie etlichen weiteren Organisationen und Gruppen eingeladen.
Gebetsaktionen wie in der Wiener Ruprechtskirche fanden u.a. auch in der Ursulinenkirche in Linz, der Herz-Jesu Kirche in Graz und im Haus der Begegnung in Innsbruck statt.
Quelle: Kathpress