Neuheidentum und Fundamentalismus im Fokus
Mehr als 250 Bischöfe aus aller Welt, darunter der Wiener Kardinal Christoph Schönborn und Bischof Ägidius Zsifkovics aus Eisenstadt, bereiten dieser Tage ihre Abreise nach Rom vor. Ab 7. Oktober werden sie sich drei Wochen lang mit Papst Benedikt XVI. in der Synodenaula oberhalb der vatikanischen Audienzhalle versammeln, um über die Neuevangelisierung der vom katholischen Christentum "ermüdeten" Gebiete - in erster Linie wohl Europa und Nordamerika - zu beraten.
Zu den vom Papst ernannten 36 Synodenvätern gehören die Kardinäle Schönborn, Peter Erdö (Esztergom), Vinko Puljic (Sarajevo), Josip Bozanic (Zagreb) und Joachim Meisner (Köln). Hinzu kommen mehr als 200 Delegierte, die von den nationalen und regionalen Bischofskonferenzen entsandt werden; aus Österreich ist dies Bischof Zsifkovics.
Die 13. Ordentliche Weltbischofsynode tagt bis zum 28. Oktober im Vatikan; das genaue Thema lautet "Die Neuevangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens". Vom Papst berufen wurden auch die Kardinäle Andre Vingt-Trois aus Paris, George Pell aus Sydney sowie Oswald Gracias aus Bombay. Ebenfalls vom Papst zur Synode eingeladen wurden der Leiter der Personalprälatur Opus Dei, der spanische Bischof Javier Echevarria Rodriguez, sowie der Generalsuperior der Schönstatt-Bewegung, P. Heinrich Walter.
Als Berater berief das Sekretariat der Synode mit Billigung des Papstes 45 Frauen und Männer, aber auch 49 Beobachter, die an der Zusammenkunft teilnehmen werden. Es handelt sich überwiegend um Repräsentanten katholischer Organisationen sowie geistlicher Gemeinschaften, unter ihnen befinden sich auch zwei Vertreter aus Syrien, sowie ein Ägypter und ein Kubaner.
In die Synoden-Arbeitsunterlage ("Instrumentum laboris") eingearbeitet ist eine Umfrage unter den 114 Bischofskonferenzen, 13 Ostkirchen-Synoden, 26 Kurienbehörden und den Ordenszentralen. Der Unterlage zufolge soll die Wiederentdeckung und Wiederbelebung des Glaubens von der Analyse der fortschreitenden Säkularisierung und des damit verbundenen kulturellen Wandels ausgehen. Die Antworten, die auf das Bedürfnis nach Religion gegeben würden, nähmen oft "Formen einer individualistischen Spiritualität oder des Neuheidentums an", so die Analyse.
Religion "zerbröckelt"
Schwerwiegende Folgen für Kirche und Religiosität hätten die Migration und das Aufeinandertreffen der Kulturen mit sich gebracht, heißt es in dem Arbeitspapier. Im Laufe dieses Prozesses seien Bezugspunkte, Werte, Bindungen und Traditionen wie die Religion "zerbröckelt". Auch ökonomische und politische Veränderungen, Fortschritte in Wissenschaft und Technologie sowie die neue Medienlandschaft stellten die Evangelisierung vor Herausforderungen.
Ferner müssten die angebliche Wiederentdeckung des Spirituellen und die Indizien einer "religiösen Wiedergeburt" ernsthafter hinterfragt werden. Das umso mehr, als hier häufig Phänomene eines die Religion verdunkelnden Fundamentalismus aufträten. In diesem Kontext müsse die Kirche neue Methoden entwickeln. Die Gründe für die "schweigende Apostasie" (Loslösung) zahlreicher Gläubiger von der christlichen Praxis müssten gesucht werden.
Die Kirche habe nicht ausreichend auf die kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen reagiert. Der Glaube sei schwach geworden, es fehle eine persönliche und von der Erfahrung gestützte Teilnahme an der Weitergabe des Glaubens. Die geistliche Begleitung der Gläubigen auf dem Weg ihrer intellektuellen und beruflichen Ausbildung sei unzureichend.
Verwiesen wird ferner auf eine übertriebene Bürokratisierung in der Kirche, die "als fern vom Menschen und seinen existenziellen Sorgen empfunden" werde. All das habe die Dynamik des Glaubens, den missionarischen Elan gebremst.
Auch Priestermangel Thema
Auch der Priestermangel wird behandelt. In allen Antworten werde "die unzureichende Zahl des Klerus, dem es deshalb nicht mehr gelingt, in ruhiger und wirksamer Weise die Umwandlung der Art und Weise, Kirche zu sein, zu gestalten" beklagt. "Manchmal" sei zudem von der Notwendigkeit die Rede, "sich eine Organisation der Kirche vor Ort vorzustellen, in der neben Priestern immer mehr Laien in die Belebung der Gemeinschaft einbezogen werden".
Ein weiteres wiederkehrendes Thema sind die geistlichen Gemeinschaften. Zum einen wird ihr Beitrag für eine Neubelebung des Glaubens gewürdigt. Zum anderen wird ihre stärkere Einbindung in die reguläre Pfarrseelsorge gefordert und vor sektiererischen Tendenzen gewarnt. Christliche Gemeinschaften dürften bei der Verkündigung nicht der Versuchung erliegen, "die aggressiven und proselytischen Töne" von Sekten zu imitieren. Die Bischofssynode müsse das Verhältnis von Charisma und Institution "in ihrer missionarischen Spannung zum Thema machen".
Quelle: Kathpress