
Politi: In Pontifikat ist "vieles auf halber Strecke liegen geblieben"
Eine gemischte Bilanz zum Pontifikat von Papst Franziskus hat der Vatikan-Kenner und Journalist Marco Politi gezogen. Politi, der zuletzt ein Buch mit dem Titel "Der Unvollendete" über Franziskus geschrieben hat, äußerte sich am Wochenende gegenüber der "Kleinen Zeitung" (13. April). Franziskus habe "viele Türen geöffnet und Breschen geschlagen", erinnerte Politi - zugleich aber habe er vor Änderungen des Katechismus zurückgeschreckt und Dinge nicht zu Ende geführt: "Vieles (...) ist auf halber Strecke liegen geblieben" - etwa in der Frage des Frauendiakonats oder der Weihe von "viri probati" ("bewährten Männern").
Auch wenn vieles improvisiert wirke, so sei jedoch alles bei Franziskus "stets gut durchdacht", führte Politi weiter aus. Als etwa die internen Widerstände gegenüber dem Frauendiakonat größer wurden, habe der Papst Zeichen gesetzt und etwa Nathalie Becquart und Alessandra Smerilli zu Untersekretärinnen der Synode und des Enwicklungsdikasteriums ernannt. Sr. Raffaela Petrini wurde Generalgouverneurin des Vatikanstaates und Sr. Simona Brambilla Präfektin des Dikasteriums für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens.
Eine Art Ruhe vor dem Sturm ortete Politi aktuell angesichts des angeschlagenen Gesundheitszustandes des Papstes bezüglich der konservativen Papstkritiker unter den Kardinälen. Einen Amtsverzicht aus gesundheitlichen Gründen wie bei Benedikt XVI. habe Franziskus zwar nie ausgeschlossen, "sollten seine Gegner aber Druck auf ihn ausüben und ihn zum Verzicht zwingen wollen, dann wird er nicht weichen", zeigte er sich überzeugt.
Jedenfalls zeige sich am Pontifikat des Franziskus' eindrucksvoll der tiefe Wandel, der auch die Kirche ergriffen habe - denn es werde deutlich, dass der Papst "nicht mehr so allmächtig" ist, wie er einmal war. "Er kann grundlegende Reformen nur mehr anstoßen, wenn er die Mehrheit hinter sich weiß. Und diesen Zuspruch hat Franziskus in der Kirchenhierarchie nie gehabt." Insgesamt sehe er in Franziskus einen Papst "voller Widersprüche". Man solle ihn aber "nicht vorschnell abschreiben. Franziskus ist immer für Überraschungen gut".
Quelle: kathpress