
Petrik: Kirche muss Rolle als Korrektiv in Politik ernster nehmen
Die Kirche ist ein wichtiges Korrektiv für Politik und Gesellschaft - sie muss diese Funktion aber ernster nehmen und intensiver verfolgen. Das hat die frühere burgenländische Landespolitikerin und nunmehrige Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ), Regina Petrik, betont. Als aktive Politikerin habe sie es "oft schmerzlich vermisst", dass die Kirche ihre "Lobbyarbeit" nicht intensiv genug betreibe. "Ich weiß, dass wir das brauchen als moralisches Korrektiv". Darin sehe sie auch eine ihrer Aufgaben in der KAÖ, die Stimme der Laien nicht nur in der Kirche, sondern die Stimme der Kirche in die Gesellschaft hinein lauter werden zu lassen. Petrik äußerte sich in der aktuellen Folge des Podcasts "Der Sozialkompass" der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe).
Politik sei in ihrem Wesen auf Kompromiss und Konsens angelegt, so Petrik. "Wir sind gewählt worden, um unterschiedliche Vorstellungen miteinander zu verhandeln", betont sie mit Blick auf ihre langjährige parlamentarische Tätigkeit. Dass Kompromisse notwendig sind, sehe sie nicht als Schwäche, sondern als "Demokratie in Aktion". Wichtig sei jedoch, dass es dabei fair zugehe: "Streit ist gut - wenn er respektvoll geführt wird." Es brauche Räume, in denen nicht Machtverhältnisse dominieren, sondern Lösungen im Zentrum stehen. Dazu gelte es heute immer mehr, nach neuen Koalitionen mit Menschen und zivilgesellschaftlichen Playern zu suchen, die wirklich an Lösungen und nicht nur an Streit interessiert sind.
Kritisch äußerte sich Petrik zur politischen Kommunikation der Gegenwart. Sie orte eine "Dauerschleife der Empörung", die sich mit dem Aufstieg der sozialen Medien verschärft habe. Kommentare im Sekundentakt, oft emotionalisiert und untergriffig, erschwerten sachliche Auseinandersetzungen. Die mediale Logik bevorzuge Zuspitzung vor Inhalten. "Ich habe als Politikerin erlebt: Wenn ich fundierte Pressekonferenzen mit Expertinnen veranstaltete, war das kaum jemandem eine Schlagzeile wert. Aber wenn im Titel stand 'Petrik attackiert Nissl', waren plötzlich alle da."
Gerade deshalb sei es umso wichtiger, Gegengewichte zu setzen und auf respektvolle Kommunikation zu achten - auch als Vorbild. Dazu gehöre etwa, andere ausreden zu lassen oder sich bewusst auf das Gegenüber einzulassen. "Das beginnt mit einer Sekunde Ein- und Ausatmen", sagte Petrik. Demokratie lebe von Beziehungspflege, auch jenseits politischer Lager. Allianzen mit Andersdenkenden seien kein Verrat an der eigenen Haltung, sondern ein Ausdruck reifer Gesprächskultur.
Zurückblickend auf ihre politische Karriere spricht Petrik auch über die Unterschiede zwischen Wahlkampf und Regierungsarbeit. Wahlkämpfe seien "nicht die Zeit des harmonischen Auftritts", sondern verlangten Zuspitzung. Doch es dürfe keine Dauerstrategie werden, politische Gegner zu diskreditieren. Persönliche Angriffe oder die Missachtung von Diskretion schadeten dem politischen Klima nachhaltig. "Wir brauchen intime Räume, in denen Dinge ausgesprochen und auch mal überdacht werden können, ohne sofort als Verrat gewertet zu werden."
Die inzwischen dritte Staffel des ksoe-Podcast "Der Sozialkompass" steht unter dem Oberthema "Sozialer Friede". Alle bisherigen Staffeln und Folgen und die aktuelle Folge können unter www.ksoe.at/podcast nachgehört werden.
Quelle: kathpress