
Theologin: Biblische Ostertexte keine naturwissenschaftlichen Berichte
Zu Ostern feiern Christinnen und Christen die Auferstehung Jesu - das zentrale Ereignis des christlichen Glaubens. Die Evangelienberichte dazu fallen allerdings eher mager aus: sie sprechen vom leeren Grab, von himmlischen Boten und Begegnungen der ersten Zeuginnen mit dem Auferstandenen. Die biblischen Ostertexte sind aber keine Berichte im modernen, naturwissenschaftlichen Sinn, hält die Wiener Bibelwissenschaftlerin Eva Puschautz im Kathpress-Gespräch fest. Vielmehr könne man die Erzählung vom leeren Grab "nur vom Licht des Auferstandenen her verstehen - und nicht umgekehrt."
Der Impuls zur Weitergabe der Osterbotschaft sei nicht etwa die praktische, also physikalische Graböffnung gewesen - sprich: das Wegwälzen des Steins vom Grabeingang -, sondern die Erfahrung: "Er ist auferstanden und wiedererschienen." Die Botschaft dahinter - Jesus ist auferstanden - habe den Menschen damals und bis heute Hoffnung gegeben. Die Jüngerinnen und Jünger hätten dadurch Hoffnung geschöpft, dass sie - wahrscheinlich in Galiläa - Auferstehung erlebt haben - "das ist das Ausschlaggebende", meinte Puschautz.
Das Konzept der Auferstehung sei zudem auch schon in der Antike keineswegs selbstverständlich gewesen, erklärte die Theologin mit Verweis auf Paulus, einen der bedeutendsten Missionare des Urchristentums. "Wenn Paulus in Athen predigt, fanden seine Erzählungen über den Gott der Himmel und Erde geschaffen hat und den Jesus verkündigt hat Anklang, aber das Thema Auferstehung wird von den griechischen Philosophen in der Apostelgeschichte verspottet (Apg 17,16-34) - man tut sich mit dem Konzept schwer", so Puschautz.
Frauen als erste Zeuginnen
Bemerkenswert sei die zentrale Rolle der Frauen in den Auferstehungsberichten, so die Theologin weiter, denn: "Dass Frauen als erste Zeuginnen der Auferstehung genannt werden, ist ein starkes Indiz für den historischen Kern der Überlieferung." Und weiter: "Das Zeugnis von Frauen galt in der Antike sowohl im Judentum als auch im griechisch-römischen Bereich oftmals als weniger glaubwürdig als das von Männern. Teilweise waren sie als Zeuginnen vor Gericht nicht einmal zugelassen."
"Dass die Frauen als Erstzeuginnen in den Texten erhalten blieben, ist etwas, das eine sehr starke und alte Tradition gewesen sein muss, die sich durchgesetzt hat - obwohl sie den damaligen Erwartungen widersprochen hat", erklärte Puschautz. Auch Paulus erwähne in seinem Auferstehungszeugnis (1 Kor 15) keine Frauen - "möglicherweise, weil er die Tradition nicht kannte oder weil er Petrus, als Mann als glaubwürdigeren Zeugen empfand und deswegen Erscheinungen vor Frauen für nicht berichtenswert hielt".
Historisch ist laut Puschautz vor allem eines gut belegt: der Tod Jesu. Dieser wird unter anderem vom römischen Historiker Tacitus, vom jüdischen Gelehrten Josephus Flavius und im Talmud erwähnt. "Nie wurde in den ersten Jahrhunderten bezweifelt, dass Jesus wirklich am Kreuz gestorben ist." Legenden, dass Jesus etwa nach Indien ausgewandert sei, tauchten erst viele Jahrhunderte später auf.
Erscheinungsgeschichten und ihre Bedeutung
Als besonders eindrucksvoll nannte Puschautz die sogenannten Erscheinungsgeschichten, etwa die Begegnung der Emmausjünger mit dem Auferstandenen (Lk 24,13-35) oder die Berufung des Paulus (z.B. Apg 9, Gal 1,13-17). Diese Erzählungen seien keine psychologischen oder medizinischen Gutachten, sondern Ausdruck einer tiefen religiösen Erfahrung: "Der Kern der Aussage ist, dass die Menschen es so empfunden haben, dass Jesus präsent war und ist und sie in dieser Gewissheit leben - die es für viele Menschen bis dato gibt."
Politischer Kontext des Todes Jesu
Auch das politische Umfeld zur Zeit des Todes Jesu spielt laut Puschautz eine wichtige Rolle: Der Konflikt um die Tempelautoritäten, die Unruhe rund um das jüdische Pessachfest und die Sorge der römischen Besatzungsmacht vor Aufständen hätten schlussendlich zur Hinrichtung Jesu beigetragen. Der Evangelist Johannes lässt die Hohepriester sagen: "Wenn wir ihn gewähren lassen, werden alle an ihn glauben. Dann werden die Römer kommen und uns die heilige Stätte und das Volk nehmen" (Joh 11,48). Entscheidend ist der zweite Teil des Verses. Puschautz: "Das war die große politisch-strategische Sorge: dass der mühsam austarierte Friede mit den Römern ins Wanken gerät."
Eine generalisierende antijüdische Auslegung würden die Texte jedoch nicht hergeben, betonte die Theologin. "Nicht die Juden hatten Schuld am Tod Jesu, sondern Pilatus." Und selbst kritische Texte der Synoptiker gegenüber dem jüdischen Volk seien nicht antijüdisch gedacht, sondern "aus einer tiefen Verbundenheit mit dem Judentum heraus entstanden". Hintergrund seien die Auseinandersetzungen mit den Synagogen der Heimat, aus denen die Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu verstoßen worden wären.
Dennoch: Für den christlichen Glauben stehe nicht der politische Tod, sondern das neue Leben im Zentrum, wies Puschautz hin. Denn: "Auf der anderen Seite haben wir Jesus, der gegen alle Wahrscheinlichkeit glaubt und der für den Glauben in den Tod geht, im Vertrauen, dass das Gottesreich angebrochen ist und weiter in die Welt herein wirken wird."
Quelle: kathpress