
Frauen spielten bei Steffl-Wiederaufbau wichtige Rolle
Der fast einem Wunder gleichende Wiederaufbau des Wiener Stephansdom nach der Brandkatastrophe in den letzten Kriegstagen im April 1945 ist auch viel Frauenpower zu verdanken: Darauf hat die Kunst- und Architekturhistorikerin Anna Stuhlpfarrer in der Oster-Ausgabe des Pfarrblatts der Wiener Dompfarre hingewiesen. Stuhlpfarrer hatte vor drei Jahren gemeinsam mit der Zeithistorikerin Heidemarie Uhl für das Haus der Geschichte Österreich die nach wie vor zugängliche Webausstellung "Stephansdom und Pummerin. Aufstieg zweier Nationalikonen" kuratiert. So hatte etwa die Architektin Helene Buchwieser 1945 die Bauaufsicht über die Aufräumarbeiten des in Trümmern liegenden Domes. Und die "heute als ikonisch geltende Fotodokumentation des zerstörten Doms stammt von Lucca Chmel", so Stuhlpfarrer.
Die unter https://hdgoe.at/category/stephansdom abrufbare Web-Ausstellung widmet sich u.a. der Architektin Helene Buchwieser (1912-2008). Sie übernahm in den ersten Monaten nach dem Dombrand 1945 die verantwortungsvolle Leitung der Aufräumungsarbeiten auf der Großbaustelle. Sie fungierte in Stellvertretung von Dombaumeister Karl Holey, der aufgrund der Reisebeschränkungen zwischen den Besatzungszonen erst einige Monate später nach Wien zurückkehren konnte und in der Zwischenzeit die Wiederaufbauarbeiten am Salzburger Dom betreute. Die Architektin war die Tochter des auf Sakralbauten spezialisierten Bauunternehmers Bruno Buchwieser und kannte die für die Bauagenden des Doms Verantwortlichen seit vielen Jahren.
Nach der Rückkehr Holeys nach Wien übernahm dieser im November 1945 die Gesamtleitung des Wiederaufbaus und Helene Buchwieser dürfte eher unsanft ihrer Funktion enthoben worden sein, wie es in der Web-Ausstellung heißt. Buchwieser widmete sich später vorrangig dem Neu- und Wiederaufbau von Kirchen.
Ziselierung der neuen Pummerin
Eine Fotoserie aus dem Jahr 1951 dokumentiert in der Ausstellung die Arbeit der Ziseleurin Gertrude Stolz (1928-1985) an den Reliefs der neuen Pummerin in der oberösterreichischen Glockengießerei St. Florian. Stolz war Mitarbeiterin der 1917 von hohen Geistlichen gegründeten, bekannten Glockengießerei und übernahm die Ziselierung der neuen Pummerin. Die Glocke ist neben verschiedenen Inschriften mit der figürlichen Darstellung der Unbefleckten Empfängnis (nach dem Vorbild der alten Pummerin aus dem Jahr 1711), Szenen der Türkenbelagerung 1683 und des Dombrands von 1945 geschmückt.
Wiens einzige Spenglerin
Schon 1950 konnte in 70 Metern Höhe der neue Wetterhahn am Dach des Stephansdoms montiert werden. Die Schöpferin des kupfernen, über einen Meter großen "Riesenvogels" war Angela Stadtherr (1899-1983), Wiens damals einzige Bau- und Galanteriespenglerin. Nach ihrem Studium an der Kunstgewerbeschule hatte die junge Spenglermeisterin und Metallbildhauerin die elterliche Werkstatt in Wien-Simmering übernommen. Die Arbeit an dem im Auftrag von Dombaumeister Holey nach altem Vorbild wiederhergestellten Wetterhahn für den Stephansdom dauerte mehrere Wochen.
Die Montage des mehrere hundert Kilogramm schweren Wetterzeichens am Domdach am 30. August 1950 wurde von Pressefotografen und der "Wochenschau" begleitet. Das hohe Medieninteresse war laut Ausstellung vor allem der Rolle Stadtherrs als einziger Frau in einem sonst rein männerdominierten Beruf geschuldet.
Fotografische Dokumentation der Zerstörung
Schließlich wird in der Web-Ausstellung auch an die Fotografin Lucca Chmel (1911-1999) erinnert. Sie erhielt am Tag nach dem Brand von Dompfarrer Franz Gessl den Auftrag zur fotografischen Dokumentation der Zerstörung. Sie war vorbelastet durch ihre Tätigkeiten in der Zeit des Nationalsozialismus und daher wie andere Parteimitglieder auch als "Sühneleistung" zum Arbeitseinsatz für die Aufräumungsarbeiten verpflichtet worden.
Um gute Aufnahmen zu erhalten, bestieg sie, gesichert wie eine Bergsteigerin, die zerstörten Mauern. So entstanden die berühmten, aus extremer Perspektive aufgenommenen Fotos. Chmel konnte bereits in den Jahren der Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur den Grundstein ihrer Karriere legen. Beinahe fugenlos setzte sie ihre Berufslaufbahn in den Jahren der NS-Herrschaft und dann in der Zweiten Republik fort.
Quelle: Kathpress