
Steiermark: "Stolperstein" erinnert an NS-Kritiker Pfarrer Grahsl
Mit einem "Stolperstein" erinnert die oststeirische Gemeinde Gasen an den vor 80 Jahren von der SS verschleppten und anschließend ermordeten Pfarrer und NS-Kritiker Johann Grahsl (1887-1945). Grahsl wirkte rund 30 Jahre in Gasen und galt als wacher Beobachter und Kritiker der politischen Entwicklung seiner Zeit. Nach dem "Anschluss" 1938 wurde Grahsl mehrfach denunziert, kurzzeitig verhaftet und unter Druck gesetzt, wie es in einer Aussendung des "Vereins für Gedenkkultur" heißt. Im April 1945 - vor 80 Jahren - wurde Grahsl schließlich von NS-Schergen aus dem Pfarrhof verschleppt und ermordet. Seit 1959 erinnert eine Gedenktafel an der Pfarrkirche an den Pfarrer. Der "Stolperstein", der am Sonntag, 6. April, verlegt wurde, ergänzt nun dieses Gedenken.
Der quaderförmige Gedenkstein trägt auf seiner Messing-Oberseite die Inschrift: "Hier wohnte / arbeitete Pfarrer Johann Grahsl, Jg. 1887, im christlichen Widerstand. Gestapo-Haft Juli 1940. Von der SS verschleppt 5.4.1945 ermordet". Die Verlegung des Gedenksteins auf dem Kirchplatz der Gemeinde erfolgte unter großer Anteilnahme der Bevölkerung. Den Auftakt bildete ein Gedenkgottesdienst, den der Grazer Bischofsvikar Gerhard Hörting in Vertretung von Bischof Wilhelm Krautwaschl feierte. In seiner Predigt würdigte Hörting Grahsl als mutigen Menschen mit Zivilcourage: Das Lebenszeugnis des Pfarrers ermutige dazu, "uns mit Unrecht nicht abzufinden, sondern es zu benennen und aufzuzeigen", so Hörting.
Die Initiative zur Verlegung ging auf die Gasnerin und pensionierte Lehrerin Annemarie Seitinger zurück, deren Idee breite Unterstützung fand. Bei der Verlegung würdigten u.a. die Historiker Thomas Stoppacher und Marco Jandl vom Verein für Gedenkkultur die Initiative und das Engagement der Gemeinde. Der aus Gasen stammende Martin Pöllabauer, der das Leben und Wirken Grahsls recherchiert und rekonstruiert hat, bot bei der Verlegung Einblicke in seine Forschungen. Nach der feierlichen Verlegung des Stolpersteins legten viele Anwesende Blumen nieder und verharrten still im Gedenken. Den Abschluss bildete eine Agape, bei der persönliche Erinnerungen an den Pfarrer geteilt wurden.
Der Verein für Gedenkkultur widmet sich dem öffentlichen Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus. Zentrales Projekt ist die Umsetzung der Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig in Graz und der Steiermark. Mit dem Stein für Pfarrer Grahsl konnte bereits der 399. Stein in der Steiermark verlegt werden. Europaweit wurden mehr als 100.000 Gedenksteine in über 30 Ländern verlegt.
Quelle: kathpress